Maja
Ich rannte los, während Theo immer weiter sprach. Wenn er Zugriff auf die Lautsprecher der Halle hatte, gab es eigentlich nur einen Ort, an dem er sein konnte. Ich rannte zurück in den Eingangsbereich, die Treppe neben den Umkleidekabinen hoch und durch die Tür, die mit einem sehr großen „Zutritt verboten!"-Schild versehen war.
Einmal in meinem Leben war ich bereits hier oben gewesen, als Theo ganz frisch mit dem Eishockeytraining angefangen hatte und mir voller Aufregung jedes Detail der Halle zeigen wollte. Es war lange her, doch zum Glück war die Halle nicht groß genug, um sich zu verlaufen. Ich stieß eine weitere Tür auf und konnte die Eisfläche nun wieder sehen und Theos Stimme wurde lauter. Ich war fast unter dem Dach und damit sehr dicht an den Lautsprechern.
„... keine Person, die um irgendetwas bettelt und ich werde nicht-" Ich erreichte die Kabine, in der bei den Heimspielen immer der Kommentator saß und riss die Tür schwungvoll auf. Theo, der gegen einen Tisch gelehnt stand und ein Headset aufhatte, fuhr zu mir herum und verstummte abrupt. Ich war zu sehr außer Atem, um irgendetwas von mir zu geben, weshalb ich ihn nur anstarrte.
Ganz langsam setzte Theo das Headset ab und drückte einen Knopf an der Audioanlage, ohne dabei seinen Blick von mir abzuwenden. Ich hörte wie die Musik wieder einsetzte, wenn auch etwas gedämpft, da diese Kabine anscheinend schallisoliert war.
„Maja, ich-", begann Theo, stieß sich vom Tisch ab und trat einen Schritt auf mich zu, aber ich hob schnell die Hand, was ihn sowohl verstummen als auch in seiner Position verharren ließ. Mittlerweile hatte sich mein Puls wieder beruhigt und ich fühlte mich in der Lage, ganze Sätze hervorzubringen, ohne dabei zu klingen, als sei ich gerade einen Marathon gerannt.
„Mein Handy ist kaputt."
Theo wirkte kurz irritiert. „Dein Handy- WAS?" Seine Augen weiteten sich und er musterte mich mit einer Mischung aus Entsetzung und Belustigung.
Ich nickte. „Ich habe dich nicht ignoriert, zumindest nicht mit Absicht."
„Oh."
„Du hättest dir dieses ganze Theater also sparen und mir stattdessen einfach einen Besuch abstatten können. Vorausgesetzt du hast nicht vergessen, wo ich wohne." Obwohl ich wirklich nicht wütend auf Theo war, konnte ich mir einen leicht schnippischen Unterton nicht verkneifen. Mich und die Sache zwischen uns derart in den Mittelpunkt zu stellen, löste in mir kein freudiges Herzflattern aus, sondern viel mehr ein leichtes Unwohlsein.
Ich meinte einen Hauch Schuldbewusstsein in Theos Miene zu entdecken, was mich etwas besänftigte. „Okay, der Teil war dann wohl ein kleines Missverständnis", gab er zu. „Aber für das, was ich dir sagen muss, ist das hier trotzdem irgendwie der einzig richtige Ort."
„Ich habe gehört, was du gesagt hast", erinnerte ich ihn. „Ich und alle anderen die da unten ihre Runden drehen. Und Theo, ich-"
Dieses Mal war er derjenige, der mich unterbrach: „Nein, das war noch nicht alles."
Er hatte mich als sein Zuhause bezeichnet. Sein Zuhause. Das allein bedeutete mich mehr als jede Liebeserklärung. Was in aller Welt wollte er mich noch sagen? Ich atmete ein paar Mal tief durch und versuchte dann, etwas Struktur in dieses Gespräch zu bringen.
„Der einzig richtige Ort? Hier? Wieso? Und wieso darfst du überhaupt hier oben rein?"
Auch Theo holte tief Luft, sah einmal kurz durch die Glasfront der Kabine hinunter zur Eisfläche, bevor er sich wieder mir zuwandte und sagte: „Ich habe eine Entscheidung getroffen. Eishockey ist mein Leben. Ich kann nicht ohne."
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FALLEN FROM GRACE
Storie d'amoreTheo und Maja sind zusammen aufgewachsen, haben Höhen und Tiefen gemeinsam durchlebt - jetzt ist von ihrer Freundschaft nichts mehr zu spüren. Doch als der talentierte Eishockeyspieler Theo gezwungen wird, in die Heimat zurückzukehren, begegnen sich...