12. Hundeherz

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Ich schloss die Wohnungstür auf und ein flauschiges, schneeweißes Wollknäuel schoss mir entgegen. Es war Zeit, mit dem Hund rauszugehen. Skylar, eine große, kuschelige Schäferhündin, saß wartend, und mich mit ihren großen, schwarzen Augen erwartungsvoll anblickend auf ihrem Platz im Wohnzimmer und wedelte mit dem Schwanz. Langsam durchströmte mich das Gefühl der Freude. Ich spürte so sehr, dass wie es mir gefehlt hatte, mit Skylar durch den Regen zu rennen, so, wie wir es schon oft getan hatten. Wir beide liebten den Regen, er wusch die Sorgen aus Skylars Fell und von meiner Haut. Ich schnappte mir die Leine, klopfte zweimal kurz auf meinen Oberschenkel, Skylar richtete sich auf und folgte mir während sie ununterbrochen mit dem Schwanz wedelte. Als wir das Treppenhaus durchquert hatten, ließ ich sofort von der Leine los, die ich Skylar im Treppenhaus angelegt hatte, aber auch nur wegen der nervigen Nachbarn. Sofort sprang die Hündin los in den Regen, schüttelte ihr weißes Fell aus und begann wild umherzuspringen. Ich lachte und folgte ihr. Es gab nichts, mit dem ich den Kopf so frei kriegen konnte, wie wenn ich mit dem Hund durch den Regen rennen konnte. Wir rannten einige Straßen entlang, bis wir etwas entfernt von der Innenstadt, ein kleines Stück Wald entdeckten. Die Hündin beschnupperte es erst vorsichtig, dann erkannte sie, dass davon keine Gefahr ausging und sprang fröhlich auf die Grünflächen. Es tat so gut, in der Natur zu sein. Ich nahm einen Stock, warf ihn in die Ferne, Skylar sprang wie verrückt los und brachte ihn zurück. Sie legte ihn vor mir auf dem Boden und ich umarmte sie. Einige Sekunden verweilten wir in der Umarmung.

Ich verstand nicht wieso, aber plötzlich war alles anders. 

Ich konnte nicht sagen, wieso, weshalb oder wie. Aber ich konnte sagen, dass alles anders war. Es fühlte sich nicht richtig an, irgendwie unrealistisch und verzerrt. Ich ließ den Hund los. Ich verstand nicht was mit mir passierte. Skylar blickte mich traurig an, sie streifte mit ihrem weichen Fell an meinem Bein entlang, doch ich spürte nicht wirklich, dass das Hundefell mich berührt. Ohne zu zögern, nahm ich Skylar an die Leine, sie winselte und blickte mich bettelnd an, doch ich ließ mich nicht beirren und bedeutete ihr, den Heimweg anzutreten. Der Regen schien nun nicht mehr besänftigend und beruhigend, er schien wie ein prasselndes, bösartiges Wesen, dass in kleinen Tropfen jegliche Freude aus meinem Herzen herausspülte. Skylar hinter mir herziehend, klatschnass und schrecklich unmotiviert machte ich mich auf dem Weg nach Hause.


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