Plötzlich Erwachsen

Das Stopp-Schild

„Weißt du, Finley", sagte Dr. Johnson am nächsten Tag, „ich glaube, dass deine Eltern so gehandelt haben, weil sie mit der aktuellen Situation sehr stark überfordert sind."
Ich schwieg und hörte weiter zu.
„Das bedeutet natürlich nicht, dass es richtig ist, wie deine Eltern gehandelt haben.
„Ganz im Gegenteil", fuhr er fort und richtete sich auf.
„Was deine Eltern gemacht haben, war nicht so, wie Eltern reagieren sollten, wenn sie davon erfahren, was ihr Sohn in den letzten Monaten durchgemacht hat."
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Dr. Johnson musterte mich für einige Sekunden, dann legte er sein Klemmbrett neben sich auf den Tisch.
„Finley, wir alle müssen irgendwann lernen, dass unser Körper keine Maschine ist. Oft ist es schrecklich einfach, sich eine Pause zu nehmen, wenn wir körperlich krank sind. Wenn wir erkältet sind, Fieber haben, oder uns den Magen verdorben haben, dann gehen wir doch nicht zur Schule oder zur Arbeit, oder?"
Ich nickte.
„Ja, Sie haben Recht", sagte ich.
„Und was ist, wenn unser Herz gebrochen ist? Was ist, wenn wir so sehr gestresst sind, dass unser Körper uns die ersten Warnsignale sendet?", fuhr er fort.
„Dann ignorieren wir diese Zeichen oft", antwortete ich.
„Richtig!", rief Dr. Johnson und klatschte in die Hände. „Und genau darin besteht das Problem."
„Wenn also dein Körper dir das Stopp-Schild zeigt, dann ignoriere es bitte nicht. Denn dann passiert so etwas, wie dir passiert ist.", sagte er.
Ich schwieg und schloss kurz die Augen.
„Ja.", sagte ich schließlich.
„Ich glaube, ich werde mir nun eine ganz lange, große Pause nehmen", sagte ich.
Dr. Johnson nickte.
„Und dann wirst du dich deiner Angst stellen", sagte er.
Ich nickte.
„Ja", sagte ich.
„Dann werde ich mich meiner Angst stellen."