Theo
Meine Eltern hielten sich dankenswerterweise mit ihren Kommentaren zu der Tatsache, dass Maja bei mir übernachtet hatte, zurück, sodass unser Frühstück ohne unangenehme Momente vonstatten ging. Dem Gesichtsausdruck meiner Mutter nach zu urteilen, war sie einfach nur froh, dass ich mit am Tisch saß, lächelte und niemanden wütend anfuhr.
Nach dem Frühstück zogen Maja und ich uns wieder in mein Zimmer zurück. Aufgrund der kurzen Nacht, die wir hinter uns hatten, waren wir beide ziemlich müde und fühlten uns nicht imstande, das eigentlich gute Wetter angemessen zu nutzen. Es dauerte nicht lange, bis wir beide wieder einschliefen. Als ich am Nachmittag aufwachte, fühlte ich mich noch geräderter als am Morgen. Tagsüber zu schlafen hatte mir noch nie gut getan und ich beneidete die Menschen, denen ein Mittagsschlaf tatsächlich zu mehr Energie verhalf. Ohne den Ton einzuschalten, schaute ich irgendeine Naturdokumentation und sah Elefanten dabei zu, wie sie durch die afrikanische Savanne zogen, während Maja neben mir weiter schlief.
Faule Sonntage hatten wir das hier früher genannt. Wir hatten ungesundes Zeug gegessen, entweder mein oder Majas Zimmer so gut wie gar nicht verlassen, und den ganzen Tag Filme geschaut oder irgendwelche Spiele gespielt. Aber Maja hatte ihren Kopf nie auf meinen Schoß gelegt und ich hatte ihr nie in sanften Bewegungen durch's Haar gestrichen. Das war neu. Und es gefiel mir viel zu gut.
„Jetzt ist mein Schlafrhythmus komplett im Eimer", murmelte Maja plötzlich und gab mir damit beinahe einen Herzinfarkt. Ich war mit den Augen dermaßen auf die Elefanten fokussiert gewesen und dabei gedanklich total abgedriftet, sodass ich überhaupt nicht mitbekommen hatte, dass sie aufgewacht war.
„Musst du mich so erschrecken?", fragte ich sie und legte mir eine Hand auf mein wild pochendes Herz. Sie richtete sich auf, die Haare total verwuschelt - was wohl auch mir zu verdanken war - und schenkte mir ein entschuldigendes Lächeln. „Sorry, nächstes Mal kündige ich mein Aufwachen anders an", versprach sie.
„Nächstes Mal...", wiederholte ich ihre Worte. Der Klang ähnelte dem Gefühl, das man hatte, wenn man einen Song zum ersten Mal hörte und sofort wusste, dass es ein neuer Lieblingssong werden würde.
Majas Blick wanderte zu meiner Hand, die noch immer auf meiner Brust lag. „Schlägt es noch?", fragte sie belustigt, doch in ihren Augen erkannte ich auch einen Hauch von Sorge.
„Noch", entgegnete ich und versuchte, meine Stimme möglichst leidend klingen zu lassen. „Falls es aussetzt, müsstest du bitte dein Können in Mund-zu-Mund-Beatmung unter Beweis stellen." Maja knuffte mir gegen die Schulter. „Darüber macht man keine Witze", sagte sie, setzte sich jedoch gleichzeitig rittlings auf meinen Schoß, weshalb es mir schwer fiel, ein schlechtes Gewissen zu haben. Meine Gedanken wanderte sofort weg von unserer Unterhaltung zu ganz anderen Dingen. Ein bisschen komisch fühlte es sich noch immer an, Maja auf diese Weise nahe zu kommen. Komisch, aber schön. So verdammt schön.
Ich versuchte mich zu konzentrieren, was in dieser Position wirklich unfassbar schwer war. „Du hast mich gefragt, ob mein Herz noch schlägt, obwohl die Antwort ziemlich offensichtlich war", erinnerte ich sie. „Also hast genau genommen du angefangen, Witze darüber zu machen."
„Ich habe keine Witze gemacht", widersprach Maja und spielte dabei mit dem Armband an meinem Handgelenk. „Ich wollte nur sicherstellen, dass es dir gut geht, nachdem ich dich so sehr erschreckt habe."
„Keine Sorge, mir geht es blendend", versicherte ich ihr. „Ich kann dir zwar nicht sagen, wie lange das so sein wird, denn mein Leben ist aktuell immer noch ziemlich scheiße, aber jetzt gerade, hier mit dir, könnte es mir nicht besser gehen."
Ich wandte den Blick von meinem Handgelenk ab, nur um zu sehen, dass Maja mich unzufrieden anschaute. Nicht gerade die Reaktion, die ich auf meine Aussage erwartet hatte, aber okay. Da sie in meiner Anwesenheit selten ein Blatt vor den Mund nahm, würde sie mir mit Sicherheit gleich sagen, was sie störte. In drei, zwei, eins-

DU LIEST GERADE
FALLEN FROM GRACE
RomanceEr hatte einen Plan. Einen Traum. Eine Zukunft. Jetzt steht er vor den Trümmern - und ihr. Theo war immer der, der wusste, wohin er wollte: Eishockey, Leistung, Erfolg. Für alles andere - sogar für Maja, seine einst beste Freundin - blieb irgendwann...