10. Was macht Anna?

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Als ich am darauffolgenden Montag in die Schule ging bemerkte ich zuerst die Menschenansammlung im Aufenthaltsraum unserer Stufe. Es war kurz vor der ersten Stunde und ich hatte noch genügend Zeit, deswegen beschloss ich nachzusehen, was los war. Doch davor musste ich noch schnell an mein Schließfach. Schnell drehte ich den Code in die kleinen Räder des Zahlenschlosses, dann öffnete ich die Türe und holte meine Geschichtssachen aus dem Fach. Ich öffnete meine Tasche, packte die Bücher ein und lief zu der Menschenansammlung, die inzwischen deutlich größer geworden war. 

In der Mitte stand Anna, sichtlich genervt, umgeben von vielen Schülern aus unserer Stufe. Einige tippten ihr auf die Schulter und zupften sie am Ärmel. Immer wieder drehte sich Anna in der Mitte hektisch und verunsichert um und schüttelte sich. Die meisten hielten ein Handy in der Hand und streckten es Anna hin. Sie rollte mit den Augen und schaute weg. Dann schüttelte sie erneut den Kopf. Ich ging ein paar Schritte näher an die Versammlung heran, dann hörte ich eine Schülerin sagen: „Anna, bist du das auf dem Bild?" Sie schien ziemlich schockiert. Viele weitere lachten und Anna blickte die Schülerin traurig und frustriert zugleich an. Auf einmal klingelte es und die Menschengruppe löste sich langsam wieder auf. Schnell rannte ich zu Anna, um sie zu fragen was los war. Als sie mich sah, packte schnell ihre Tasche und wollte zum Unterricht gehen, ich lief zügig auf sie zu und stellte mich neben sie. „Anna, was ist los?", fragte ich besorgt. „Ey, lass mich einfach in Ruhe!", rief sie. Ich holte Luft, um etwas zu erwidern, doch sie unterbrach mich schnell. „Lass mich einfach, es ist nichts los!", schrie sie. „Ähm...", setzte ich an. „Nein!", rief sie. „Aber was hatten die den gerade alle? Warum standen die um..." „Weil sie eben um mich herumstanden", unterbrach sie mich. „Nix was dich beschäftigen muss", sagte sie barsch. Sie blickte mich kurz genervt an, schüttelte den Kopf, rollte mit den Augen, dann verließ sie den Raum und ich stand alleine da. Alleine im Raum, alleine mit meinen Gefühlen und ich glaubte, wie schon so oft in den letzten Wochen, dass mich niemand wirklich mochte. Sekunden später fühlte ich mich schuldig, doch ich konnte gleichzeitig nicht genau beschreiben warum. Warum hatte Anna so reagiert? Ich hatte noch nichts getan. Oder doch? Langsam setzte ich mich in Bewegung, in Richtung Unterricht.


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