Dennis blinzelte, als Britta das Schlafzimmer betrat und das Licht einschaltete. Konnte sie ihn nicht einfach in Ruhe schlafen lassen?
„Morgen früh gehst du zum Arzt!", sagte Britta halb ärgerlich und halb besorgt. „Und ich rede noch mal mit meiner Mutter. Es geht nicht, dass sie in unserer Wohnung ausmistet."
Sie seufzte. „Aber da stoße ich wahrscheinlich auf taube Ohren. So lieb ich sie auch habe, in der Beziehung geht sie mir auf die Nerven!"
Dennis griff nach der Wasserflasche, die auf seinem Nachttisch stand. Heftiger Durst plagte ihn und er fühlte sich, als hätte er zu allem Übel auch noch Fieber bekommen.
„Du siehst wirklich nicht gut aus," sagte Britta. „Ich lass Anna-Lena besser nicht rein zu dir. Sonst steckt du sie noch an."
Sie schüttelte den Kopf. „Und das kam so plötzlich! Bestimmt hast du dir irgendein Grippevirus eingefangen! Am Ende ist es noch diese merkwürdige Schweinegrippe! Vielleicht hättest du dich ja doch impfen lassen sollen."
„Glaub ich nicht....," murmelte Dennis, aber Britta wurde mit einem Mal sehr ernst.
„Versteh das bitte nicht falsch. Aber ich mache mir wirklich Sorgen! Stell dir vor, ich stecke mich an! Am Ende passiert dem Baby noch was. Und für Anna-Lena könnte das auch gefährlich werden!"
Sie dachte einen Augenblick nach. „Du gehst morgen früh zum Arzt und lässt dich gründlich untersuchen. Wenn er in Sachen Schweinegrippe Entwarnung gibt ist alles in Ordnung. Aber bis wir das wissen gehe ich besser zu meinen Eltern."
Dennis antwortete nicht, nickte aber schließlich zustimmend. Im Augenblick machten ihn seine Schuldgefühle fast wahnsinnig und bei seinen Schwiegereltern waren Britta und Anna-Lena wenigstens sicher. Er wusste seine Familie dort in guten Händen, denn auch wenn sie in Sachen Wohnungseinrichtung und Pflanzengeschmack gänzlich anderer Ansicht waren verstand sich Britta mit ihren Eltern sehr gut.
Außerdem waren seine Schwiegereltern leidenschaftliche Großeltern und das Gästezimmer, das direkt neben Brittas ehemaligem Kinderzimmer im Obergeschoss des Einfamilienhauses lag, glich eher einem großen Spielzeugladen. Natürlich gab es dort auch ein Bettchen für Anna-Lena und eine Wiege für das neue Baby stand auch schon im Raum.
Selbstverständlich hatte der Großvater im Garten eine Schaukel für Anna-Lena und ihr künftiges Geschwisterchen aufgebaut und im Augenblick dachte er über die Anschaffung einer Rutsche und eines Sandkastens nach.
Auch er und Britta wurden dort in aller Regel verwöhnt und verhätschelt.
„Grüß die beiden schön von mir," krächzte Dennis. „Und ich sag dir dann Bescheid, wenn ich beim Arzt war..."
Eine halbe Stunde später hatte Britta ein paar Sachen gepackt und verließ mit ihrer Tochter die Wohnung, während Dennis sich aufrichtete und zum Fenster wankte. Dort stützte er sich am Fensterrahmen ab und sah zum Park hinüber.
Dort wartete Carolina auf ihn, auch wenn ihn die Eisenkrautpflanzen vor ihrem Ruf schützten. Er wusste, dass ein erneutes Treffen mit ihr wahrscheinlich das letzte sein würde, was er in seinem Leben erlebte.
Er wunderte sich darüber, wie wie wenig ihn dieser Umstand interessierte und er wunderte sich auch darüber, wie sehr ihn auf der einen Seite seine Schuldgefühle gegenüber Britta und Anna-Lena beinahe auffraßen und wie sehr er sich auf der anderen Seite nach Carolina sehnte....
Da half auch kein Eisenkraut mehr. Für ihn war es zu spät....
An diesem Sonntagabend regnete es und Jonas zog sich die Kapuze seiner Jacke über den Kopf. Auch wenn er sich über das nasskalte Wetter ärgerte wusste er dennoch, dass es auch einige Vorteile mit sich brachte.
Zumindest ging bei diesem Sauwetter, wie es seine Mutter Hedwig immer zu nennen gepflegt hatte, kaum jemand freiwillig vor die Tür.
„Nur ich! Und Dämonen," dachte er, während er den Park kurz nach Einbruch der Dunkelheit dieses Mal von der anderen Seite aus betrat.
„Dennis ist allein zu Haus," dachte er, da Britta natürlich bei Julia angerufen und ihre beste Freundin über den neuen Aufenthaltsort bei ihren Eltern informiert hatte.
Obwohl dieser Umstand praktisch war und auch Britta und Anna-Lena auf diese Weise nicht in Gefahr gerieten, konnte Jonas ein verächtliches Grinsen nicht unterdrücken. „Das passt zu Britta! Lässt ihren eventuell, zumindest in ihrer Vorstellung an Schweinegrippe erkrankten Mann irgendwo liegen und bringt sich selber in Sicherheit! Wie liebevoll! Umgekehrt wäre es sicherlich anders und Dennis würde an ihrem Bett sitzen...."
Auf der anderen Seite konnte er es Britta auch nicht verübeln, dass sie ihr ungeborenes Baby und Anna-Lena nicht in Gefahr bringen wollte.
„Und jetzt heißt es warten," dachte er schließlich und setzte sich hinter einem Busch an einer halbwegs trockenen Stelle auf den Boden.
Er fragte sich, wie viel Zeit er dieses Mal dort verbringen musste und ob die Statue in dieser Nacht zum Leben erwachen würde. Er ahnte, dass es eine lange Nacht werden würde und dann kam ihm ein Gedanke.
Vielleicht spürte die Statue, auch wenn er den Park dieses Mal von der anderen Seite und auf Schleichwegen verlassen hatte, seine Gegenwart. Dann würde sie ganz sicher keinerlei Lebenszeichen von sich geben und er würde umsonst auf seinem Platz an dem Boden Wurzeln schlagen.
„Also raus aus dem Park! Ich gebe auf!", sagte er schließlich halblaut und er hoffte darauf, dass die Statue es mitbekam.
„Ich hab mich getäuscht! Ich glaub, ich gehe nach Hause. Es hat keinen Sinn! Hier gibt es keine Dämonenstatue, und wenn es sie gibt wird sie wahrscheinlich gar nicht lebendig werden."
Er bemühte sich um einen möglichst frustrierten Gesichtsausdruck, als er an der Statue vorbei den Park verließ und schließlich vor Dennis Haus stehen blieb.
„Gut so, Britta ist nicht da!", dachte er erneut, als er klingelte und nicht lange danach einem sehr überraschten und halb tot wirkenden Dennis gegenüber stand.
„Hallo, Dennis," sagte er, während dieser sich am Türrahmen festhielt um nicht zusammenzubrechen.
„Kann ich bei dir übernachten? Ich wollte eigentlich noch mal nach dieser Statue schauen, aber ich glaube, das gibt nichts mehr..."
Er folgte Dennis ins Wohnzimmer und dieser schien überhaupt nichts mehr zu verstehen.
„Die Statue? Du glaubst...sie wird nicht lebendig? Und warum willst du sie diese Nacht noch mal beobachten?", erkundigte sich Dennis.
Jonas zuckte die Achseln. „Ich dachte, dass ich diese Nacht vielleicht mehr Glück habe und hab mich von der anderen Seite in den Park geschlichen, aber das gibt nichts mehr! So viel Erfahrung hab ich mit den Dingern doch. Ich glaube, die wird nur bei einer bestimmten Mondphase lebendig! Mit so einer Statue hatte ich es schon mal vor einem halben Jahr zu tun...."
