Mach dir keine Sorgen

6 0 0
                                    

Am selben Nachmittag war ich noch immer erschöpft von dem, was mir heute Morgen passiert war. Ich lag in meinem Bett und hatte die Decke bis über die Nasenspitze gezogen. In den letzten Wochen war so viel passiert, dass ich die vielen Ereignisse noch gar nicht begreifen konnte. Doch vor allem beschäftigte mich eine Sache: die Situation auf der Party in Mikes Keller. Die Party war nun fast eine ganze Woche her, doch trotzdem ging mir die Sache nicht mehr aus dem Kopf. Wer waren die drei Typen? Und warum hatten sie Geld von Mike gefordert? Ich wusste es nicht und spürte, dass ich das Unwissen nicht länger ertragen konnte. Langsam schob ich die große Decke von meinem Körper, richtete ich mich auf und blickte mich um. Mein Handy lag neben mir auf der Matratze. Ich griff danach und drückte auf das grüne Telefon-Symbol, dass sich unten in der Ecke befand. Dann suchte ich die Nummer von Mike heraus und drückte auf den grünen Hörer.
Es piepte für einige Sekunden, dann meldete sich Mike.
„Yoo, Erik! Was gibt's?"
„Mike, was ist los mit dir? Was wollten die Typen letzte Woche auf der Party?", fragte ich aufgeregt.
Mike schwieg kurz.
„Mach dir darum bitte keine Sorgen, ja?", sagte er. „Es ist nicht..."
„Doch!", unterbrach ich ihn. „Ich mache mir Sorgen. Und zwar richtig viele Sorgen", rief ich.
Mike schwieg erneut.
„Okay.", sagte er schließlich. „Ich erkläre es dir."
„Die Typen, die unsere Party gestürmt hatten wohnen bei mir im Haus, zwei Etagen über unserer Wohnung. Zwei von den drei Jungs kenne ich nicht, der etwas kleinere ist der große Bruder von Isabel aus meiner Stufe", erzählte Mike.
„Erzähl weiter!", bat ich.
„Ich hatte noch Schulden bei den Jungs, wegen ein paar Packungen Kippen und ein paar Kisten Bier und Cola. Weil ich gerade broke bin, hab ich nicht gezahlt. Eigentlich sollte ich schon seit ein paar Wochen gezahlt haben", fuhr er fort.
Ich war sprachlos. Nichts davon hatte ich mitbekommen und erwartet.
„Es tut mir leid, Mike", flüsterte ich.
„Was tut dir leid?", fragte Mike und ich hörte an seiner Stimme, dass er offensichtlich nicht verstand, warum ich mir Vorwürfe machte.
„Es tut mir leid, dass ich dir an dem Abend nicht geholfen habe.", antwortete ich.
Irgendwie, ohne es zu sehen spürte ich, wie Mike am anderen Ende der Leitung den Kopf schüttelte.
„Nein", sagte er. „Ich weiß doch, dass so etwas für dich schwierig ist. Gerade wenn du die Leute nicht alle kennst."
Ich schwieg und schämte ich mich immer noch.
„Du kannst doch nichts dafür, Erik. Die Jungs haben einfach übertrieben und letztendlich ist mir bis auf einen kleinen Schrecken und ne Beule am Kopf nichts passiert.", sagte Mike. „Aber die Beule ist schon wieder fast weg.", fügte er hinzu.
In diesem Moment hätte ich am liebsten die „Umarmen-Taste" auf meinem Handy hundertmal gedrückt. Doch leider war da nur ein roter Knopf, mit dem man das Gespräch beenden konnte.
„Haben die drei dich mittlerweile in Ruhe gelassen?", fragte ich.
„Ja", sagte Mike. Er klang überzeugt und sicher.
„Okay, das ist gut", antwortete ich und lehnte mich gegen die Wand hinter meinem Bett.
„Du Erik, ich muss langsam auflegen, ich hab noch für die Schule zu tun, ja?", sagte Mike plötzlich.
„Okay", sagte ich. „Bis morgen."
„Bis morgen", sagte Mike. „Und mach dir keine Sorgen. Es ist alles gut."
Dann legte er auf.


Plötzlich ErwachsenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt