Kapitel 16

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Theo

„Anhimmeln?", fragte ich und glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen. „Ich hab doch kein Problem damit, nicht angehimmelt zu werden. Das war mir von Anfang an völlig egal, mir geht und ging es immer nur um den Sport."

„Du genießt es also nicht, dass dir die Frauen zu Füßen liegen und du wenn du wolltest jede haben könntest?" Maja blickte mich herausfordernd an. Ich wollte etwas erwidern, doch anstatt mich zu Wort kommen zu lassen, fügte sie hinzu: „Und jetzt behaupte nicht, dass sie das nicht tun. Es war schon damals in der Schule so und an der Uni wird das mit Sicherheit nicht zurück gegangen sein."

Ich schüttelte den Kopf. „Ist es nicht. Ich bestreite auch nicht, dass es ganz nett ist, so viel Aufmerksamkeit zu bekommen, aber ich hoffe trotzdem, dass diese Aufmerksamkeit vor allem an meinen sportlichen Leistungen liegt. Es ist mir egal, ob Männer oder Frauen mir zujubeln, ich möchte einfach nur spielen und den Zuschauern das bieten, was sie sehen wollen: guten Sport."

Im Prinzip war es völlig egal, was ich sagte. Maja würde meine Position und meine Sichtweise niemals verstehen, weil sie meine Leidenschaft nicht teilte. Anscheinend hatte sie sich schon vor einiger Zeit in den Kopf gesetzt, dass ich ein selbstverliebter Frauenheld war und dass dies der Grund für das Ende unserer Freundschaft war, obwohl die Wahrheit ganz anders aussah.

„Du hast aber nicht aufgehört Zeit mit mir zu verbringen, weil du durchgehend Eishockey gespielt hast, sondern weil du lieber mit anderen Menschen zusammen warst. Erzähl mir nicht, dass du es nicht genossen hast, wie Jessica und die anderen regelrecht an deinen Lippen hingen."

Fassungslos starrte ich Maja an. Worum ging es hier eigentlich? Wie waren wir innerhalb weniger Minuten von dem fragwürdigen Anruf, auf unsere frühere Freundschaft und schließlich auf Jessica zusprechen gekommen? Eigentlich gab es nur eine Erklärung für Majas Verhalten, für die Wut, die anscheinend noch immer in ihr brodelte. Aber das konnte nicht sein.

„Jessica hat nichts damit zutun, dass wir keine Freunde mehr sind", stellte ich klar. Und weil ich es einfach ausschließen musste, fragte ich: „Warst du damals verliebt in mich? Ist das das eigentliche Problem?"

Maja warf den Kopf in den Nacken und lachte. Reizend, dass sie die Vorstellung dermaßen amüsierte. Aber irgendwie auch beruhigend.

„In dich verliebt? Ich?" Lachend schüttelte sie den Kopf. „Das hättest du wohl gerne."

Nein, hätte ich nicht. Oder? ... Nein.

Maja war jahrelang die beste Freundin gewesen, die ich mir hätte vorstellen können. Doch mehr als das hatte ich nie gewollt, ich hatte es nicht einmal in Betracht gezogen, zu absurd war der Gedanke. Nun zu erfahren, dass es ihr anders ergangen war, hätte alles durcheinander gebracht, weshalb ich froh über ihre Reaktion war.

Obwohl mir diese Unterhaltung nach wie vor lieber war, als mit meiner Mutter über meine Gefühle zu sprechen, war ich es auch irgendwie leid, mit Maja über die Vergangenheit zu diskutieren. Was damals geschehen war, ließ sich nun ohnehin nicht mehr ändern oder gar rückgängig machen.

„Reicht es nicht, dass wir keine Freunde mehr sind?", fragte ich resigniert. „Müssen wir uns jetzt wirklich Jahre später darüber streiten, wer Schuld daran ist?"

Majas Miene wurde wieder ernst, ich meinte sogar so etwas wie Trauer in ihren Augen zu lesen, doch vielleicht täuschte ich mich auch. „Nein, müssen wir nicht", stimmte sie mir zu. „Im Prinzip waren wir einfach beide jung, egoistisch und uneinsichtig. Was passiert ist, ist passiert."

Damit sprach sie mir aus der Seele und doch machte mich ihre Aussage stutzig. „Wenn du die Zeit zurückdrehen und die Dinge anders machen könntest, würdest du es tun? Würdest du versuchen erwachsener zu handeln, weniger egoistisch und dafür einsichtiger zu sein?"

FALLEN FROM GRACEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt