Kapitel 26

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Maja

Ich wachte auf und wusste nicht, wo ich war.

Erst nach und nach kam die Erinnerung an den späten Nachmittag zurück, an mein Gespräch mit Theo, an alles, was ich ihm erzählt hatte. Etwa eine Sekunde später realisierte ich auch, wo ich mich dementsprechend befinden musste und richtete mich abrupt auf.

Um mich herum herrschte Dunkelheit, doch nachdem meine Augen sich an diese gewöhnt hatten, erkannte ich die Umrisse von Theos Zimmer. Ich entdeckte meine Jacke, die über der Lehne des Schreibtischstuhls hing und kletterte aus dem Bett, um in der Jackentasche nach meinem Handy zu fischen.

Es war aus. Super.

Mir fiel wieder ein, dass ich es eigentlich gestern nach dem Joggen hatte laden wollen, doch dann war Theos Anruf dazwischen gekommen. Theo. Ich erinnerte mich noch daran, wie er mich in den Arm genommen hatte, während ich geweint hatte wie ein kleines Kind. Zu irgendeinem Zeitpunkt musste ich eingeschlafen sein, denn ich konnte mich nicht erinnern, mich wieder von ihm gelöst zu haben. Eigentlich war das kein Wunder, wenn man bedachte wie wenig Schlaf ich in den letzten Nächten bekommen hatte. Doch außer mir hatte niemand im Bett gelegen, ich war eindeutig alleine in diesem Zimmer. Ich wusste nicht wie spät es war oder wo Theo sich aufhielt. Mich einfach wieder schlafen zu legen und den Rest der Nacht hier zu verbringen, war vermutlich keine gute Idee, obwohl das Bett durchaus bequem war und angenehm vertraut roch.

Mit einem Seufzen griff ich nach meiner Jacke und durchquerte den Raum. Die Tür quietschte leise, als ich sie öffnete. Auf Zehenspitzen schlich ich durch den Flur, nur um vor der Haustür unsicher stehen zu bleiben. Konnte ich still und heimlich abhauen? Nachdem Theo mir gestern - oder heute? - zugehört und mich anschließend getröstet hatte, ohne mit der Wimper zu zucken? Es fühlte sich falsch an, jetzt zu gehen, doch was war die Alternative? Sollte ich mich zurück in sein Bett legen? Oder das ganze Haus nach ihm durchsuchen? Seine Eltern waren mit Sicherheit inzwischen wieder da und denen wollte ich nun wirklich nicht mitten in der Nacht über den Weg laufen.

„Maja?"

Ich erschrak so sehr, dass ich meine Jacke auf den Boden fallen ließ. Im Türrahmen zum Wohnzimmer stand eine Gestalt, bei der es sich - der Stimme nach - nur um Theo handeln konnte.

„Musst du mir so einen Schreck einjagen?", flüstere ich in die Dunkelheit hinein und tastete auf dem Boden nach meiner Jacke.

„Wolltest du dich gerade raus schleichen?"

„Natürlich nicht", entgegnete ich, während ich mich wieder aufrichtete. „Ich wollte... nach dir suchen." Die Entscheidung hatte ich zwar noch nicht endgültig gefällt, aber die Überlegung war da gewesen.

Ich meine Theo leise schnauben zu hören. „Im Flur?"

„Irgendwo musste ich ja anfangen. In deinem Bett warst du nicht."

„Ich habe auf dem Sofa im Wohnzimmer geschlafen", entgegnete er. „Ich wollte dich ungern wecken."

„Ich...", begann ich und fing doch noch einmal von vorne an. „Danke. Danke, dass du mir zugehörst hast und danke, dass du mich in deinem Bett hast schlafen lassen. Tut mir leid, dass ich dich voll geheult habe und dann einfach eingeschlafen bin. Die letzten Nächte waren... kurz."

„Verständlich. Und du musst dich nicht entschuldigen, wirklich nicht. Deine Situation ist richtig scheiße. Wenn du mehr darüber reden möchtest oder ich dir irgendwie helfen kann, sag Bescheid. Ich bin für dich da."

Das war... nett. Und seltsam. „Wieso?", fragte ich deshalb geradeheraus.

„Wieso was?"

„Wieso bietest du mir das an? Versteh mich nicht falsch, ich weiß das durchaus zu schätzen, ich begreife es nur nicht so ganz."

FALLEN FROM GRACEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt