Maja
Selten in meinem Leben hatte ich so gut geschlafen, wie in dieser Nacht. Theo und ich hatten uns nicht die Mühe gemacht, auch nur ein einziges Kleidungsstück wieder anzuziehen, wir hatten keinen Wecker gestellt, und als ich schließlich die Augen öffnete, war mein Körper noch immer eng an den von Theo gepresst und die Sonne tauchte das Zimmer bereits in helles Licht. Obwohl mir sehr bewusst war, wo wir uns befanden und weshalb wir diese Reise angetreten hatten, fühlte ich in diesen ersten Minuten nach dem Aufwachen einfach nur grenzenloses Glück.
Theo schien noch zu schlafen, seine Augen waren geschlossen und sein Oberkörper hob und senkte sich in regelmäßigen Abständen. Von der Bettdecke mussten wir uns irgendwann während der Nacht befreit haben, da sie nur noch die untere Hälfte unserer Beine bedeckte. Ich ließ meinen Blick über Theos Körper schweifen, versuchte mir jedes Detail einzuprägen und konnte nur mit Mühe begreifen, dass dieser Mann tatsächlich mich wollte. Mit den Fingern meiner linken Hand malte ich unsichtbare Linien und Muster auf seine Haut, zeichnete die Konturen seiner Muskeln nach und wanderte dabei - beinahe unterbewusst - mit meiner Hand immer weiter nach unten. Ich strich über seinen Oberschenkel, doch dann stoppe ich. Anstatt die Hand zu seiner Körpermitte zu bewegen, streichelte ich nun wieder seinen Bauch. Theo schlief. Obwohl ich nicht glaubte, dass er den gestrigen Abend nach dem Aufwachen bereuen würde, konnte ich ihn nicht ohne seine Zustimmung auf derart intime Weise berühren.
„Für einen kurzen Moment hatte ich die Hoffnung, du würdest mich auf die beste Art aufwecken, die ich mir vorstellen kann", ertönte plötzlich Theos Stimme und ließ mich schreckhaft zusammenzucken. „Aber ich gebe mich auch gerne damit zufrieden, einfach nur neben dir aufzuwachen."
Ich musste mich kurz beruhigen und meine Gedanken neu sortieren, bevor ich entgegnete: „Offensichtlich bist du schon wach. Dementsprechend hätte ich dich gar nicht aufwecken können."
„Nebensächlich", murmelte Theo und begann, meinen Rücken zu streicheln.
„Also wäre es in Ordnung gewesen, dich zu berühren?", fragte ich neugierig. Es konnte schließlich nicht schaden, Informationen für ähnliche Situationen in der Zukunft zu sammeln. „Auch wenn du noch geschlafen hättest?"
„Du berührst mich doch", sagte Theo und obwohl ich sein Gesicht nicht sehen konnte, hörte ich das Grinsen aus seiner Stimme heraus. Ich gab ihm einen sanften Stoß und erwiderte: „Du weißt, was ich meine."
Theo seufzte und legte auch seinen anderen Arm um meinen Körper und zog mich enger an sich heran. „Ich weiß zwar sehr zu schätzen, dass du mein Einverständnis nicht einfach annimmst, aber du darfst mich jederzeit überall berühren, ohne vorher zu fragen."
„Überall?"
„Überall."
Bevor Theo begreifen konnte, was er mir gerade erlaubt hatte, löste ich mich aus seiner Umarmung, rutschte blitzschnell an den unteren Rand des Bettes, schlug die Decke zurück und strich mit meinen Fingerspitzen über die Unterseite seiner Füße.
„Maja, nein", protestierte Theo, doch mehr Wörter brachte er nicht zustande. Stattdessen wurde er von einer Mischung aus Lachen und Wimmern durchgeschüttelt und versuchte, meine Hände von sich zu treten. Aber so leicht gab ich mich nicht geschlagen. Erst als Theo seinen Oberkörper aufrichtete, sich zu mir herunter beugte und nach meinen Armen griff, um mich zu sich hoch zu ziehen, ließ ich von seinen Füßen ab.
Der Schatten seines Lachens lag noch immer auf Theos Gesicht, doch in seinen Augen funkelte ein Hauch von Wut.
„Gut zu wissen, dass manche Dinge sich nie ändern", verkündete ich voller Genugtuung, während Theo unter mir schwer atmete. Als Kind hatte ich mich jahrelang darüber aufgeregt, dass Theo scheinbar überhaupt nicht kitzelig war. Bis ich eines Tages durch Zufall festgestellt hatte, dass seine Fußsohlen seine absolute Schwachstelle waren. Seitdem hatte er versucht, mich bestmöglich von seinen Füßen fernzuhalten, was ihm zu meiner Freude nicht immer gelungen war.

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FALLEN FROM GRACE
RomanceEr hatte einen Plan. Einen Traum. Eine Zukunft. Jetzt steht er vor den Trümmern - und ihr. Theo war immer der, der wusste, wohin er wollte: Eishockey, Leistung, Erfolg. Für alles andere - sogar für Maja, seine einst beste Freundin - blieb irgendwann...