14. Basketball

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Es war Samstagabend, ich saß mit Mike auf dem Boden unter einer Straßenlaterne, an der Straßenbahnhaltestelle vor der Sporthalle, in der wir auch in der Schule unsere Sportstunden hatten. Der Außenplatz der Halle, auf dem sich ein Sportfeld mit Fußballtoren und Basketballkörben befand, war auch am Wochenende geöffnet. Mike hatte einen Basketball bei sich, den er zwischen seinen ausgestreckten Beinen hin und her rollte. Wir hatten gemeinsam Basketball gespielt, Mikes Lieblingssport, nun warteten wir auf die nächste Straßenbahn. Doch wegen einer Demonstration in der Innenstadt ließ diese noch auf sich warten. Mike hatte den grauen Kapuzenpullover über den Kopf gezogen, im Licht der Straßenlaterne sahen wir beide wie zwei riesige, gruselige Gestalten aus, als hätten wir unendlich lange Beine und könnten aufgrund unserer Größe bis auf die andere Seite der Straße blicken. „Mike?", sagte  ich auf einmal. „Ja?" Er hob seinen Kopf und unterbrach seine Beschäftigung, den Basketball zwischen seinen Beinen hin und her zu rollen. „Kennst du das Gefühl, nicht ganz bei dir selbst zu sein?", fragte ich. Mike überlegte für eine gefühlte Ewigkeit. „Nein", sagte er, und schüttelte den Kopf. „Eigentlich nicht. Wieso?" „Weil ich dieses Gefühl in letzter Zeit öfters habe.", sagte ich und ließ meinen Blick über die Straße vor uns schweifen. Mike nickte. Sein Blick verschwand in der Ferne, mein Blick folgte ihm. Drüben, auf der anderen Straßenseite, auf dem Gehweg, war ein Mann, eine Frau und ein kleines Kind, dass freudig umhersprang. Es schien so glücklich und lebensfroh, dass ich ein wenig lächeln musste. Der Mann und die Frau hatten ihre Hände ineinander verschränkt, sie schlenderten die Straße entlang. Doch innerlich, war ich mir unsicher. Unsicher, über meine Identität, ob ich ein Junge war, oder ein Mädchen. Dabei schien es doch so offensichtlich. Wenn ich mich im Spiegel betrachtete, war ich eindeutig ein Junge, wenn ich in meinen Ausweis schaute, stand dort eindeutig, dass ich ein Junge bin, wenn ich in der Schule auf die Toilette ging, benutzte ich die Jungs-Toilette, genauso in der Umkleidekabine, vor der Sportstunde. Doch so offensichtlich es auch schien, dass ich ein Junge war, gab es doch etwas, dass mir das Gefühl gab, dass dies nicht zu 100% stimmte. Und dieses Gefühl machte mir zu schaffen. Mit wem sollte ich darüber sprechen? Mit Mike? Mit ihm, der das Gefühl gar nicht kannte? Ich atmete tief durch und lehnte mich an die Säule der Straßenlaterne, die sich hinter meinem Rücken befand. Auf einmal sah ich, wie Mike in seine Bauchtasche griff, ein Feuerzeug herausholte, eine Zigarette aus der Tasche zog und sie zwischen Zeigefinger und Daumen seiner großen Hand hin und herdrehte. Er schloss den Reisverschluss der Tasche, nahm das Feuerzeug und zündete die Zigarette an. Mike nahm einen Zug, dann noch einen, dann bemerkte er meinen irritierten Blick. Er grinste breit. "Magst du auch mal?", fragte er und hielt mir die Zigarette hin. "Ist nichts illegales drin", fügte er hinzu, als er sah, wie ich mein Gesicht verzog. "Ne, gerade nicht, danke", sagte ich schnell. "Okay.", sagte Mike, nahm die Zigarette wieder zu sich und lies seinen Blick wieder in dier Ferne schweifen. "Stört es dich, wenn ich rauche, Erik?", fragte er. "Nene, überhaupt nicht.", sagte ich schnell. "Mach das ruhig, ich rauche nur nicht.", fügte ich hinzu. "Okay.", meinte Mike und zog erneut an seiner Zigarette. Wir schwiegen wieder. Eine Straßenbahn fuhr vorbei, doch sie fuhr in die Falsche Richtung. Mike hatte fertiggeraucht und trat seine Zigarette nun auf dem Boden aus. „Wie zeigt sich denn das Gefühl, Erik?", hörte ich ihn auf einmal sagen. Für ein paar Sekunden schwieg ich. Vielleicht sollte ich doch mit ihm darüber sprechen, dachte ich. „Ich fühle mich dann total unwohl, als würde mein Körper nicht zu mir gehören, oder ich nicht zu meinem Körper...", sagte ich schließlich. „Okay, verstehe.", sagte Mike und blickte der Familie, die nun fast außerhalb unserer Sichtweise war, nach. „Wie lange ist das schon so, Erik?", fragte er weiter. „Noch nicht so lange.", entgegnete ich. In diesem Moment hörte ich, wie am anderen Ende der Straße die Straßenbahn einfuhr. „Mike, wir müssen los.", meinte ich, nahm meine Tasche und stand auf. Er nickte, streckte sich kurz und stand dann ebenfalls auf. „Okay", meinte er. „Gehen wir."


... ich hab hier noch ein Kapitel eingefügt... :)

Plötzlich ErwachsenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt