Kapitel 25

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Theo

„Mein Knie war kaputt", beharrte ich. „Deshalb tut es noch immer weh. So etwas dauert. Eine weitere Untersuchung würde nichts anderes ergeben, deshalb ich sie überflüssig."

Maja zuckte mit den Schultern. Gleichgültig. „Okay. Deine Entscheidung."

„So einfach?", fragte ich misstrauisch. „Gibst du wirklich so schnell auf oder ist das irgendeine psychologische Taktik?"

„Nein, keine Taktik. Ich bin einfach nur überzeugt davon, dass du alt genug bist, um das mit dir selbst auszumachen. Wenn du dein Knie ruinieren möchtest, mach das."

Okay, also doch Taktik. Aber wenn diese Taktik beinhaltete, dass sie mich ab jetzt mit der Sache in Ruhe ließ, sollte mir das gerade recht sein. Dann hatte sie bestimmt auch nichts dagegen, wenn wir das Thema direkt wechselten.

„Wir sind also heute ehrlich zueinander?"

Sofort zog sie die Augenbrauen zusammen. Vermutlich ahnte sie bereits, worauf ich hinaus wollte, doch anstatt mich direkt zu stoppen, nickte sie einmal kurz.

„Hast du dich am Freitagabend noch mit Lucas getroffen?"

Nun schüttelte sie vehement den Kopf. „Das geht dich echt nichts an, Theo."

„Sind wir Freunde oder sind wir keine Freunde?"

„Wir sind... keine Ahnung, was wir sind", antwortete sie. „Sonntagabend war ich gerne mit dir befreundet, aber wenn Freundschaft für dich bedeutet, dass du dich ständig in fremde Angelegenheiten einmischst, möchte ich das vielleicht doch lieber nicht."

Zu hören, dass auch sie am Sonntag einen schönen Abend gehabt hatte, machte mich überraschend glücklich. Also war ich nicht der einzige gewesen, der sich in alte Zeiten zurückversetzt gefühlt hatte. Trotzdem konnte ich die Sache nicht ruhen lassen.

„Freundschaft bedeutet für mich, dass man für die andere Person da ist. Seit diesem Anruf mache ich mir Sorgen um dich. Und das soll schon was heißen, weil mir eigentlich aktuell alles um mich herum egal ist. Ich weiß nicht wer dieser Typ ist und was er von dir will, aber ich weiß, dass dich etwas belastet. Du kannst mit mir reden, Maja. Es ist nicht so, als hätte ich sonst etwas zutun."

„Also dienen meine Probleme dir als Zeitvertreib?"

„Heißt das, du gibst zu, dass es ein Problem gibt?"

„Theo-"

„Maja. Ich meine das ernst. Du bist aktuell eine riesige Stütze für mich, auch wenn ich das nicht immer so zeigen kann. Lass mich dir helfen."

Ich hatte mit vielem gerechnet. Damit, dass sie sich weiter verschließen oder weiter abstreiten würde, dass sie etwas belastete. Ich hatte damit gerechnet, dass sie mich vielleicht auslachen würde. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie das Gesicht in den Händen vergraben und gar nichts sagen würde.

„Maja?", fragte ich vorsichtig. Ich kannte Maja gut genug, um zu wissen, dass sie nicht nah am Wasser gebaut war. Seit dem Tag, an dem ihr Mutter gegangen war, hatte ich sie höchstens noch ein einziges Mal weinen sehen. Als sie ihre Hände schließlich wieder in ihren Schoß sinken ließ, stellte ich erleichtert fest, dass ihre Augen trocken waren. Und doch war da etwas in ihrem Blick, dass beinahe schlimmer war als Tränen. Sie wirkte verzweifelt. Gebrochen. Der Ausdruck in ihren Augen erinnerte mich entfernt an das, was ich selber aktuell fühlte.

„Hat er dir wehgetan? Hat er dich gegen deinen Willen angefasst? Hat er-"

„Von wem sprichst du?", unterbrach Maja meinen Fragenschwall.

FALLEN FROM GRACEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt