Kapitel 42

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Gerd Valler ließ sich auch die nächsten Tage nicht blicken und am Freitag Nachmittag, einen Tag vor Halloween, verabschiedete sich Julia erleichtert ins Wochenende.

„Dann schönen Feiertag," sagte sie zu ihrer Kollegin.

Diese seufzte. „Dieses Jahr nimmt man uns ja den Feiertag weg. Er fällt ja leider auf einen Sonntag. Aber nächstes ist es dann Montag, das heißt langes Wochenende."

Julia blickte auf, als es an der Tür klopfte und Jonas eintrat. Noch immer holte er sie täglich von der Arbeit ab.
„Alles in Ordnung? Kein Valler? Keine unheimlichen SMS oder sonstige Anrufe?", erkundigte er sich.

Julia schüttelte den Kopf. „Alles in Ordnung! Der ist immer noch krank. Hat gestern sogar eine Krankmeldung reingegeben. Einige Schüler haben sich gefreut, dadurch fiel eine Klassenarbeit aus. Und ich habe mich auch gefreut...."

„Kein Wunder," stellte Frau Hellenberg fest, während sie ihren Computer herunterfuhr. „So, jetzt geht es ab in den Feierabend. Ich muss noch ein paar Süßigkeiten kaufen. Dieses Halloween hat sich bei uns richtig eingebürgert. Zumindest die drei Nachbarskinder werden wahrscheinlich im Gespensterkostüm vor dem Haus stehen und niedlich „Süßes oder Saueres" sagen.

Jonas grinste. „Bei uns war noch niemand, aber bei uns im Haus gibt es auch keine kleinen Kinder. Letztes Jahr ist ein Nachbar zu einer Party aufgebrochen. Der hatte sich als Dracula verkleidet. Das mit dem Halloweenfest ist wohl vielfach noch eine recht lokale Angelegenheit. In einigen Gegenden hat es sich etabliert, anderswo nicht. Mich stört es nicht!"
„Mich auch nicht! Und die Kürbisdekos finde ich niedlich," sagte Frau Hellenberg. „Ein paar kleine Geister lasse ich mir auch noch gefallen, aber Skelette kommen mir nicht ins Haus. Die mag ich nicht!"

„Ich auch nicht," antwortete Julia und sie winkte der Kollegin zu, als sie den Raum verließen und in Richtung Auto gingen.



Am späteren Abend kuschelte sich Julia auf dem Sofa in den Arm ihres Mannes, während sie durch das Fernsehprogramm schaltete. „Morgen Abend kommen zwei Horrorfilme. Aber heute ist nichts besonderes dabei," sagte sie bedauernd. „Außer diese Comedysendung. Schauen wir uns die gleich an?"

Jonas nickte, während er seine in Socken steckenden Füße auf den Wohnzimmertisch legte. „Meinetwegen. Irgendwas zum Lachen. Nichts Anstrengendes....."

„Füße runter! Das gibt Flecken," schimpfte Julia und lachte. „Wir benehmen uns schon wie so ein altes Ehepaar."

Jonas nickte, machte aber keinerlei Anstalten, seine Füße vom Tisch zu nehmen. Schließlich durfte er sich nach einem langen Arbeitstag und seiner Tätigkeit als Dämonenjäger, auch wenn sich an dieser Front im Augenblick nicht allzu viel tat, doch ein wenig entspannen, oder?

Die Fernsehsendung begann und bereits der erste Sketch brachte Julia zum Lachen. Schließlich ging es dort um einen Mann, dargestellt durch einen beliebten Comedian, der seine Füße auf den Tisch legte und sich weigerte, sie herunter zu nehmen. Die Konsequenz des ganzen, nach mehreren Szenen der Weigerung, war die, dass seine Füße in Bärenfallen endeten, die seine Filmfrau im Halbdunkeln aufgestellt hatte....

„Sehr witzig", murrte Jonas und er warf einen gespielt ängstlichen Blick auf seine Füße. „Das machst du mit mir aber nicht...."
Julia lächelte bösartig. „Lass es besser nicht darauf ankommen!Wenn du dir das mit deinen Schweißfüßen auf dem Tisch nicht abgewöhnst...."

Sie sprach nicht weiter, denn in diesem Augenblick klingelte es an der Wohnungstür und dann war ein lautes Klopfen zu hören.
Jonas spürte, wie seine Frau in seinem Arm erstarrte. „Vielleicht ist das ja Valler..."

„Dann werde ich ihn mit Vergnügen hinaus befördern," antwortete Jonas, als es erneut an der Tür klopfte.
„Frau Schneider? Ich weiß doch, dass Sie und Ihr Mann zuhause sind!", erklang eine weibliche Stimme und Julia atmete erleichtert auf. „Nur die Hoffmann von gegenüber....," sagte sie erleichtert, während Jonas öffnete.

Die Nachbarin, eine ältere Dame von Mitte siebzig mit feuerrot gefärbtem Haar und langen Ohrringen, die ihr fast bis auf die Schultern reichten, stand vor ihm.

„Herr Schneider, so geht das nicht!", stellte Frau Hoffmann empört fest, während sie Julia, die hinter Jonas im Flur stand, kurz zunickte. „Sie müssen die Treppe schon putzen!"

Jonas versuchte höflich zu bleiben. Wegen so einem Mist störte ihn die Frau am späten Abend?

„Ich komme gerade von meiner Tochter. Wir waren im Restaurant. Und was muss ich sehen, als ich nach Hause komme?", fragte sie und es schien fast, als würde sie mit einem kleinen Kind schimpfen. „Die Treppe ist noch genauso schmutzig wie heute Nachmittag. Da hinten ist ein dicker Fleck!"
„Ich habe geputzt," antwortete Jonas wahrheitsgemäß. „Es gehen ja auch Leute durchs Treppenhaus...."

Frau Hoffmann ließ den Einwand nicht gelten.„Aber Sie haben nicht gründlich geputzt! Der Fleck war wirklich widerlich! Ich habe ihn jetzt weggemacht! Ich in meinem hohen Alter! Das ist wirklich rücksichtslos! Aber mit Ordnung habt ihr jungen Leute es ja grundsätzlich nicht!"

Kopfschüttelnd wandte sie sich ihrer Wohnungstür zu und versuchte, ihren Schlüssel ins Schloss zu stecken. „Mist," fluchte sie. „Ich hab meine Brille in der Wohnung gelassen! Ich konnte auch die Speisekarte nicht richtig lesen..."

„Dann gute Nacht, Frau Hoffmann," sagte Jonas und schloss die Tür.

Julia seufzte. „Sie findet das Schlüsselloch nicht. Sie kann die Speisekarte nicht lesen. Neulich hat sie ihre Tochter auf der anderen Straßenseite nicht erkannt. Aber einen kleinen Fleck im halbdunklen Treppenhaus sieht sie...."
„Ein typisches Alte-Leute-Phänomen," antwortete Jonas grinsend. „Meine Oma ist manchmal genauso. Sie sieht jeden kleinen Fleck auf einem T-Shirt...aber dann verwechselt sie mich in einem Atemzug mit Lucas."

Julia nickte. Auch sie hatte bereits die Erfahrung gemacht, dass Jonas ansonsten liebenswerte Oma Johanna gerne Fussel und Krümelchen von den Pullover ihres Enkels und der Schwiegerenkelin schnippte.
„Du hast das was, Kind," sagte sie dann und griff schnell zu, noch ehe das „Opfer" fliehen konnte...

Trotzdem hatte Julia die Oma ihres Mannes gerne, auch wenn sie diese nervige Eigenschaft besaß.

„Komm, wir schauen die Sendung zuende," schlug Jonas vor. „Und was hältst du davon, wenn wir morgen ins Reisebüro gehen und endlich unseren Türkei-Urlaub buchen?"
„Machen wir," antwortete Julia, die sich mittlerweile unglaublich urlaubsreif fühlte. „Ich hab Frau Hellenberg gefragt, sie meinte, sie hätte kein Problem damit, wenn ich im Sommer frei nehme...hoffentlich ist es dann nicht zu heiß..."

„Egal," stellte Jonas fest. „Hauptsache Urlaub!"

Bald darauf saßen Julia und Jonas eng aneinander geschmiegt vor dem Fernseher und es gelang ihnen tatsächlich, sich auf die Comedy-Sendung zu konzentrieren und nicht an Gerd Valler oder kritische Nachbarin, mit der sie sich sonst eigentlich recht gut verstanden, zu denken.

Sie ahnten nicht, dass sich anderswo Unheil zusammen braute....1. Kapitel 12. Kapitel 23. Kapitel 34. Kapitel 45. Kapitel 56. Kapitel 67. Kapitel 78. Kapitel 89. Kapitel 910. Kapitel 1011. Kapitel 1112. Kapitel 1213. Kapitel 1314. Kapitel 1415. Kapitel 1516. Kapitel 1617. Kapitel 1718. Kapitel 1819. Kapitel 1920. Kapitel 2021. Kapitel 2122. Kapitel 2223. Kapitel 2324. Kapitel 2425. Kapitel 2526. Kapitel 2627. Kapitel 2728. Kapitel 2829. Kapitel 2930. Kapitel 3031. Kapitel 3132. Kapitel 3233. Kapitel 3334. Kapitel 3435. Kapitel 3536. Kapitel 3637. Kapitel 3738. Kapitel 3839. Kapitel 3940. Kapitel 4041. Kapitel 4142. Kapitel 4243. Kapitel 4344. Kapitel 4445. Kapitel 4546. Kapitel 4647. Kapitel 4748. Kapitel 4849. Kapitel 4950. Kapitel 5051. Kapitel 5152. Kapitel 5253. Kapitel 5354. Kapitel 5455. Kapitel 5556. Kapitel 5657. Kapitel 57

Dämonische Statuen - RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt