Eigentlich hatte Lucas keine Lust, zu dieser Party zu gehen. Was sollte er da? Er mochte weder Benny, noch den Gastgeber Klausi und die anderen Gäste, die vielleicht kommen würden, kannte er noch nicht mal. Wahrscheinlich waren sie wie Klausi. Sie würden kiffen und am nächsten Tag würde seine Kleidung wieder riechen. Sein Vater würde sich wieder aufregen.
Er hätte den Abend viel lieber mit Meike allein verbracht oder wäre mit ihr ins Kino gegangen.
Aber sie wollte unbedingt hingehen und nicht zum ersten Mal in den letzten Tagen stellte Lucas allmählich die Beziehung zu ihr in Frage. Warum rannte sie Benny dermaßen hinterher? Anscheinend wollte sie lieber mit ihm zusammen sein.
Zu allem Übel war Lucas auch noch aufgefordert worden, Chips und Salzstangen für die Party zu besorgen. Er fand es zwar nicht schlimm, dass alle etwas zur Party beisteuerten. Aber er hätte gerne darauf verzichtet, für eine Party, auf die er überhaupt keine Lust hatte, auch noch Geld auszugeben.
Er stopfte fünf Chipstüten und mehrere Packungen Salzstangen in seinen Rucksack und dachte einen Augenblick nach. Dann holte er seinen Dolch aus der Nachttischschublade, in dem er ihn aufbewahrte, heraus und stopfte ihn unter die Chipstüten.
Er kam sich ein bisschen albern vor. Aber nur ein bisschen. War es Instinkt? War er zu misstrauisch? Schaden konnte es jedenfalls nicht, wenn er den Dolch mitnahm. Schließlich hatte Meike bereits gesagt, dass Klausi, Bennys Kumpel gerne nächtliche Wanderungen durch sein Dorf in der Eifel unternahm, um Dorfbewohnern dämliche Streiche zu spielen.
Vielleicht kam er heute Abend ja auch auf die Idee und wer wusste schon, wer oder was außer verärgerter Dorfbewohner in der Dunkelheit lauern konnte?
Lucas hatte, genau wie die tatsächlichen Dämonenjäger, bereits zu viel erlebt, was das anging.
Eine Stunde später saß er in Bennys Auto auf dem Rücksitz, während Meike auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte. Er kam sich ein wenig überflüssig vor, denn Meike beschäftigte sich die meiste Zeit über mit Benny.
Sie lachte über jeden noch so dummen Witz, den er machte und schien sich auf die Party wirklich zu freuen. Benny sah sich von Zeit zu Zeit um und warf Lucas einen fast schon triumphierenden Blick zu.
Lucas' Laune sank immer mehr und drohte einen Tiefpunkt zu erreichen.
Er ärgerte sich weitaus mehr über Meike als über Benny. Waren sie nun zusammen oder nicht? Hätte sie nicht eigentlich mit ihm dumme Witze machen sollen? Er hatte kein Problem damit, dass Meike andere männliche Freunde hatte. Er selber sprach schließlich auch mit Mädchen oder alberte mit ihnen herum.
Da gab es Mädchen aus seiner Berufsschulklasse, mit denen er sich gut verstand, er mochte mittlerweile seine Schwägerin Julia, Tamara, die Schwester des Dämonenjägers Manuel und verstand sich auch mit Lisa aus Raichelbach recht gut.
Aber es war nicht dasselbe. Er kniff keines der Mädchen in den Oberschenkel oder machte Bemerkungen über ihre Brüste und brachte sie damit zum Kichern.
Ja, es war definitiv etwas anderes. Julia, Tamara oder Lisa hätten ihm wahrscheinlich eine geknallt, wenn er sich ihnen gegenüber so aufgeführt hätte. An den Ärger, den er in so einem Fall mit Jonas bekommen hätte, würde es sich um Julia handeln, wollte er gar nicht denken.
Auf keinen Fall hätten diese Mädchen albern gekichert.
Schließlich erreichten sie das kleine Eifeldorf und Benny parkte den Wagen vor einem kleinen Fachwerkbungalow, der aussah, als wäre er mindestens zweihundert Jahre alt. Manche fanden so etwas sicherlich romantisch.
Er gehörte nicht dazu. Alte Gebäude hatten einen seiner Meinung nach einen zu großen Gruselfaktor. Wahrscheinlich war dies auch eine Nebenwirkung davon, dass er des öfteren Zeit mit Dämonenjägern verbrachte.
Es waren schließlich fast immer alte Burgen, alte Häuser, Kirchenruinen oder Statuen, die bereits Jahrhunderte alt waren, wenn es um übernatürliche Ereignisse ging.
„Jetzt kann die Party steigen," sagte Benny indessen und Meike kicherte wieder, als Benny klingelte und Klausi ihnen mit einem seltsam abwesenden Blick die Haustür öffnete.
„Schön, dass ihr da seid! Kommt direkt mal mit in den Keller," sagte er und kicherte, während er Meike einen Blick zuwarf. „Siehst gut aus!"
„Ja, sie sieht gut aus," sagte Lucas und legte einen Arm um Meike.
Sie war seine Freundin. Warum starrte dieser Typ sie so gierig an? Auch wenn er wusste, dass sein Verhalten im schlimmsten Fall machohaft und im besten Fall kindisch war, konnte er nicht anders. Am liebsten hätte er Meikes Arm gegriffen und wäre mit ihr nach Hause gegangen.
Aber der Weg war zu weit, um ihn zu Fuß zurück zu legen und in diesem Kaff fuhr wahrscheinlich nur alle vier Wochen ein Bus. Er widerstand dem Bedürfnis, Meike vorzuschlagen, ein Taxi zu rufen, dass sie in die Stadt zurückbringen würde.
Meike griff nach seiner Hand und zog ihn in Klausis Haus.
Dieser kicherte wieder und es klang noch dämlicher als zuvor. Lucas fragte sich, ob er schon etwas geraucht hatte.
„Meine Alten sind nicht da," stellte Klausi grinsend fest. „Wir können jetzt also in den Keller runter gehen. Ich habe etwas wirklich Cooles vor."
Benny schlug Klausi freundschaftlich auf den Rücken. „Was willst du denn machen? Hast du neuen Stoff? Pillen? Alk? Lucas und Meike wollen bestimmt auch was!"
„Besser," antwortete Klausi strahlend. „Aber seht selbst. Das ist so megacool. So was habt ihr noch nie gesehen."
Ein Kellerraum war im Stil der 80er Jahre als Partyraum eingerichtet worden. An der Decke hing tatsächlich eine Discokugel und an den Wänden hingen Poster von Stars der Neuen Deutschen Welle.
Aber da war nicht das Gruselige, das Lucas in diesem Raum entdeckte, obwohl das Gruselige irgendwie auch ein bisschen albern wirkte.
Auf einem Tisch lagen Papierschnipsel, die auf einem Tisch angeordnet waren. Es standen Buchstaben auf ihnen in der Mitte befand sich ein Glas.
Meike kicherte. „Sag nicht, du willst Gläserrücken machen. Das klappt doch gar nicht. So was haben wir Mädchen auf Geburtstagspartys auch schon gemacht. Aber da waren wir dreizehn! Dreizehn!"
„Das ist cool! Das funktioniert!", widersprach Klausi mit ernstem Gesichtsausdruck.
Lucas war begeistert. Nicht über den Vorschlag, Gläserrücken zu machen. Er glaubte nicht, dass so etwas funktionierte, war aber, aufgrund seiner Vergangenheit, ein bisschen vorsichtig. Es gab schließlich auf der anderen Seite nichts, was es nicht gab.
Er war vor allem darüber begeistert, dass Klausi tatsächlich dazu in der Lage gewesen war, Buchstaben auf die Zettel zu schreiben. Anscheinend hatte er ihn unterschätzt, denn das hatte er ihm nicht zugetraut.
„Als nächstes weiß er noch, wie die Klospülung funktioniert," dachte Lucas und die ganze Situation hätte ihn wahrscheinlich zum Lachen gebracht, hätte es nicht seine Vorerfahrung in Sachen Übersinnliches gegeben.
„Also, dann lasst uns mal anfangen," forderte Klausi die anderen auf und setzte sich an den Tisch. Nun zündete er, klischeehafter ging es nicht mehr, auch noch eine Kerze an.
Er wurde ein bisschen ungeduldig. „Jetzt kommt schon, seid keine Spielverderber. Nur eine Runde. Beim letzten Mal habe ich mit Napoleon gesprochen."
Lucas konnte sich eine Bemerkung nicht vergleichen. „Ach, du kannst französisch? Das hat er doch bestimmt gesprochen, oder?"
„Nein, kann ich nicht. Geister sprechen immer die Sprache von denen, die sie rufen. Aber du hast von so was bestimmt keine Ahnung," antwortete Klausi und zündete sich eine seiner stinkenden Zigaretten an.
„Meike, lass uns gehen," sagte er jetzt wirklich zu seiner Freundin.
Er hatte keine Lust mehr auf diese Party, bei der er, Meike und Benny anscheinend die einzigen Gäste waren. Abgesehen von irgendwelchen Geistern, die Klausi rufen wollte, natürlich.
Leider hatte Meike nun doch Blut gelegt, zumal Benny inzwischen Platz genommen hatte. „Komm schon, das wird lustig," sagte sie und setzte sich ebenfalls an den Tisch.
Meike zuliebe gab Lucas schließlich nach und nahm neben ihr Platz, während Klausi das Glas in die Mitte der ausgeschnittenen Buchstaben schob. „Fertig? Dann rufen wir jetzt einen Geist. Bin gespannt, wer kommt!"

DU LIEST GERADE
Dämonische Statuen - Rache
Mystery / ThrillerDiese Geschichte bringt die verschiedenen Handlungsstränge aus Dämonische Statuen - Zwei Feinde und Dämonische Statuen - Jessicas Geschichte zusammen. Vier der Höllendämonen wurden bereits besiegt, aber die Dämonenjäger werden nach wie vor gefordert...