Am nächsten Morgen saßen Jonas und Julia im Reisebüro und eine als Hexe verkleidete Frau nahm die Buchung entgegen.
„Also zwei Wochen Türkei, von Ende Juli bis Anfang August....,"murmelte die Frau, während sie die Daten in ihren Computer eingab.
Sie lächelte freundlich, als sie sich wieder an ihre Kunden wandte. „Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Urlaub. Und ich freue mich immer, wenn jemand bei mir und nicht im Internet bucht...."
„Persönliche Beratung finde ich schöner," antwortete Julia und deutete auf den spitzen Hexenhut der Angestellten.
„Gehen Sie zu einer Halloweenparty?"
Die Frau nickte. „Ja, wir treffen uns im Partykeller einer Freundin, gleich nach Feierabend...."
„Und der Chef sagt nichts?", fragte Jonas, während Julia ihm einen leichten Tritt mit dem Fuß gegen das Schienbein verpasste.
Was für eine blöde Frage!
Aber die Frau lachte. „Meine Chefin hat nichts dagegen, denn ich bin die Chefin! Und ich bin ein großer Halloweenfan. Ich mag auch Karneval. Das sind meine liebsten Feste. Ich verkleide mich gerne!"
„Steht Ihnen sehr gut," beeilte Jonas sich zu sagen, während die Frau ihm einen Zettel reichte. „Hier stehen Ihre Daten drauf. Die Unterlagen kommen dann demnächst und Sie müssen eine Anzahlung machen...."
Ein wenig später verließen sie das Reisebüro und Julia griff nach Jonas Hand. „Heute wird ein guter Tag! Wir haben eine Reise gebucht und der blöde Valler hat sich auch noch nicht gemeldet! Vielleicht hat er ja aufgegeben?"
„Ja, das wäre gut," stellte Jonas fest. „Aber ich bringe dich trotzdem weiterhin zur Arbeit. Und wenn der Direktor wieder da ist sprichst du mit ihm! Ich traue diesem Kerl nicht über den Weg."
„Mache ich," versprach Julia, die sich den schönen Tag nicht verderben lassen wollte. „Komm, wir gehen was essen. Gehen wir doch zum Chinesen. Ich hab Hunger auf Süß-Sauer!"
„Du bist doch selber süß," sagte Jonas grinsend, während sie sich auf den Weg zum nahe gelegenen chinesischen Restaurant machten.
„Hast du eigentlich Lust, auch auf eine Halloweenparty zu gehen?", fragte Julia, während sie sich Hand in Hand ihrem wohlverdienten Mittagessen näherten. „Ich habe zwar gesagt, dass ich keine Lust auf Horror habe, aber Halloween ist ja eigentlich eher lustig."
„Ich weiß nicht.....," antwortete Jonas, jedoch dann kam ihm eine Idee und er grinste breit, „Aber wir können uns ja mal umhören, wo etwas stattfindet. Vielleicht machen sie ja in der Disko etwas in der Art. Nacht der Untoten oder so."
Er lachte. „Eigentlich ist die Idee gar nicht so schlecht. Machen wir uns doch mal über den ganzen Dämonenkram lustig. Wir könnten uns als Statuen verkleiden. Graue Schminke, Haare grau färben, graue Klamotten und rote Kontaktlinsen. Dazu reden wir schwachsinniges Zeug...."
Julia kicherte, auch wenn sie die Vorstellung ein wenig nervös machte. „Dann sollten wir zusehen, dass wir das ganze Schminkzeug und ein paar graue, steinfarbene Klamotten, auftreiben. Lass uns nach dem Essen einkaufen gehen!"
Sarah starrte ein wenig neidisch auf Lisas Kostüm, vor allem, nachdem ihr Freund Toni der alten Spielkameradin ein Kompliment gemacht hatte.
„Das sieht wirklich gut aus! Da kann ich als einfaches Gespenst nicht so wirklich mithalten," stellte er seufzend fest, während Lisa den Lippenstift zur Seite legte.
„Vampirkönigin! Auch eine Idee," murrte Sarah und Lisa wusste nicht so recht, was sie von Tonis Freundin halten sollte.
Die beiden waren am Vorabend bei Tonis Großeltern, Alma und Josef Kratzer, eingetroffen und waren am Vormittag mit einer Seilbahn auf einen nahen Berg gefahren. Sarah hatte trotz des nebeligen Wetters auf diesen Ausflug bestanden und Lisa ahnte, dass dies vor allem deswegen geschehen war, weil das andere Mädchen den Freund gerne für sich alleine haben wollte.
Am frühen Nachmittag hatte Josef Kratzer seinen Enkel und dessen Freundin dann wieder an der Seilbahnstatin abgeholt und schließlich waren die beiden, bepackt mit ihren Kostümen, bei Lisa eingetroffen.
Nun befanden sie sich in Lisas Zimmer und zogen sich ihre Kostüme an.
„Ich weiß nicht so recht, was Toni an seiner Sarah findet. Sie hat irgendwie was Zickiges an sich," dachte Lisa, während Sarah die Fransen an ihrem Hexenkostüm zurecht zupfte. „Wirst du auch die lange spitze Nase anziehen?", erkundigte sich Toni unterdessen und hielt seiner Freundin eine Plastiknase, auf der sich ein paar Warzen befanden, hin.
Sarah schüttelte fast schon angewidert den Kopf. „Nein. Wer sagt auch, das Hexen hässlich sein müssen! Lisa darf als Vampirkönigin doch auch so halbwegs aussehen!"
Toni zuckte die Achseln und warf die Nase auf Lisas Bett. „Naja, es ist halt Halloween. Da muss man doch gruselig sein."
Er deutete auf den Boden. „Lisa, deine Plastikspinne ist runtergefallen."
Sarah hob das Tier schnell auf. „Darf ich die haben? Ich habe gar keine Plastiktiere....."
Lisa nickte und sah zu, wie das andere Mädchen die Spinne in ihrem Haar befestigte. „So, sieht das gut aus? Ist das gruselig genug?"
„Ja, sieht gut aus," beeilte Lisa sich zu sagen.
Sarah kicherte und wandte sich an Toni. „Wir könnten ja auch den Vorgarten von deinem Opa ein bisschen schmücken. Ein paar Plastikschädel, süße Spinnen, Kürbisse, Gespenster...."
„Ich hab im Internet mal kotzende Kürbisse gesehen," stellte Toni fest. „Daneben standen Bierflaschen. War auch eine süße Deko...."
„Sehr süß!", antwortete Sarah ein bisschen verstimmt. „Lisa, du findest kleine Gespensterchen doch bestimmt auch niedlicher, oder?
„Ja, die sind süß," antwortete Lisa halbherzig, dachte sich aber, dass eine solche Deko vielleicht ein wenig zu viel für den Geschmack des durchschnittlichen Raichelbachers war. Aber wenn der Opa nichts dagegen hatte und Sarah es so gerne wollte....
Warum sollte sie sich mit Tonis Freundin nicht vertragen oder es zumindest versuchen? Aber der nächste Vorschlag machte ihr diesen Vorsatz schwer.
„Wir könnten gleich mal auf den Friedhof gehen!", schlug Sarah grinsend vor und Lisa erstarrte.
Fand Sarah das etwa wirklich komisch? Am Ende würde sie gleich noch vorschlagen, Gerrits Grab mit kleinen Plastikgeistern zu schmücken. Oder würde sie gleich sagen, dass sie den toten Freund von Tonis Kindheitsfreundin kennen lernen wollte?
Aber an etwas derartiges hatte Sarah nicht gedacht. Wahrscheinlich hatte sie nicht einmal bemerkt, dass Lisa bei der Erwähnung des Friedhofes erstarrt war.
Außerdem gab es dort noch ein anderes Problem....
„Toni, dein Opa hat uns doch von diesem komischen Grab mit den Hunden und dem von diesem Kerl mit dem großen steinernen Pärchen, von denen eins wie deine Oma damals aussieht!", erkundigte sich Sarah und sah ihren Freund, der sich gerade sein Kostüm über den Kopf zog, fragend an.
„Naja, ich hab schon fantasievollere Kostüme gesehen," klagte Sarah, schenkte ihrem Freund aber ein herzliches Lächeln. „Aber zurück zum Friedhof...."
„Willst du die Figuren sehen?", erkundigte sich Toni und warf nun doch einen besorgten Blick zu Lisa. „Ich hab eigentlich...keine Lust, jetzt auf dem Friedhof herumzulaufen."
Sarah kicherte. „Ich will da ja auch nicht jetzt hin! Wir sollten heute Abend gehen, wenn es dunkel ist. Das ist doch viel spannender und passt besser zu Halloween!"
Toni sah seine Freundin belustigt und entgeistert zugleich an, oder hätte es wohl zumindest getan, wenn sich nicht dieses Bettlaken über seinem Kopf befunden hätte.
