Kapitel 35

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 Als Julia endlich nach Hause zurück kehrte musste sie feststellen, dass der grässliche Tag noch nicht zu Ende war, denn Jonas deutete auf einen auf dem Wohnzimmertisch liegenden Brief.

„Der ist vom Gericht! Ich hab in drei Wochen Verhandlung....", sagte er und schien seine Worte fast sofort zu bereuen, denn Julia stand kurz davor, in Tränen auszubrechen.

Allmählich wurde ihr alles zu viel. Der stalkende Kollege, das Strafverfahren ihres Mannes, immer wieder diese verfluchten Dämonen....

Dankbar schloss sie die Augen als Jonas die Arme um sie legte und sie schließlich neben sich auf das Sofa zog.
„Jetzt mach dir doch nicht so viel daraus! Ich war doch beim Anwalt. Das ganze wird nicht mit Gefängnis enden. Wahrscheinlich mit einer Geldstrafe. Im schlimmsten Fall Bewährung. Und ich werde mich vor Gericht auch noch mal in aller Form bei den Leuten entschuldigen und winzig kleine Brötchen backen. Es war ja auch ein großer Fehler, vor allem weil ich die Falschen erwischt habe..."
„Die Schnickse hätte dich auch angezeigt und dann wärst du jetzt in der gleichen Lage," schniefte Julia und gab sich schließlich einen Ruck.
„Und ich muss dir jetzt etwas erzählen. Aber du darfst nicht losstürmen und die Haustür eintreten, okay?"

„Wessen Haustür?", fragte Jonas. „Was meinst du damit?"

Julia löste sich aus der Umarmung ihres Mannes und lehnte die Ellbogen auf ihre Knie.„Die von meinem Kollegen Gerd Valler! Er stalkt mich regelrecht, und das schon eine ganze Weile. Heute hat er sogar mein Auto zerkratzt!"

Schließlich berichtete Julia von all den Dingen, die in der letzten Zeit im Zusammenhang mit Gerd Valler vorgefallen waren. Jonas hörte ihr zu und sie war dankbar darüber, dass er sich mit wütenden Bemerkungen zurückhielt, auch wenn sie bemerkte, dass er sichtlich angespannt war.
„Ich weiß nicht, was ich machen soll!", schloss sie ihren Bericht.

„Diese Ratte!", sagte Jonas leise. „Ich drehe ihm den Hals um...."

Er unterbrach sich und drückte Julias Hand. „Keine Angst, ich mache das nicht wirklich, auch wenn ich Lust darauf hätte. Trotzdem sollte er mir besser nicht über den Weg laufen....und ich bringe dich morgen früh zur Arbeit und hole dich auch wieder ab! Wenn ich den Kerl sehe, dann werde ich ihm sagen, was ich von ihm halte....und das fällt mir nicht leicht....es einfach nur zu sagen..."
„Du darfst ihm nichts antun!", nuschelte Julia. „Dann endest du am Ende doch noch im Knast! Das ist er doch gar nicht wert!"

„Aber ich passe jetzt auf dich auf! Und wenn er sich in deiner Nähe blicken lässt kann er sich auf was gefasst machen!", sagte Jonas und beruhigte seine Frau sofort wieder. „Mir egal, wenn ich wie ein Macho wirke....aber...ich rühre ihn nicht an! Ich werde ihm ordentlich Bescheid geben...ich versuche alles legale....aber wenn das nichts nutzt....aber das wird es schon!"







Am nächsten Tag brachte Jonas seine Frau zur Arbeit. Er parkte das Auto vor seiner und ihrer ehemaligen Schule und sie stiegen gemeinsam.
„Das ist nicht nötig! Du brauchst mich nicht bis zur Tür zu bringen," sagte sie, aber er schüttelte den Kopf.
„Wir wissen doch nicht, ob dieser Perverse nicht irgendwo im Gebüsch lauert! Solche Leute sind unberechenbar!"

Sie gab nach. „Na gut, und ich werde auch mit dem Rektor sprechen, wenn er aus dem Urlaub zurück kommt! Er hat sich diese Woche freigenommen und ist verreist."
„Eine gute Entscheidung," antwortete Jonas, während er ihr die Tür aufhielt. „Und so lange hast du deinen Bodyguard."

Sie erlaubte sich ein kurzes Grinsen. „Personenschützer wäre auch ein guter Beruf für dich."

Er gab ihr zum Abschied noch einen Kuss.„Dann mach es gut! Und sobald der Kerl sich wieder irgendetwas leistet, sagst du mir Bescheid! Ich hol dich dann heute Nachmittag nach Feierabend wieder ab!"

Jonas wartete, bis Julia die Schule betreten hatte. Glücklicherweise lag das Sekretariat direkt gegenüber des Eingangs und Julia hatte berichtet, dass ihre Kollegin Frau Hellenberg in aller Regel schon vor ihr am Arbeitsplatz war. Somit war sie zumindestens nicht allein und vor einer Zeugin würde sich Valler vielleicht zurück halten.

Jonas machte sich auf den Weg zum Auto, als er eine Bewegung hinter einem Baum in der Nähe seines Autos wahrnahm.
Wurde er von Gerd Valler beobachtet? Er würde ihn erkennen, denn Julia hatte ihm ein Foto gezeigt, auf dem Herr Valler zu sehen war. Eigentlich hatte sie am Tag der offenen Tür vor zwei Wochen den Obststand der 6 B fotografieren wollen, aber dieser grässliche Valler hatte sich ins Bild gedrängt und wie ein Bodybuilder posiert. Sogar die drei Schüler der 6 B, einen Jungen und zwei Mädchen, die Julia eigentlich hatte fotografieren wollen, waren zur Seite gedrängelt worden und von ihnen war kaum etwas zu erkennen.

„Gut, dass sie das Bild doch nicht gelöscht hat," dachte Jonas und er tat so, als habe er die Bewegung hinter dem Baum nicht wahrgenommen. Es musste Valler sein. Wer sonst sollte pünktlich zu Julias Dienstbeginn hinter einem Baum lauern und sie und ihn beobachten? Sein Verdacht bestätigte sich denn auch und anscheinend hatte er, als er sich von seiner Frau verabschiedete, einen Augenblick nicht aufgepasst und leider war sein geliebter Wagen vom Schuleingang aus nicht zu sehen gewesen...
An der Autotür ballte er eine Hand zur Faust, denn ein Kratzer, wenn auch nicht so groß wie der an Julias Wagen, zog sich über seine Fahrertür.

„Na warte," fluchte er und machte einen schnellen Satz zum nahen Baum und packte den dort lauernden Mann an der Jacke.
„Hey, was soll das?", empörte sich der nach Zigarettenrauch riechende Kerl und Jonas dachte bei sich dass er schon an Aschenbechern gerochen hatte, die weniger stanken.

Er erkannte ebenfalls, dass es sich tatsächlich um Gerd Valler handelte.

„Lassen Sie mich los," forderte der Lehrer Jonas auf. „Was wollen Sie denn überhaupt von mir?"


Jonas lachte verächtlich auf. Der Mann war einfach nur...erbärmlich. Kein wirklicher Gegner für jemanden, der an Dämonenstatuen gewöhnt war. Aber Valler wurde nun einmal durch menschliche Gesetze geschützt, also galten für ihn andere Maßstäbe.
„Stellen Sie sich nicht dümmer als Sie sind, auch wenn das ein Problem werden dürfte! Sie haben den Schlüssel, mit dem Sie meinen Wagen und wahrscheinlich gestern den Wagen meiner Frau zerkratzt haben ja noch in der Hand! Und wenn man ihr Handy genau untersuchen würde, und glauben Sie mir, Experten können das heutzutage, würde man wahrscheinlich auch herausfinden, dass Sie Julia Schneider, nicht Becker, andauernd SMS schicken und sie belästigen!"

„Äh....aber Herr Schneider....", stammelte Gerd Valler. „Ich hab das nicht...."

„Nicht so gemeint?", fragte Jonas und drückte sein Gegenüber unsanft gegen den Stamm des Baums. „Für so was gibt es einen Begriff! Stalking! Keine Ahnung, wie genau das heute bestraft wird, aber das sollte nicht Ihr Problem sein! Ich bin ihr Problem, das können Sie mir glauben!"

Der Lehrer wollte Jonas von sich wegstoßen, aber dies führte lediglich dazu, dass er noch fester gegen den Baum gedrückt wurde, was ihm einen leisen Schmerzschrei entlockte.

„Sie sind ein jämmerliches Etwas! Dieses Mal bin ich noch nett zu Ihnen! Beim nächsten Mal werden Sie nicht so gut davon kommen!", sagte Jonas und Gerd Valler zuckte zusammen, als er Jonas ins Gesicht sah.
„Sie sind....wahnsinnig....," stammelte der Lehrer und versuchte sich aus dem Griff seines Gegners zu befreien.
Jonas drückte noch fester zu. „Nein, nur ein Ehemann, der nicht zulässt dass seine Frau weiterhin belästigt wird! Und ich sage es Ihnen jetzt ein einziges Mal, und wirklich nur dieses eine Mal im Guten. Lassen Sie Julia in Ruhe! Schicken Sie ihr keine SMS, keine dämlichen Blumen und gehen Sie ihr aus dem Weg! Halten Sie sich von ihrem Büro fern, sprechen Sie sie in der Pause auf dem Schulhof nicht an und fassen Sie ihr Auto nicht an! Lassen Sie sie in Ruhe! Haben Sie das verstanden?"

Gerd Valler nickte und schien wirklich Angst vor Jonas zu haben.

Dieser ließ den Lehrer los und deutete auf sein Auto. „Bevor ich es vergesse, einmal werden wir noch Kontakt haben! Ich lasse mir einen Kostenvoranschlag für meinen und Julias Wagen machen! Natürlich werden Sie für die Kratzer aufkommen. Ich schicke Ihnen die Rechnungen samt meiner Kontonummer!"

Der Lehrer nickte und Jonas deutete in Richtung Straße. „Sie haben doch jetzt Ferien, nicht wahr?"

Gerd Valler nickte. „Ja..."

Jonas lächelte ihn verächtlich an. „Gut so! Ihren Urlaub sollten Sie nicht an Ihrem Arbeitsplatz verbringen. So haben Sie ja keinen Grund, sich noch länger hier herumzutreiben! Gehen Sie nach Hause, korrigieren Sie Arbeiten oder bereiten Sie Ihren Unterricht vor! Obwohl, jemand wie Sie sollte sich vielleicht besser an einen Arbeitsplatz versetzen lassen, wo sie nichts mit menschlichen Wesen zu tun haben. Verschwinden Sie von hier! Außerdem können Sie davon ausgehen, dass ich meine Frau jetzt täglich zur Arbeit bringe und auch abhole! Sie werden auch keine Gelegenheit mehr haben, sie zu belästigen! Sie wird es mir sagen, wenn noch einmal etwas vorkommt!"

Herr Valler machte Anstalten, davon zu gehen, aber Jonas ergriff ihn am Arm und hielt ihn fest! „Sie sind gut davon gekommen! Beim nächsten Mal ist das nicht so!"

Er ließ den Mann, der Julia seiner Meinung nach viel zu lange belästigt hatte los und sah ihm nach, während dieser davon ging.

„Hoffentlich hat das gereicht! Vielleicht hat es ja was gebracht, dass ich ihm mal ordentlich Bescheid gesagt habe. Aber ich werde Julia trotzdem im Auge behalten! Nicht, dass der Kerl noch irgendwas plant!", dachte Jonas und machte sich nach wie vor Sorgen.

„Ich werde bei der Reparatur der Autos nicht nach der preiswertesten Möglichkeit suchen! Kann sein, dass es ein bisschen teurer wird," rief er Gerd Valler nach, der seinen Schritt beschleunigte.  


Dämonische Statuen - RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt