Kapitel 45

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  Am späten Abend in diesem Sommer des Jahres 1994 ging ihm die Geschichte des Großvaters nicht aus dem Kopf. Natürlich war das Blödsinn. Er konnte die Statue bedenkenlos zusammen setzten. Gar nichts würde passieren.

Seiner Mutter hatte er nichts von Großvaters merkwürdigem Geschenk erzählt. Ihr teilte er lediglich mit, dass Heinrich ziemlich wirres Zeug geredet hatte.

Grinsend und dennoch mit einem Gefühl der Anspannung presste er die beiden Teile nun aneinander und stellte sie vor sich auf seinen Schreibtisch.
„Opa war damals so alt wie ich!", dachte Gerd. „Da war er wohl noch normal."

Aber jetzt stand es mit dem Alten wirklich nicht mehr zum Besten. „Schade, dass er übrig geblieben ist! Mit Oma Gertrud wäre es einfacher gewesen," dachte Gerd und erstarrte, als die Uhr, die im Wohnzimmer stand, Mitternacht schlug.

Würde etwas passieren?

Die Statue wuchs in Sekundenschnelle und Gerd schrie kurz auf, presste dann aber eine Hand auf den Mund, während das Geschöpf ihn aus rot leuchtenden Augen anstarrte.
„Ein neuer Herr? Gut, vielleicht bekomme ich bei dir mehr zu Fressen als bei deinen beiden Vorgängern! Wessen Seele soll ich holen?"

Gerd schluckte schwer, während ein Teil seines Gehirns sich noch immer weigerte zu glauben, was er sah.

„Welche Seele? Eine Frau schläft in der Nähe....", knurrte das Wesen und Gerd schüttelte den Kopf. „Nicht meine Mutter....lieber meinen....Biologielehrer. Genau. Der...ist blöd....mir fällt sonst niemand ein. Den mag ich im Moment am wenigsten....."

Der Dämon, denn nichts anderes war das Wesen offenbar, lachte kurz auf und flog durch das wegen der sommerlichen Hitze geöffnete Fenster davon.

Gerd ließ sich auf sein Bett sinken. „Das gibt es nicht! Das gibt es einfach nicht....und mein Lehrer wohnt nicht weit entfernt, kein Kilometer...."

Eine Viertelstunde später kehrte der Dämon zurück und warf Gerd einen wissenden Blick zu. „Du wirst mich häufiger füttern! Das ahne ich bereits....."

Die Statue schrumpfte zusammen und fiel auseinander und Gerd stopfte die beiden Teile in die beiden übereinander liegenden Schubladen seines Schreibtisches. Eines in jede Schublade. Dann schloss er den Schreibtisch ab.

Das hatte er bislang noch nie gemacht.  

Dämonische Statuen - RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt