An einem Samstagabend, einige Wochen, nachdem ich von meinen Großeltern zurückgekehrt war, hatte ich mich mit Mike verabredet. Wir hatten beschlossen rauszugehen, an die frische Luft. Es war ziemlich frisch, doch Mike trug trotz der Temperaturen die nicht gerade angenehm waren, wie so oft seine graue Jogginghose, seine Basketballcap und seinen gelben Pulli. Wir saßen auf einem Einkaufswagen, unter einem kleinen Vordach vor dem Edeka in der Innenstadt. Die Sonne ging gerade unter und leichter Sommerregen prasselte auf die Straße vor uns. Lange schwiegen wir und hörten nur dem Regen zu, der sanft auf die Straße prasselte. „Wenn ich so zurückdenke, dann ist es echt krass, wie schnell alles ging, oder?", sagte ich zu Mike, während ich an den Horizont blickte und den Sonnenuntergang betrachtete. Mike nickte. „Ja, das stimmt", sagte er. Er ließ sich langsam nach hinten fallen, in den Einkaufswagen und lehnte sich an das Metallgitter, dann drehte er sich zu mir. „Am Anfang vom Schuljahr, in der ersten Schulwoche, am ersten Schultag – weißt du das noch, Finley?", sagte er . Ich nickte. „Ja, das weiß ich noch. Was meinst du genau?", sagte ich. „Da wusste ich überhaupt nicht was ich von dir halten sollte. Wirklich überhaupt nicht.", sagte Mike. Für einen Moment hörte man nur das Prasseln des Regens. „Aber heute bin ich unvorstellbar froh, dass ich trotzdem mit dir in Kontakt geblieben bin. Und ich bin froh, dass ich mir die Zeit genommen habe, dich richtig kennen zu lernen. Denn sonst hätte ich einen unersetzbaren und einzigartigen Menschen verpasst. Und das hätte ich bereut, das könnte ich schwören.", sagte er. Ich lächelte. Mikes Worte sickerten tief durch mich durch und lösten in mir ein Gefühl aus, dass ich gar nicht beschreiben kann. „Danke Mike", sagte ich. Er streckte mir die Hand hin und ich schlug ein. Dann ließ auch ich mich wie Mike es bereits getan hatte in den Innenraum des Einkaufswagens fallen und blickte an den Horizont, wo die Sonne unterging. „Finley?", sagte Mike schließlich. „Ja?" Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung. „Hast du Angst wenn nächste Woche das nächste Schuljahr anfängt?", fragte er. Ich überlegte sehr lange, bevor ich ihm antwortete. „Ja.", sagte ich schließlich und nickte. „Ich hab ganz viel Angst. Aber ich habe genau so viel Mut, und ich habe verstanden, wie das System Schule funktioniert und wie sehr es uns kaputt macht. Deswegen lasse ich es nicht mehr zu, dass die Schule mich an einen Punkt bringt, an dem ich nicht mehr kann. Davor werde ich darüber sprechen und mir Hilfe suchen.", sagte ich. Mike nickte. „Sehr gut, Finley. Das ist ne super Einstellung.", sagte er und lächelte. Dann stand er auf, schloss mich in seine Arme und drückte mich ganz fest. Und während wir uns umarmten, sah ich am Horizont einen riesigen, endlos langen Regenbogen.
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Plötzlich Erwachsen
Teen FictionFreiburg, 2023. Der 16-jährige Erik kommt zum neuen Schuljahr in die Oberstufe, in der er sich 2 Jahre lang auf sein Abitur vorbereitet. Er schöpft neue Hoffnung, endlich neue Freunde zu finden. Auf der Suche nach Anschluss in seiner Stufe nimmt er...