Letzteres war gelogen, aber es war wichtig, dass Dennis ihm glaubte. „Ich muss mal im Internet nachsehen, welche Mondphase wir hatten, wenn ein Mord geschah. Vielleicht ist sie auch einfach sehr klug und hat mich bemerkt und weiß, dass ich hinter ihr her schleiche. Aber ich muss morgen früh eh zu meinem Vater, wir müssen ein paar Sachen wegen meiner Mutter klären. Darum macht es nicht so viel Sinn, wenn ich jetzt nach Hause fahre....bin ziemlich müde...."
Jonas gähnte und hoffte, dass seine Ausrede nicht zu blöd klang. „Ich kann ja ein Fenster auflassen, falls Schreie aus dem Park zu hören sind. Aber ich glaube wirklich nicht, dass sie sich heute Nacht rührt. Ich muss es ein anderes Mal noch mal probieren!"
Dennis schien viel zu erschöpft zu sein und hörte Jonas anscheinend nicht mehr richtig zu. „Dann leg dich aufs Sofa. Ich gehe ins Bett. In der Küche findest du Apfelsaft und Mineralwasser. Nimm dir ruhig was....und Britta hat mir ein paar Brötchen dagelassen...."
„Wie nett von ihr!", murmelte Jonas, aber Dennis hörte ihm nicht mehr zu, sondern schlurfte in sein Schlafzimmer, während Jonas es sich auf dem Sofa bequem machte und den Fernseher einschaltete.
„Ich muss noch überzeugender sein," dachte er und rief nun Julia an.
Auch ihr teilte er mit, dass er zwar bei Dennis übernachten, aber keine Jagd mehr auf die Statue machen würde.
„Ich hab irgendwie im Gefühl, dass ich da einen Monat lang jede Nacht stehen könnte, ohne dass sich was tut. Letzte Nacht ist ja auch nichts passiert, und ich muss morgen früh noch mal mit meinem Vater reden. Wir müssen uns wegen meiner Mutter ein paar Dinge einfallen lassen..."
Es missfiel ihm, dass er sogar seine Frau belog, was seine weiteren Pläne anging, aber er ahnte, dass die Statue irgendwie genau im Bilde darüber war, was in ihrer Umgebung vorging. „Ich werde mich hinterher bei Julia entschuldigen! Ich bringe ihr Blumen mit und lade sie zum Essen ein. Oder fahre mit ihr in den Urlaub! Sollten wir sowieso endlich mal machen. Ich rutsche vor ihr auf den Knien herum und hoffe, dass sie es versteht," dachte Jonas, während Julia das Wort ergriff.
„Dann hast du dich halt getäuscht! Wäre ja nicht das erste Mal! Denk mal an diesen Dämon in Bremen! Und den in Südfrankreich! Da hast du ewig herumgestanden und hinterher war gar nichts!"
„Ja...Südfrankreich....", antwortete er.
Julia hatte also irgendwie direkt richtig geschaltet und kannte ihn wohl doch besser, als er dachte. „Das war wirklich deprimierend! Unser schöner Südfrankreichurlaub...."
„Der war ruiniert!", schimpfte Julia und Jonas versuchte, ernst zu bleiben.
Sie waren noch niemals in Südfrankreich gewesen und auch diesen Dämon aus Bremen hatte es nie gegeben.
„Bis morgen dann....und ich mach es wieder gut, versprochen," sagte er. „Nicht böse sein...."
Sie beendeten das Gespräch und er hoffte, dass Julia sich jetzt nicht zu viele Sorgen machte. Schließlich wusste sie nicht, was er wirklich plante und war froh, dass sie so gut reagiert und ihn damit unterstützt hatte.
Er schwor sich, ihr tatsächlich einen dicken Blumenstrauß mitzubringen.
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Dämonische Statuen - Rache
Mystery / ThrillerDiese Geschichte bringt die verschiedenen Handlungsstränge aus Dämonische Statuen - Zwei Feinde und Dämonische Statuen - Jessicas Geschichte zusammen. Vier der Höllendämonen wurden bereits besiegt, aber die Dämonenjäger werden nach wie vor gefordert...