Kapitel 8

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Achtung: Altersfreigabe P 18

Kapitel 8

In dem alten, halb verfallenen Haus, das, umgeben von Bäumen, ein gutes Stück außerhalb von München lag, war unterdessen nicht an Schlaf zu denken.

Statt dessen blickte Maximilian Farius zufrieden auf die hölzerne Statue, die vor ihm auf einem Tisch lag und er wartete darauf, dass das Geschöpf die Augen öffnen würde.

„Mlio syoryt Sylmarsk," sagte er nun bereits zum dritten Mal und er hoffte, dass er nichts falsch gemacht hatte. Aber er hatte sich genau an die Anweisung, die ihm jene merkwürdige Frau während seines Traums oder vielmehr während seiner Vision gegeben hatte, gehalten.

„Vielleicht brauchen wir ja noch ein bisschen Blut!", sagte sein Sohn Ulrich in die angespannte Stille hinein. „Die Frau ist noch nicht ganz hinüber.....und es war ekelhaft....aber..."

„Aber notwendig," stellte Maximilian fest und sein Blick fiel auf den rechten Fuß der Statue. Das Holzbein endete in einem menschlichen Fuß, der nun zu zucken begann und dann griff eine Hand, an der sich menschliche und hölzerne Finger befanden nach Maximilians Arm.

„Du hast mich erweckt! Ich werde dir dienen!", sagte das Geschöpf und richtete sich auf.

„Du hast es geschafft!", murmelte Ulrich, schien aber nicht so wirklich zu wissen, was er davon halten sollte.

Sein Bruder Martin hingegen, der sich während der ganzen Angelegenheit im Hintergrund gehalten hatte, hätte am liebsten das Haus verlassen und wäre, auch wenn er es sich nicht wirklich eingestand gerne in den nahen Wald gerannt um sich zu übergeben. Das Haus war so....unheimlich...und die erweckte Statue....

Selbst bei Tageslicht hatte das Haus gruselig gewirkt und es hatte einen so abweisenden Eindruck gemacht, dass er sich sicher war, dass sich in den letzten Jahrzehnten niemand mehr freiwillig hinein begeben hatte.

Die Fenster, in denen sich zum Teil zerbrochene oder überhaupt keine Fensterscheiben mehr befanden, hatten wie bösartige Augen gewirkt und es hätte ihn nicht gewundert, wenn sie in dämonisch rötlichem Licht geleuchtet hätten.

Er und auch seine Brüder hatten gezögert, das Haus überhaupt zu betreten, aber ihr Vater hatte ihnen einen derartigen verächtlichen und missmutigen Blick zugeworfen, dass sie ihre natürlichen Instinkte, davonzulaufen, ignorierten und ins Innere des Hauses gingen.

Hinter der Eingangstür lag ein Flur, der diesen Namen eigentlich nicht wirklich verdiente, denn er war sehr klein. Oder kam dies Martin nur so vor, da er immer noch die große Eingangshalle des alten Familienanwesens der Farius'vor Augen hatte? In fast all seinen Träumen spielte sein altes Zuhause eine große Rolle und er erwachte stets unglücklich, da ihm fast immer schlagartig bewusst wurde, dass es das Haus nicht mehr gab und dass er nun in einer, für seine Ansprüche viel zu kleinen, Wohnung lebte.

Aber zumindest hielt er seine unfreiwilliges Heim stets sauber und ordentlich, schließlich hatte bis vor nicht allzu langer Zeit noch die Hoffnung gehabt, dass Olivia doch zu ihm zurück kehren würde. Aber er konnte ihr keine Vorwürfe machen.....

Schließlich empfand er seine Situation auch als unerträglich. Irgendwie war alles so entsetzlich schief gelaufen.....und war es das nicht irgendwie schon immer?

Schließlich hatte Maximilian eine Tür aufgestoßen und sie hatten etwas betreten, was wohl einmal so etwas wie ein Wohnzimmer gewesen war.

Ein alter Schrank ohne Türen stand an einer Wand und ein uraltes Radio, das sicherlich aus den Anfängen des Rundfunks stammte und das neben dem Schrank auf dem Boden stand stellten das einzige Mobiliar dieses Raumes dar....abgesehen von dem Tisch, auf dem zwei hölzerne Statuen nebeneinander lagen.

Er schluckte, als er diese.....Dinger, die sein Vater als neue Schutzengel bezeichnete, genauer betrachtete.

Sie waren mindestens zwei Meter lang und auch die Arme und Beine waren länger als bei einem Menschen.

Irgendwie erinnerten sie ihn an Außerirdische. Als er genauer hinsah bemerkte Martin, dass beiden Geschöpfen zwei Finger an der linken Hand sowie der rechte Fuß fehlten.

Maximilian bemerkte den Blick seines Sohnes. „Du siehst, dass unseren neuen Engeln etwas fehlt. Einer von ihnen wird heute Nacht zum Leben erwachen, aber wir müssen....für Ersatz suchen. Ersatz für die fehlenden Finger und den Fuß.....er wird schnell sein und geschickt....

Maximilian lächelte und wandte sich nun direkt an seine drei Söhne. „Einer von euch ist doch sicherlich bereit, zwei Finger und einen Fuß herzugeben, oder?

Martin hatte das Gefühl, als habe sein Vater ihm einen Schlag in den Magen versetzt. „Das meinst du nicht ernst?", platzte es unterdessen aus Ulrich heraus und Peter machte tatsächlich Anstalten, den Raum zu verlassen.

Maximilians Blick verfinsterte sich. „Ich habe diese Frage natürlich nicht ernst gemeint. Seht die Frage als Prüfung an! Ihr habt sie alle nicht bestanden! Feiglinge! Wir werden uns also jemand anderen suchen müssen....."

Jetzt, ein paar Stunden später, blickte Martin mit einer Mischung aus Staunen und Ekel auf die hölzerne Gestalt, die sich nun auf dem Tisch aufsetzte und den Kopf beugte, als Maximilian auf ihn zutrat.

„Du wirst mir also dienen?," fragte das Familienoberhaupt und deutete dann an seinen Söhnen vorbei. Nun, dann nimm dir als erstes die Seele dieser Frau....als Willkommensgeschenk in dieser Welt! Sie hat dir bereits ihren Fuß und ihre Finger gegeben...sie gehört dir..."

Der Dämon erhob sich vom Tisch und Martin wich zur Seite, als das Wesen an ihm vorbei schritt, dann aber vor der Frau, die in der Ecke des Raumes lag, stehen blieb. „Sie ist bereits tot! Ich brauche eine andere Seele! Was ist mit den drei hier?"

Maximilian schüttelte, zu Martins unendlicher Erleichterung, den Kopf. „Nein, das sind meine Söhne. Wir brauchen sie noch! Geh hinaus und such dir jemanden. Aber verhalte dich so unauffällig wie möglich und kehre anschließend hierher zurück! Wir wollen keine unnötige Aufmerksamkeit erregen."

„Das werde ich!", antwortete die Statue, während Martin sich augenblicklich besser fühlte, nachdem das Wesen den Raum verlassen hatte.

„Räumt die Leiche weg!", forderte Maximilian unterdessen seine Söhne auf. „Nicht, dass sie jemand findet. Vielleicht sollten wir sie einfach im Keller unterbringen? Dieses Haus wird niemand betreten. Es steht unter dem Schutz....unserer neuen Engel!"

Ulrich beugte sich über die Frau, wurde aber von Peter zur Seite gedrängt als dieser eine Decke über ihr ausbreitete.

Martin fühlte so etwas wie ein schlechtes Gewissen in sich aufsteigen. Die Frau hatte ihnen nichts getan....war einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen und hatte lediglich den Fehler begangen, als Anhalterin zu fahren.

„Warum haben wir eigentlich nicht die unfreundliche Krankenschwester genommen?", fragte Ulrich, direkt an Martin gewandt. „Die,die hat Vater im Krankenhaus das Leben so schwer gemacht hat!"

„Wollten wir ja," antwortete Peter, während Maximilian das Haus verließ, um im Freien eine Zigarette zu rauchen. Dabei murmelte er, dass es bald wieder Havannas sein würden....

„Sie ging ja mit ihren Kolleginnen und dem einen Kollegen raus, als ihre Schicht zuende war, viel zu viele Zeugen," stellte Peter unterdessen fest. „Aber die hier hat es ja auch getan. Aber du hättest uns ruhig helfen können, Martin, statt rauszugehen, als wir die Finger und den Fuß..."

Martin schaltete innerlich ab und murmelte, dass er nach ihrem Vater sehen wolle. „Er sollte nicht rauchen! Das ist nicht gesund für ihn!"

Peter lachte. „Mach dir darüber mal keine Sorgen. Ich glaube, Vaters Gesundheit wird nicht mehr schlechter werden, jedenfalls nicht, so lange wir unseren neuen Engel haben!"

Martin schwieg, während er den Raum verließ. Er wollte eigentlich nichts mehr sehen und nichts mehr hören.

Dämonische Statuen - RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt