Kapitel 14

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  Eine halbe Stunde später befanden sich Dieter und seine drei Mitbewohner auf dem Weg nach Hause. Sie hatten sich dazu entschieden, seinen Wagen stehenzulassen und ein Taxi zu nehmen. Nun saß Dieter neben dem Taxifahrer, der an seinem Radio herumfuchtelte und erst damit aufhörte, nachdem er einen Sender mit Schlagermusik gefunden hatte.
„Das macht Laune," sagte der Mann und Dieter verkniff sich einen Kommentar. Statt dessen drehte er sich um und sah, dass die anderen drei Mitfahrenden auf der Rückbank kurz vor dem Einschlafen standen.
Felix saß in der Mitte und er hatte einen Arm um Jessica gelegt, die sich an seine Schulter ankuschelte und die Augen geschlossen hatte.
Auch Anita lehnte mit dem Kopf an Felix anderer Schulter und dieser spielte schlaftrunken mit einer von Jessicas Haarsträhnen, während auch ihm die Augen zufielen.

„Ich glaube, die drei müssen ins Bettchen," dachte Dieter und bedauerte es, dass er sich nicht nach hinten in die Mitte gesetzt hatte.

Er seufzte, als der Taxifahrer damit begann, den Text eines Schlagers, den Dieter unter die Rubrik „Lied, das einem den letzten Nerv raubt", einstufte, mitzusummen begann. Außerdem machte sich seine Blase bemerkbar.

„Bald sind wir da....," dachte er, als sie an einem Waldstück vorbei fuhren. Diese Stelle des Weges kannte er und mochte ihn nicht besonders. „Da wollten meine Eltern mit mir spazieren gehen, als ich klein war, aber ich hab Theater gemacht....und sie haben sich auch nicht wirklich wohl gefühlt," dachte er, bat den Taxifahrer aber dennoch, anzuhalten. Die Natur forderte ihr Recht.
„Entschuldigen Sie bitte....aber ich....müsste mal raus....."

Der Fahrer lachte und stoppte den Wagen. „Natürlich. Ich warte hier. Läuft ja ein gutes Musikprogrammm...."
„Ja, sehr gut....," antwortete Dieter, als er ein Stück in den Wald hinein ging. Nicht weit von hier befand sich ein Waldweg, daran glaubte er sich noch zu erinnern, als er ein Stück entfernt Scheinwerfer oder etwas in der Art zu erkennen glaubte.

„Wer treibt sich denn so spät hier herum? Teenies, die Party machen wollen?", dachte er, während er, nachdem er sein dringendes Bedürfnis erledigt hatte, Anstalten machte, zum Auto zurück zu kehren. Den Gedanken an Teenager verwarf er unterdessen wieder. Was war das für ein Wagen gewesen? Viel zu groß und irgendwie...unpassend in dieser Gegend....

Er überlegte, noch einmal umzukehren um nachzuschauen, auch wenn etwas ihm zurief, es nicht zu tun, aber dann sah er etwas auf sich zukommen und wurde unsanft zu Boden gestoßen.

Dieter stieß mit seinem Unterarm gegen eine Wurzel und schrie kurz auf. „Mist! Verfluchter.....was war das?"

Er setzte sich auf und rieb seinen Unterarm, während er sich umsah, aber was immer ihn auch angestoßen hatte war nicht mehr zu sehen.

War es ein Reh gewesen? Oder ein anderes Tier? Hatte er einfach im Weg gestanden? Was sollte es auch sonst sein....

Sämtliche Ereignisse der letzten Zeit schienen ihm auf einmal in den Sinn zu kommen, aber er verdrängte die Gedanken an Dämonen wieder,währen sich in seinem Kopf alles zu drehen begann. Offenbar machte sich nun der Wein, den er im Restaurant getrunken hatte, doch stärker bemerkbar und der Sturz hatte wohl dazu geführt, dass ihm schwindelig wurde.

„Alles in Ordnung?", hörte er aus einiger Entfernung die Stimme des Taxifahrers und er richtete sich auf und klopfte sich den Schmutz von der Kleidung.
„Alles klar. Ich bin nur gestolpert. Da war wohl ein Reh oder so.....", antwortete Dieter, während er zum Taxi zurückkehrte.

Aber ein paar Zweifel plagten ihn noch und er wandte sich an seine Mitbewohner, aber diese schienen mittlerweile tatsächlich allesamt im Halbschlaf vor sich hinzuträumen.
„Mich hat etwas umgerannt," erklärte er statt dessen dem Taxifarher, während er sich anschnallte und dieser nickte mit einem traurigen Geschichtsausdruck.
„Das kann schon sein. Ich hab hier vor drei Jahren mal einen Hirsch überfahren. Das arme Tier tat mir wirklich leid. Hab dann auch die Polizei gerufen, der Förster kam und letzte Woche sind mir einen Kilometer weiter auch zwei Rehe über den Weg gelaufen. Aber da war ich langsamer unterwegs und es ist nichts passiert."

Der Fahrer lachte, während er den Motor startete. „Vielleicht war es ja auch ein Hase...."

„Ja, bestimmt," antwortete Dieter und schloss die Augen, während im Radio das alte Kinderlied „Weißt du wieviel Sternlein stehen?", erklang.

„Warum nicht? Passt doch zum Abendprogramm....," dachte der junge Mann und hoffte, dass sie bald zuhause sein und im Bett liegen würden.





Zur selben Zeit schaltete Lisa ihre Nachttischlampe aus. Es wurde Zeit, ins Bett zu gehen, denn am nächsten Tag begann in Bayern die Schule.
„Ich hab eigentlich gar keine Lust," dachte sie bedrückt. „Auf dem Schulhof wimmelt es nur so vor Pärchen! Pärchen die Händchen halten, die knutschend in der Ecke stehen und alle, die keinen Freund auf der Schule haben, haben woanders einen."

Sie seufzte. Seitdem Gerrit nicht mehr lebte fielen ihr die vielen Verliebten erst so richtig auf. Oder kam es ihr nur so vor?

Wahrscheinlich war dem so, aber in guten Momenten nervte es sie lediglich und in schlechten machte es sie unendlich traurig.

Auch im Fernsehen liefen an diesem Abend nur Liebesschnulzen und so hatte sie das Gerät ausgeschaltet. Außerdem bedrückte sie noch etwas anderes. Sie hatte es nämlich nur unter Vorbehalt in die letzte Klasse des Gymnasiums gebracht.
In einigen Fächern standen ihre Noten nicht zum Besten und sie und ihre Eltern dachten ernsthaft darüber nach, ob es nicht besser war, wenn sie ein Jahr wiederholte, ehe sie sich an das Abitur heranwagte.

„Morgen steht ein Gespräch mit der Direktorin an," dachte sie mit Unbehagen. Aber im Grunde fühlte sie sich im Augenblick auch nicht wirklich in der Lage, sich auf das Abitur vorzubereiten.

„Früher hat es doch sowieso ein Jahr länger gedauert...," dachte sie, während sie einen kleine Plüschbären an sich drückte. Den hatte Toni ihr zum Abschied geschenkt. Er hatte ihn auf der Kirmes im Nachbarort an einer Losbude gewonnen.

„Armer Toni. Der muss morgen auch wieder zur Schule," dachte sie mit einem Lächeln.

Es hatte ihr gut getan, ihren alten Freund aus Kindertagen wiederzutreffen, auch wenn ihre Mutter sich von dem Wiedersehen sicherlich mehr erhofft hatte als lediglich das Wiederaufleben einer alten Kinderfreundschaft.
„Toni hat eine Freundin. Er ist ganz verrückt nach seiner Sarah," dachte sie ein wenig säuerlich. „Der nächste Verliebte in meinem Umfeld, obwohl er sich mit Schwärmereien zurück gehalten hat. Aber die beiden haben sich die ganze Zeit über eine SMS nach der nächsten geschrieben...."

Nein, entgegen der Hoffnung ihrer Mutter würde aus ihr und Toni ganz bestimmt kein verliebtes Paar werden. Sie hatten sich während Tonis Urlaub dreimal getroffen, einmal waren sie auf der Kirmes gewesen und einmal hatte er sie sogar zum Friedhof begleitet, obwohl er selbst dort das SMS-Schreiben mit seiner Sarah nicht unterlassen konnte.
Das letzte Treffen hatte sie ins Kino geführt. Er hatte ihr die Wahl des Films überlassen und zu seiner großen Überraschung hatte sie sich für einen knallharten Actionfilm, in dem, zumindest gefühlt, dreimal in der Minute etwas lautstark explodierte, entschieden.

Natürlich hatte Toni auch da Nachrichten an seine Freundin geschrieben und empfangen, während sie versuchte, sich auf den nicht mit zu viel Handlung belasteten Film zu konzentrieren. Für eine romantische Komödie, die im Nachbarkino lief, hatte sie im Augenblick keinen Sinn gehabt und ihrem mit dem Handy verwachsenen Begleiter war der Film ohnehin gleichgültig gewesen.

Trotzdem hatte sie sich in Tonis Gegenwart wohl gefühlt. Sie hatten über ganz alltägliche Dinge gesprochen. Es war um ihre Schulprobleme, seinen Berufswunsch, seine Freundin Sarah, ein in nächster Zeit in München stattfindendes Rockkonzert und aktuelle Kinofilme gegangen.

Lauter normale Dinge eben und es hatte ihr gut getan. Mit Ausnahme des Friedhofsbesuchs war es ihr in Tonis Gegenwart sogar gelungen, nicht an Gerrit zu denken und er hatte sie zum Lachen gebracht.
Aber Gefühle, die über eine reine Freundschaft hinausgingen waren bei ihr nicht vorhanden und bei dem in seine Sarah verliebten Toni sicherlich auch nicht.

Zumindest waren weitere Verkupplungsversuche seitens ihrer Mutter ausgeblieben und dies erleichterte doch so einiges.  

Dämonische Statuen - RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt