Maja
Die Blicke meiner Freunde, als ich ein paar Stunden später Seite an Seite mit Theo in die Bar spazierte, waren unbeschreiblich. Nol sah aus, als hätte er gerade den Weihnachtsmann entdeckt, Sienna standen zehntausend Fragen ins Gesicht geschrieben und Josies Miene wechselte zwischen Neugier und Begeisterung.
„Ist er der Grund, weshalb du uns eigentlich versetzen wolltest?", fragte Nol pikiert und verschränkte die Arme vor der Brust, als wir uns zu den anderen an den Tisch setzten. Bevor ich Nol bitten konnte, ein bisschen netter zu sein, ergriff Theo das Wort und beantwortete Nols Frage mit einem knappen: „Jap." Bildete ich mir das ein, oder klang er ein wenig stolz?
„Ich bin hier, oder nicht?", erinnerte ich Nol, um ihn etwas zu besänftigen. Der zog kurz eine Grimasse, bevor er wieder in die Unterhaltung einstieg, die er anscheinend vor unserer Ankunft mit Josie und Sienna geführt hatte. Heute beteiligte Theo sich deutlich aktiver am Gespräch, verglichen mit dem letzten Mal, als ich ihn mit zu meinen Freunden genommen hatte. Trotz seiner Panikattacke schien sich sein allgemeiner psychischer Zustand wirklich verbessert zu haben, er wirkte jetzt schon seit einigen Tagen viel ausgeglichener und nicht mehr ganz so negativ.
„Ich muss auf's Klo", verkündete Josie mit einem Mal. „Maja, kommst du mit?"
Etwas irritiert hob ich die Augenbrauen. „Ich muss gerade nicht auf's Klo..."
„Doch, musst du", widersprach Josie, griff nach meinem Arm und zog mich nicht gerade sanft von den Bank. Zu Perplex, um in irgendeiner Art und Weise zu reagieren, ließ ich mich von ihr in den Flur zu den Toiletten ziehen. Erst dort, außerhalb des Blickfelds der anderen, konnte ich ihr meinen Arm entziehen.
„Was sollte das denn?", fragte ich sie, halb wütend, halb verwirrt, weil ich derartige Aktionen von meiner besten Freundin überhaupt nicht kannte. „Wieso sollte ich mitkommen?" Meine Verwirrung stieg weiter an, als Josie keinerlei Anstalten machte, die Damentoilette zu betreten. Stattdessen sah sie mich abwartend an. Noch immer hatte ich keine Ahnung, was hier gerade passierte, weshalb sie kurz darauf die Augen verdrehte und mir damit das Gefühl gab, schwer von Begriff zu sein.
„Was läuft da zwischen Theo und dir? Habt ihr was miteinander?"
„Was läuft- WAS? Deshalb hast du mich hierher gezerrt? Ist das dein Ernst?"
„Natürlich ist das mein Ernst. Mein letzter Stand ist, dass er dich gebeten hat, wieder mit ihm befreundet zu sein, seitdem hast du ihn höchstens zweimal im Nebensatz erwähnt. Und jetzt taucht ihr hier gemeinsam auf und er schaut dich an, als ob..." Josie verstummte und zuckte mit den Schultern.
„Als ob was?", fragte ich sofort, während mein dummes Herz laut pochte. Hoffnungsvoll. Lächerlich. „Wie schaut er mich an?"
Josie betrachtete mich beinahe mitleidsvoll und seufzte. „Als seist du der verdammte Mittelpunkt seines Universums oder so. Keine Ahnung."
Ich konnte nichts erwidern. Mein Mund fühlte sich staubtrocken an, während mir das Herz bis zum Hals schlug. Also hatte ich mir nicht bloß eingebildet, dass Theo mich seit unserer Ankunft hier oft ansah. Doch immer wenn ich mich zu ihm umdrehte, hatte er den Blick beinahe sofort abgewandt.
„Komm schon, Maja!", flehte Josie und rüttelte sacht an meinen Schultern. „Ich bin deine beste Freundin und habe anscheinend keine Ahnung, was gerade in deinem Leben passiert. Was ist das zwischen euch?"
Mit einem leisen Stöhnen lehnte ich mich gegen die Wand. „Ich weiß es doch selber nicht. Wir sind wieder Freunde, aber irgendwie... auch mehr."
„Habt ihr euch geküsst?" Mit einem Kopfschütteln machte ich die Hoffnung in ihrer Stimme direkt wieder zunichte. „Nein, nichts dergleichen. Ich habe einmal bei ihm übernachtet und er einmal bei mir. Aber da ist nichts passiert. Wir haben nur... gekuschelt." Sehr intensiv gekuschelt und viel hätte zu einem Kuss nicht gefehlt, doch ins Detail wollte ich nicht gehen, da war eine Angelegenheit zwischen Theo und mir. Josie nahm die Hände von meinen Schultern und sah mich besorgt an.

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FALLEN FROM GRACE
RomanceEr hatte einen Plan. Einen Traum. Eine Zukunft. Jetzt steht er vor den Trümmern - und ihr. Theo war immer der, der wusste, wohin er wollte: Eishockey, Leistung, Erfolg. Für alles andere - sogar für Maja, seine einst beste Freundin - blieb irgendwann...