Ratlos starrten Manuel und Dominik auf die beiden Häuser. Hier gab es keinen Weg und es war nicht sicher, ob sie es schaffen würden, den Zugang zum Versteck des Dämons zu öffnen.
„Was sollen wir jetzt machen? Vielleicht „Mellon" sagen?", fragte Dominik frustriert, als Manuel eine Idee kam. Es war nur eine Idee, aber vielleicht hatte er ja Glück und zusätzlich noch den richtigen Riecher.
„Geh ein Stück zur Seite," forderte Manuel seinen Begleiter auf und schlug mit dem Schwert an die Stelle, an der, zumindest auf dem Foto, die beiden Häuser durch den Weg getrennt wurden.
Er glaubte kurz, ein rötliches Flimmern an der Hauswand zu sehen, aber vielleicht war das auch nur eine optische Täuschung, entstanden durch die Hoffnung, dass etwas geschah, gewesen.
„Hast du das gesehen?", fragte er dennoch, während Dominik nun ihn zur Seite zog. „Ich hab es gesehen. Ich versuche es auch mal. Und danach probieren wir es zusammen. Vielleicht funktioniert es ja erst nach mehreren Versuchen."
Dominik schlug mit seinem Schwert gegen die Hauswand. Und fast sofort flimmerte die Wand und die beiden Häuser schienen mit einem Mal mindestens einen Meter voneinander entfernt zu stehen.
Zwischen ihnen führte ein etwa ein Meter breiter Kopfsteinpflasterpfad zu einem unbekannten Ort.
„Gute Idee," es mit dem Schwert zu versuchen, aber warum hat es bei meinem funktioniert und bei deinem nicht?", fragte Dominik, schüttelte dann aber den Kopf. „Egal. Wir müssen Tamara finden."
Dem konnte Manuel nur zustimmen. Er hoffte, dass sich der Weg hinter ihnen nicht schließen würde und dass sie nicht am Ende in einer merkwürdigen Dimension gefangen sein würden. Aber es war ihnen einmal gelungen, die Tür zu öffenen.
Sie würden es notfalls auch ein weiteres Mal schaffen.
Der Dämon war kurz zuvor erschienen. Zuerst war an der Stelle nur ein Schwarzer Fleck gewesen, aber dann erschien das Wesen, langsam konnten sie sehen, wie es Gestalt annahm.
Noch immer konnte Tamara sein Gesicht nicht erkennen, das es durch die Kapuze der Kutte verhüllt wurde. Eine Weile stand die Kreatur nur da und schien die auf dem Boden kauernden Mädchen einfach nur zu betrachten.
Weidete er sich an ihrer Angst?
Annika klammerte sich ängstlich an Tamaras Arm und konnte ihre Furcht nicht verbergen. Sie zitterte und weinte und sah sich verzweifelt nach einem Fluchtweg um.
Tamara hatte ebenfalls Angst. Auch sie sah sich nach einem Fluchtweg, gleichzeitig aber auch nach irgend etwas, das sie als Waffe benutzen konnte, um.
Ihr kam tatsächlich eine Idee.
„Ich versuche etwas," flüsterte sie Annika zu und hoffte, dass der Dämon ihre Worte nicht verstand.
Sie schob Annikas Hand weg, was dieser gar nicht gefiel.
Dann stand sie auf und versuchte, den Tisch mit den Kerzen zu erreichen. Vielleicht gelang es ihr ja, den Umhang des Dämons in Brand zu setzen.
Aber ihr Arm wurde gepackt und sie wurde zu Boden gestoßen, noch ehe sie auch nur in die Nähe des Tisches kam. Sie stieß sich ihr Knie heftig an und hätte für eine kurzen Moment schwören können, kleine Sternchen zu sehen.
Aber ihr blieb keine Zeit, sich um ihr Knie zu kümmern.
Der Dämon beugte sich zu ihr hinunter und führte ihren Arm an seine Kapuze und dann an seinen Mund, auch wenn sie diesen nicht sehen konnte.
Dafür spürte sie scharfe Zähne, als diese sich in die Haus ihres Unterarms gruben und ein großes Stück Haut und Fleisch heraus rissen.
Tamara schrie und Annika schrie beinahe genauso laut, während Blut an Tamaras Arm herab lief.
Wollte dieser Dämon sie wirklich bei lebendigem Leibe auffressen?
„Zuerst der Körper und wenn du stirbst, weil zu viel Fleisch und zu viele Organe fehlen, dann geht die Seele in mich über," sagte der Dämon und zog Tamara auf die Füße und nahe an sich heran.
Er griff an ihren Halsausschnitt und ihr dünner Pullover zerriss bis zum Arm.
Sie versuchte sich loszureißen, aber das Wesen hielt sie zu fest umklammert. Es legte seinen Mund an ihre Schulter.
Wollte er dort zubeißen?
Annika schrie und Tamara stimmte mit ein. Sie trat nach hinten und erwischte ein Bein des Geschöpfs. Aber er reagierte nicht, schien es nicht einmal zu bemerken.
Sie hörte einen lauten Schlag und der Dämon ließ sie abrupt los, als die Tür schwungvoll aufgestoßen wurde. Tamara fiel zu Boden Annika drückte sich wimmernd an die Wand.
Einige der Kerzen wurden durch die entstehende Zugluft ausgeblasen.
„Ihr wagt es?", fragte der Dämon und er klang zornig. „Wie seid ihr hier herein gekommen?"
Tamara sah Dominik und ihren Bruder und war sich sicher, dass dies der schönste Anblick ihres bisherigen Lebens war.
Beide stürmten in die Hütte und wollten sich auf den Dämon stürzten. Aber dieser verschwand und materialisierte sich dann an einer anderen Stelle der Hütte. War dies bei seinem Erscheinen vorhin langsam geschehen, so geschah es jetzt sehr schnell.
„Ein Schwert aus der Hölle," sagte er und deutete auf Dominiks Waffe. „Damit konntest du das Portal öffnen."
Dominik lief mit eben diesem Schwert auf den Dämon zu, während Manuel den beiden Mädchen zurief, in Deckung zu gehen. Er hatte einen Pfeil in seinen Bogen eingelegt und Dominik warf sich zur Seite, als das Geschoss auf den Dämon zuschnellte.
Der Pfeil blieb in der Brust des Wesens stecken und ein wütendes Zischen erklang.
Dann verschwand der Dämon – um neben Annika aufzutauchen.
Er griff nach dem Haar des Mädchens, aber Dominik war schnell zur Stelle und schlug die Hand, die das Haar umklammert hielt, ab.
Annika kreischte laut, als die Hand direkt in ihren Schoß fiel. „Das ist....ekelhaft!"
Sie wagte aber nicht, Hand, die aussah wie eine gräuliche Klaue, zu entfernen. Statt dessen beugte sich Dominik schnell herunter, packte die Hand und warf sie in die Mitte des Raums.
Tamara hatte sich unterdessen erhoben und sie dachte nun über ihren ursprünglichen Plan mit der Kerze nach. Sie hatte wahnsinnige Schmerzen am Arm und sie war sich sicher, dass die Wunde genäht werden musste. Wahrscheinlich würde eine Narbe zurück bleiben.
Auch ihr Knie tat weh, aber diese Verletzung war wohl nicht schlimmer als diejenigen, die sich als Kind nach Stürzen beim Inline-Skaten zugezogen hatte.
Aber dieses...Ding würde nicht ungestraft davon kommen. Der Dämon verschwand erneut, während Tamara eine Kerze griff.
„Wo erscheint er als nächstes?", fragte Manuel, der einen weiteren Pfeil eingelegt hatte. Er sah sich suchend um.
Diese Frage wurde gleich darauf beantwortet.
Der Dämon erschien neben Tamara und streckte die Hand nach ihr aus. Ein weiterer Pfeil traf den Dämon in die Schulter und Dominik lief auf ihn zu. Annika schrie wie am Spieß.
Aber Tamara war am schnellsten. Noch ehe der Pfeil den Dämon traf, warf sie die Kerze auf den Dämon und tatsächlich fing seine Kutte Feuer. Er schrie, als sich die Flammen ausbreiteten und taumelte auf Dominik zu.
Dieser holte mit dem Schwert aus und der Kopf des Dämons fiel zu Boden.
Unglücklücherweise rollte der abgeschlagene Dämonenschädel auf die zitternde Annika zu.
Manuel trat ihn in Richtung der zuvor abgeschlagenen Hand.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Dämonen, mit denen Dominik und Manuel es bisher zu tun gehabt hatten, verwandelte sich dieser aber nicht in Stein und zerbrach, sondern er schrumpfte unter seiner Hülle gewissermaßen zusammen.
Tamara glaubte, skelettierte Fingerknochen aus dem Ärmel der Kutte zu erkennen.
Manuel machte einen Schritt auf den Dämon zu, bückte sich und schob die Kapuze zurück.
Ein Schädel, der nur entfernt Ähnlichkeit mit einem menschlichen skelettierten Kopf hatte, kam zum Vorschein.
Der Kopf war breiter und größer als der eines Menschen, die Augen waren hingegen eher klein und an Stelle der Nase befand sich ein großes Loch.
Das Abscheulichste aber waren die Zähne, die aus einem übergroßen Mund heraus ragten. Sie waren lang und spitz und an einigen klebte Blut, dass wohl von Tamara stammte.
Sie griff angeekelt an ihren Arm, während Annika kurz davor zu stehen schien, das Bewusstsein zu verlieren.
„D...d....das ist ein M...M..Monster," stammelte sie und sah aus, als müsse sie sich jeden Moment übergeben.
„Hast du das auch schon gemerkt? Ich hätte gedacht, dass das noch einen halben Tag länger dauern würde," spottete Manuel, der sich von dem Anblick des Wesens, dessen Knochen nun zerfielen, bereits erholt hatte.
Statt dessen legte er einen Arm um Tamara, während sie mit dem anderen Arm nach Dominik griff, der sie nun seinerseits ebenfalls in die Arme schloss.
„Könnt ihr das Gruppenkuscheln mal lassen und mir aufhelfen? Ich...will nach Hause," klagte Annika und schließlich erbarmte sich Manuel und reichte ihr die Hand.
Sie warf einen bedauernden Blick auf Dominik, der immer noch Tamara umarmte. Anscheinend wäre er ihr als Helfer lieber gewesen, aber schließlich griff sie doch nach Manuels Hand und ließ sich helfen.
Dann umarmte sie ihn plötzlich und begann zu schluchzen.
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Dämonische Statuen - Rache
Mystery / ThrillerDiese Geschichte bringt die verschiedenen Handlungsstränge aus Dämonische Statuen - Zwei Feinde und Dämonische Statuen - Jessicas Geschichte zusammen. Vier der Höllendämonen wurden bereits besiegt, aber die Dämonenjäger werden nach wie vor gefordert...