„Das meins du doch nicht wirklich ernst! Sarah, du hattest neulich sogar Angst, als wir auf dem Oktoberfest Geisterbahn gefahren sind Und letztes Jahr hattest du noch mehr Angst. Da war doch die Bahn von diesem unheimlichen Typen...Schreckenstein oder so..."
„Da waren wir noch nicht zusammen! Da konntest du mich ja auch nicht beschützen....," antwortete Sarah, aber Lisa bemerkte, dass das andere Mädchen mit einem Mal unsicher wirkte.
„Ich will auch nicht auf den Friedhof gehen! Jedenfalls nicht im Dunkeln," stellte Lisa fest, da sie dies für eine sehr schlechte Idee hielt.
„Lasst uns doch einfach Gruselfilme schauen. Irgendwelche Halloweenveranstaltungen gibt es ja nicht..."
Aber nun verschwand Sarahs Unsicherheit wieder. „Wie langweilig!"
Sie wandte sich an ihren Freund. „Wirklich gut sind ihre Ideen nicht..."
Toni zog sich das Laken vom Kopf. „Sarah, was soll das? Ich will nicht auf den Friedhof, du meinst es damit auch nicht ernst, Lisa hat keine Lust...also lassen wir es doch einfach. Wir könnten zu meine Großeltern gehen und dort ein paar DVD's schauen. Opa hat so uralte Gruselfilme. Dracula und so. Und natürlich Sissy-Filme!"
„Sissy! Die mag ich," stellte Sarah fest und warf ihrem Freund einen verliebten Blick zu, während sie fast schon demonstrativ nach seiner Hand griff. „Aber ich sitze neben dir..."
„Mir doch egal, ob die sich an Toni ankuschelt!" dachte Lisa ein wenig entnervt und sie fragte sich, was genau eigentlich Sarahs Problem war.
War das andere Mädchen eifersüchtig? Fürchtete sie, dass sie, Lisa, ihr den Freund ausspannen würde?
Lisa kam zu dem Schluss, dass sie und Sarah definitiv keine Freundinnen werden würde. Die Freundin ihres alten Freundes gefiel ihr ganz und gar nicht und sie konnte nicht verstehen, was genau Toni eigentlich an Sarah fand.
Lisa horchte auf, als sie Sirenen hörte. Ein Krankenwagen näherte sich und sie zuckte kurz zusammen. Wer war krank? Wahrscheinlich kannte sie denjenigen, da sie eigentlich fast jeden in Raichelbach kannte.
Hoffentlich war es niemand, den sie mochte.
Auch Toni und Sarah blicken kurz auf und erster holte sein Handy aus der Hosentasche, als ein zischendes „Mein Schaaatz" ertönte.
Toni grinste. „Statt Klingelton. Ich mag Gollum. Vor allem wenn er seine Schaaatz haben will! Und ich will meinen Schaaatz...."
Er lächelte Sarah an, aber sein Lächeln verschwand, als er hörte, was der Anrufer ihm zu sagen hatte.
„Opa, soll ich nach Hause kommen? Ist es sehr schlimm? Ist der Krankenwagen....aha...", stammelte er und Lisa sah ihn besorgt an.
Stimmte mit den Großeltern etwas nicht? War der Krankenwagen für sie bestimmt?
Toni beendete das Telefonat und starrte es an. „Mein Opa will sich gleich wieder melden...wenn er Näheres weiß...."
„Was ist denn los?", erkundigte sich Lisa, während Sarah sanft über den Arm ihres Freundes strich. „Schatz, was ist denn?"
„Meine Oma ist auf ein paar Blättern ausgerutscht und hat sich dabei den Fuß verdreht! Sie hat Schmerzen, darum hat mein Opa den Krankenwagen gerufen...hoffentlich ist es nichts Schlimmes!Sagt er. Aber ihrem Alter heilt ein Bruch doch nicht mehr so schnell, sie ist doch schon über Siebzig!"
„Deine arme Oma!", sagte Lisa. „Aber warte doch erst mal ab..."
Das Handy klingelte erneut und Toni verließ das Zimmer, um alleine und in Ruhe mit seinem Großvater sprechen zu können.
„Und das an Halloween...," sagte Sarah gedankenverloren, aber Lisa konnte sich einen Kommentar nicht vernkeifen. „Ja, jetzt macht Toni sich Gedanken um seine Oma und hat vielleicht keine Lust, mit dir Party zu machen! Wie tragisch!"
Sarah sah Lisa an und wirkte mit einem Mal so, als sei sie durch die Worte der anderen wirklich verletzt. „So meinte ich das doch gar nicht...."
Kurz darauf betrat Toni wieder das Zimmer. „Der Notarzt meinte, dass sie meine Oma besser ins Krankenhaus bringen. Er glaubt nicht, dass das Bein gebrochen ist. Aber sicher ist sicher. Er will, dass es geröntgt wird und auf Nummer sicher gehen! Mein Opa fährt mit dem Wagen ins Krankenhaus, sind ja doch ein paar Kilometer bis dahin. Er sagt, wir sollen uns nicht so große Sorgen machen. Und wir dürfen seinen DVD-Player oder seinen alten Video-Recorder benutzen!"
Lisa nickte ihm aufmunternd zu. „Siehst du, das klingt doch eigentlich ganz gut. Bestimmt geht es deiner Oma bald wieder besser!"
„Ja, mach dir nicht so viele Sorgen," sagte Sarah. „Gehen wir? Wir können ja meinetwegen wirklich Filme schauen...."
Sarah wirkte, als müsse sie sich zu letztem Satz überwinden und Lisa kam wieder zu dem Schluss, dass sie die andere nicht mochte.
„Vielleicht sollte ich auch hierbleiben," schlug sie vor, denn sie hatte eigentlich keinerlei sonderliche Lust mehr, mit Sarah den Abend zu verbringen.
Sarah wirkte bei diesen Worten sichtlich erleichtert, aber Toni bemerkte es nicht. Statt dessen sah er Lisa bittend an. „Komm doch mit! Sonst ist doch hier nichts los und bei mir können wir wenigstens so was ähnliches wie eine Halloween-Party machen. Kennst du nicht noch ein paar Leute, die kommen könnten?"
Lisa schüttelte den Kopf. „Es gibt ein paar Mädchen und ein paar Jungs aus meiner Schule, die vielleicht Lust hätten. Aber die wohnen alle nicht in Raichelbach. Hier gibt es leider so gut wie keine Leute in unserem Alter. Die sind alle entweder älter oder jünger. Vierzehn und so. Da gibt es eine Reihe Kids. Aber wir beide waren in Raichelbach ein geburtenschwacher Jahrgang..."
„Und Lisa hat bestimmt nicht viele Freunde," stellte Sarah mit giftigem Unterton in der Stimme fest.
Toni bekam von der unterschwelligen Feindschaft der Mädchen nichts mit oder wollte es nicht mitbekommen. Anscheinend wollte er unbedingt einen Abend mit der Freundin aus Kindertagen und seinem Schatz verbringen, wobei Lisa fand, dass Sarah perfekt zu Gollum aus Herr der Ringe gepasst hätte.
„Schaaatz," dachte sie spöttisch. „Das würde doch passen!"
„Also feiern wir zu dritt! Außerdem will ich gerne zu Hause sein, wenn mein Opa und vielleicht sogar meine Oma nach Hause kommen!", sagte Toni und sah die Mädchen bittend an. „Lasst es uns so machen....ich bringe dich nachher auch nach Hause, Lisa. Damit du nicht im Dunkeln durch Raichelbach gehen musst...."
Sarah verdrehte entnervt die Augen, aber Toni legte den Arm um sie. „Guck nicht so. Raichelbach war mal sehr gefährlich. Ich hab dir doch von dieser Statue erzählt, vor der alle Angst hatten, auch wenn keiner so wirklich darüber sprach....das machen viele erst jetzt...auch wenn ich nicht glaube, dass...."
Sarah zuckte kurz zusammen und für einen Moment glaubte Lisa, so etwas wie Angst in den Augen des Mädchens zu erkennen.
Aber dann lachte Sarah spöttisch, oder zumindest sollte es so klingen. „Das ist doch Blödsinn! Das glaubst du doch nicht wirklich, Toni!"
Toni zuckte die Achseln, während Lisa schließlich ihm zuliebe zustimmte. „Gut, ich komme für ein oder zwei Stündchen zu euch. Ich bringe ein paar Chips mit....
DU LIEST GERADE
Dämonische Statuen - Rache
Mystery / ThrillerDiese Geschichte bringt die verschiedenen Handlungsstränge aus Dämonische Statuen - Zwei Feinde und Dämonische Statuen - Jessicas Geschichte zusammen. Vier der Höllendämonen wurden bereits besiegt, aber die Dämonenjäger werden nach wie vor gefordert...