Maja
Er hatte es als Fehler bezeichnet. Das, was zwischen uns passiert war. Das letzte Wochenende, jeder Kuss, jede Berührung. Ob er es nur gesagt hatte, um mich von sich zu stoßen, oder ob das tatsächlich seine Meinung war, spielte im Prinzip keine Rolle. Die Worte waren gefallen und jetzt fragte er mich, was ich hören wollte?
Die Wahrheit. Bitte endlich die Wahrheit.
Ich nahm den Pizzakarton von meinen Knien und stellte ihn in den Sand zu meinen Füßen. Dann drehte ich mich zu Theo um und wechselte in den Schneidersitz. „Ich hab keinen Bock auf irgendwelche Spielchen, auf Heiß und Kalt, oder sonstigen Unsinn. Wenn du bereust, was letztes Wochenende passiert ist, dann ist das dein gutes Recht und nichts, woran ich etwas ändern kann. Aber solltest du mit der Aussage nur versucht haben, mich auf Abstand zu halten, weil die Stimmen in deinem Kopf dir irgendeinen Blödsinn einreden, muss ich dir mitteilen, dass du mich so leicht nicht los wirst. Entweder du willst mich, oder nicht. Entweder sind wir beste Freunde oder wir schauen gemeinsam, was wir darüber hinaus sein könnten."
Mit laut pochendem Herzen verstummte ich. Eigentlich hatte ich ihn nur um Ehrlichkeit bitten wollen und dann war plötzlich noch sehr viel mehr über meine Lippen gesprudelt. Aber nach dem Auf und Ab der Gefühle, das ich in den letzten 24 Stunden erlebt hatte, konnte mich nun auch eine Abfuhr von Theo nicht mehr schocken.
Er seufzte und ließ kurz den Kopf hängen. Als er wieder aufsah konnte ich unzählige Emotionen in seinen Augen entdecken, die ich alle nicht benennen konnte. Er wirkte hin- und hergerissen, und das machte mich nur noch nervöser. Denn er sollte sich sicher sein. Keine halben Sachen.
„Himmel, Maja, natürlich will ich dich. Ich weiß nur nicht, ob ich dir jetzt gerade wirklich all das geben kann, was ich dir geben möchte. Vielleicht bin ich aktuell besser darin, nur dein bester Freund zu sein."
Das war keine Abfuhr. Oder? Irgendwie schon, aber... nicht ganz.
„Was möchtest du mir denn geben?"
Sein Blick brannte sich in meinen, so intensiv schaute Theo mich an, als er einmal schluckte und dann sagte: „Alles."
Ich wollte ihm sagen, dass ich mich mit sehr viel weniger zufrieden geben würde, aber das wäre gelogen. Keine halben Sachen.
„Ich kann mich gerade kaum selber zusammenhalten", fuhr Theo fort und in seiner Stimme schwang nun Bitterkeit mit. „Ich weiß, dass wir dieses Thema schon hatten, aber das, was am Dienstag passiert ist, sollte doch Beweis genug dafür sein, dass auf mich aktuell kein Verlass ist."
Obwohl er letzten Endes doch rechtzeitig erschienen war, hatte ich ihn vor dem Flug nicht erreichen können, weshalb ich verstand, was er meinte. Wenn seine Emotionen mit ihm durchgingen, war er machtlos. Er konnte nicht ausschließen, dass er mich in solchen Situationen wieder verletzen würde. Wenn er dieses Risiko nicht eingehen wollte, konnte ich ihn nicht dazu zwingen. Immerhin bedeutete diese Entscheidung, dass ich ihm alles andere als egal war.
„Alles klar", erwiderte ich und versuchte es mit einem Lächeln. Ob das aufrichtig herüber kam, vermochte ich nicht einzuschätzen. „Danke für deine Ehrlichkeit." Kurz meinte ich, etwas in Theos Augen aufblitzen zu sehen. Panik? Doch es war so schnell wieder verschwunden, dass ich es mir vielleicht auch nur eingebildet hatte. Ich sah hoch in den Himmel, der sich langsam zu verfärben begann. „Wollen wir ein bisschen spazieren gehen? Oder ist das schwierig?" Noch immer konnte ich nicht einschätzen, wie viel Belastung sein Knie ertrug. Die Verbesserung seit unserem Wiedersehen vor ein paar Wochen war offensichtlich, aber mir entging nicht, dass Theo regelmäßig das Gesicht verzog, auch wenn er es meist vor mir zu verbergen versuchte.
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FALLEN FROM GRACE
RomanceTheo und Maja sind zusammen aufgewachsen, haben Höhen und Tiefen gemeinsam durchlebt - jetzt ist von ihrer Freundschaft nichts mehr zu spüren. Doch als der talentierte Eishockeyspieler Theo gezwungen wird, in die Heimat zurückzukehren, begegnen sich...