Kapitel 18

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 Jonas und Julia saßen auf dem Sofa und teilten sich eine große Pizza, während sie einen Film im Fernsehen anschauten. Es handelte sich um eine Komödie in der sich eine Geisterfrau und ein arroganter Geschäftsmann ineinander verliebten.

Julia fand den Film ganz lustig, aber er erinnerte sie auch ein Brittas „Geisterproblem". Sie griff nach einem Stück Pizza, ehe sie fragte: „Glaubst du, dass hinter Brittas Geistern mehr steckt? Ich glaube irgendwie nicht, dass sie einfach nur spinnt oder eine neue Brille braucht! Irgendwie nimmt es in der letzten Zeit fast schon überhand!"

Jonas zuckte die Achseln. „Keine Ahnung. Ich glaube aber eher, dass sie einfach nur müde ist oder etwas in der Art. Sie hat dir doch mal erzählt, dass sie im Moment nicht viel zum Schlafen kommt, oder? Und vielleicht hat sie ja schon so was wie eine Erwartungshaltung, sobald sie das Haus verlässt!"

Julia lachte. „Jetzt bist zu zum Amateurpsychologen mutiert, was? Das Unbewusste, das nach dem sucht, was man erwartet....auch wenn es vielleicht eine Erklärung wäre. Und sie ist wirklich müde, Anna-Lena kriegt doch Zähne und hat ein paar Nächte durchgemacht. Aber das Ganze geht ja schon länger so."

Letzteres sagte sie nachdenklich und fügte hinzu: „Ich mache mir Sorgen. Nicht, dass das ganze für sie irgendwie gefährlich ist, falls es doch was Übernatürliches sein sollte!"

„Dann wird sie sich schon melden," antwortete Jonas, während der Film durch Werbung unterbrochen wurde. Er schaltete um.
„Ist sonst noch was? Du bist irgendwie so ruhig heute Abend. Gab es Ärger bei der Arbeit?"

Sie überlegte kurz, ob sie Jonas von ihrem Ärger mit Herrn Valler erzählen sollte, entschied sich dann aber doch dagegen. Vielleicht hatte sie ja auch wirklich etwas in den falschen Hals bekommen?

Warum sollte sie die Pferde scheu machen? Aber ein Teil ihres Verstandes sagte ihr, dass es ein Fehler war zu schweigen. Leider konnte er sich nicht durchsetzen.

„Alles klar. Ein Kollege nervt ein bisschen....aber ansonsten ist alles in Ordnung!"






Irgendwo im Haus schlug ein Fenster zu und das Geräusch lenkte Britta kurz ab. Anscheinend war draußen ein leichter Wind aufgekommen, der sich nun zum Regen gesellte.

Britta trug die weinende Anna-Lena nun schon eine halbe Stunde durch die Wohnung, aber die Kleine wollte sich nicht wirklich beruhigen lassen.
„Schon gut, Schatz," sagte Britta und drückte ihre nun fast schon ein Jahr alte Tochter ein wenig fester an sich. „Es geht dir bestimmt bald besser. Morgen früh gehen wir zum Onkel Doktor und dann geht es dir bald besser."
„Papa...", krächzte Anna-Lena und unter anderen Umständen hätte sich Britta darüber gefreut. Bislang war „Mama" das einzige Wort ihrer Tochter gewesen, von unverständlichen Brabbellauten einmal ganz abgesehen.
„Papa kommt bald!", versuchte sie die Kleine zu beruhigen. „Er feiert noch ein bisschen und dann kommt er ganz bald nach Hause,"

Sie stimmte ein Schlaflied an, obwohl sie wusste, dass dies nicht allzu viel bringen würde. Anna-Lena reagierte so gut wie gar nicht auf beruhigende Dinge wie Lieder oder Spieluhren.

„Papa kommt bald...," sagte Britta und sie spürte Übelkeit in sich aufsteigen.

Mit ihrem Kreislauf stand es in dieser Nacht nicht zum Besten und sie verfluchte diese Begleiterscheinungen ihrer zweiten Schwangerschaft erneut.
„Hoffentlich hört das bald mal auf! Wäre das beim ersten Mal schon so gewesen, dann hätte ich mir das mit dem zweiten Kind überlegt....entschuldige Baby! Das ist nicht gegen dich gerichtet! Du kannst ja auch nichts dafür...."


Eine halbe Stunde später schlief Anna-Lena endlich und Britta kehrte in ihr Bett zurück. Zuvor hatte sie auf die Uhr geschaut.
„2 Uhr Nachts! Muss das denn sein? Warum kommt er nicht früher," ärgerte sie sich und rückte sich ihre Kissen besser zurecht, um es ein wenig gemütlicher zu haben.

Sie hatte Dennis zwar gesagt, dass es ihr nichts ausmachte, dass er an diesem Abend zur Betriebsfeier ging und ihm sogar viel Spaß gewünscht. Aber dennoch hatte sie insgeheim gehofft, dass er von sich aus früh nach Hause kam. Leider gehörte das Beherrschen der Kunst des Gedankenlesens nicht zu den Fähigkeiten ihres Mannes.

„Ich warte nicht auf ihn! Er hat einen Schlüssel. Hoffentlich macht er keinen Krach, wenn er reinkommt und ins Bett geht," dachte sie säuerlich und versuchte, zur Ruhe zu kommen.






Dennis sah dem Auto des Arbeitskollegen, der ihn am Ortseingang abgesetzt hatte, nach. „Na, toll. Die paar Meter bis zu meiner Wohnung hätte der mich auch noch fahren können," ärgerte er sich, aber der Kollege, der sich angeboten hatte, ihn nach der Betriebsfeier mit nach Hause zu nehmen, hatte es selber eilig gehabt und sehnte sich offenbar nach seinem Bett.

Immerhin regnete es nicht mehr, auch wenn mittlerweile ein wenig Wind aufgekommen war. Alles in allem handelte es sich um eine Herbstnacht, wie sie im Buche stand.

„Fast halb drei!", dachte Dennis. „Arme Britta, hoffentlich konnte sie überhaupt schlafen! Sonst ist sie wieder den ganzen Tag schlecht gelaunt!"

Im Grunde genommen hatte er den Abend genossen. Seine Firma hatte sich bei der Ausrichtung des Sommerfestes nicht lumpen lassen. Das Essen war gut gewesen und er gestand sich ein, dass er sich ein Bier zu viel genehmigt hatte.

An Autofahren war nicht zu denken gewesen.

Er beschloss, den Weg zu seiner Wohnung abzukürzen und durch den kleinen Park zu gehen, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite begann und in der Nähe seiner Wohnung endete. Bei Tag hatten er und Britta schon öfters dort ihre Zeit verbracht, denn in der Mitte des Parks befand sich ein hübscher, neuer Spielplatz.

Kurz sagte er sich, dass es vielleicht keine so gute Idee war, durch einen Park zu gehen. Auch als Mann bestand immerhin die Möglichkeit, niedergeschlagen und ausgeraubt zu werden, von Statuen gar nicht zu reden....

Aber letzteres hatte sich bislang noch nicht in dem Park eingefunden. Es handelte sich um eine statuenfreie Zone, wie er vor einiger Zeit einmal scherzhaft zu Britta gesagt hatte. Und er lebte immerhin im gerade erst aufstrebenden Neubauviertel eines kleinen Dorfes....

„Verbrecher gibt es überall," dachte er, aber dann gab er sich einen Ruck und durchquerte eilig den Park.

Er stutzte kurz, als er bemerkte, dass sich vor ihm auf dem Weg zwei Personen befangen. Sie schlenderten Hand in Hand im Dunkeln und er glaubte ein Kichern zu hören.
Als er näherkam sah er, dass es sich um einen jungen Mann und eine junge Frau handelte. Er überholte die beiden, was die Frau zum Kichern brachte.

„Na, guten Abend! Wir sind gar nicht so allein, wie ich dachte....", sagte die Frau, an ihren Freund gewandt.
„Nein, sind wir nicht. Aber der ist ohne seine künftige Frau hier....im Gegensatz zu mir...."

Erneut kicherte die Frau, während der Mann den Arm um sie legte. Wie lange war es eigentlich her gewesen, seitdem Britta und er so verliebt durch die Gegend gewandert waren?

Dennis war sich nicht sicher, glaubte aber, die beiden vom Sehen her zu kennen. Wahrscheinlich wohnten sie ebenfalls im Neubaugebiet und dem Alter nach hatten sie wohl die erste gemeinsame Wohnung bezogen.
„N Abend," nuschelte Dennis und nickte den beiden kurz grüßend zu, ehe er an ihnen vorbei eilte – um kurz vor dem Ausgang des Parks erneut auf ein Hindernis zu stoßen.

Auf einem Sockel stand – am Wegesrand – eine Statue!

„Oh nein...," dachte Dennis und stellte erleichtert fest, dass das Ding keine rot leuchtenden Augen besaß. Vielleicht war es ja wirklich nur eine gewöhnliche Statue.
„Die muss neu sein," dachte er. „Die war letzte Woche noch nicht hier!"

Unwillkürlich blieb er kurz stehen um zu lesen, was auf einem Schild auf dem Sockel stand.

„Gräfin Carolina von Stegenich, 1825-1844
Statue von 1844, stand ursprünglich vor Schloss Stegenich,
dieses wurde 2008 abgerissen, die Statue fand Ende September
2009 ein neues Zuhause an ihrem heutigen Platze.

„Trauet niemals den Worten eines Liebenden"



Dennis erinnerte sich, etwas über den Abriss des baufälligen Schlosses gelesen zu haben. Offenbar war es zu lange vernachlässigt worden und es bestand überall akute Einsturzgefahr. „War nichts mit Denkmalschutz! Nur noch eine Bruchbude," dachte er und beeilte sich, an der Statue vorbei zu gehen.

Trotzdem blickte er unwillkürlich auf. Leuchteten die Augen etwa rot? Erleichtert stellte er fest, dass dem nicht der Fall war. Offensichtlich war diese Statue einfach nur eine Statue, auch wenn er den letzten Satz mit den Liebenden seltsam fand.

„Ich mache trotzdem, dass ich nach Hause komme," dachte er und beschleunigte seine Schritte.

Kurz darauf betrat er das gemeinsame Schlafzimmer, nachdem er einen Blick ins Kinderzimmer geworfen hatte. Anna-Lena schlief tief und fest, während Britta nun kurz aufblickte, als er neben ihr ins Bett schlüpfen wollte.
„Endlich....sie schläft noch nicht lange....," murmelte sie schlecht gelaunt, aber Dennis war zu müde, um sich zu streiten.

„Wir hatten doch abgemacht, dass ich heute zur Betriebsfeier gehe! Da musste ich mich blicken lassen, sonst wäre mein Chef sauer gewesen! Immerhin hab ich letztes Jahr öfters mal gefehlt...diese ganze Dämonengeschichte und so....aber egal. Du hattest doch nichts dagegen..."

Er drehte Britta den Rücken zu, während diese offenbar doch sauer auf ihn war. „Stimmt! Hatten wir abgemacht....und nein, es macht mir nichts aus...."

„Na, dann ist ja alles gut," antwortete er und versuchte, nicht zu sarkastisch zu klingen. Dennis schloss die Augen. Kurz darauf schlief er ebenso tief und fest wie seine Tochter.  

Dämonische Statuen - RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt