Kapitel 56

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  Maja schlang die Arme um ihren Oberkörper und seufzte theatralisch. „Mir ist kalt! Und es regnet! Und ich bin müde! Außerdem haben wir Freitag den Dreizehnten. Das kann ja nur Pech bringen."

Jessica, die gemeinsam mit Maja die Mittagspause verbrachte, grinste. „Die heutige Jugend ist wirklich wehleidig! Als ich noch Auszubildende war musste ich im Freien Zähne ziehen und hab den Leuten hinterher Beißhölzer zwischen die Zähne geschoben, damit sie mit den Schmerzen zurecht kommen! Und ich hatte nicht mal Schuhe..."

„Echt?", fragte die junge Auszubildende mit gespieltem Erstaunen. „War die Zeit im Jahr 2005 wirklich noch so hart? Und hast du überhaupt bei einem Zahnarzt gelernt? Oder war das nicht eher der Dorfhenker?"

Jessica schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe beim Hufschmied die Ausbildung gemacht! Der war früher fürs Zähne ziehen zuständig. Glaube ich wenigstens."

Ein Windstoß fegte durch die Fußgängerzone und wirbelte ein paar Blätter von einem Baum, der bereits fast kahl war.

„Mir ist aber trotzdem kalt," klagte Maja. „Und die Pause ist viel zu kurz. Nur ein Stündchen...."

Jessica zuckte die Achseln. „Dafür dürfen wir heute eine Stunde früher gehen. Das ist doch auch mal ganz nett. Felix und ich müssen noch einkaufen gehen, das heißt wir scheuchen ihn in den Supermarkt, und heute Abend wollen wir in der WG Auflaufabend machen. Dieter will Nudelauflauf kochen..."

Maja seufzte erneut. „Du hast es gut. Du lebst mit lauter coolen Leuten in einer WG. Ich hingegen muss meine Mama fragen, wenn ich irgendwo hin will. Ich wollte am Wochenende so gerne mal in die Disko gehen. Aber meine Mutter erlaubt mir nur die Teeniedisko, wo um zehn Uhr Feierabend ist. Das nervt!"
Jessica nickte zustimmend. „So war das bei mir auch, als ich noch sechzehn war. Aber mach dir nichts draus. In zwei Jahren bist du volljährig. Und es wird nicht unbedingt
einfacher, wenn man achtzehn wird...."

Sie dachte an ihren Freund Felix, der sich gerade abmühte, seinen Hauptschulabschluss nachzumachen. Aber das Nachholen des Abschlusses lief besser als erwartet. „Wahrscheinlich wird mehr als ein Hauptschulabschluss bei rumkommen. Realschule mindestens. Es wäre auch wirklich schade gewesen, wenn ihm das Nichtbesuchen einer Schule und Unterricht bei einem halbherzig unterrichtenden Hauslehrer die ganze Zukunft versaut hätte...."

„Woran denkst du?", fragte Maja und stieß Jessica an. „An deinen Freund? Wegen seiner Arbeit, die er heute zurück bekommt?"

Jessica nickte. „Ja, ich warte schon die ganze Zeit darauf, dass er mir eine SMS schreibt, wie es gelaufen ist. Aber während des Unterrichts herrscht Handyverbot."

„Bei uns in der Berufsschule ist es dasselbe. Und dann immer die Hausaufgaben. Ich arbeite doch an drei Tagen in der Woche Ganztags. Das nervt wirklich," stellte Maja seufzend fest. „War das bei dir früher auch so blöd?"
„Alles halb so wild," antwortete Jessica. „Bei uns gab es so gut wie gar keine Hausaufgaben, die Lehrer hatten Verständnis dafür, dass wir auch mal Luft zum Atmen brauchen und meine damalige Chefin war echt nett. Die hat meinem Ex-Freund und mir damals sogar mal ihr Ferienhaus zur Verfügung gestellt. In Holland...."
„Schön...," erwiderte Maja, während Jessica eine Nachricht auf ihrem Handy las. „Es ist gut gelaufen. Eine Zwei...."

Vielleicht würde Felix im nächsten Jahr sogar eine Ausbildung beginnen können. Dann stand einem ganz normalen Leben wirklich nichts mehr im Wege.

„Guck mal, da drüben sitzt die Greifstuber," sagte Maja und stieß Jessica, als diese nicht sofort reagierte, mit dem Ellbogen an. „Die sieht aus wie ein Haufen Elend...."

Jessica zuckte kurz zusammen. Greifstuber? Ach ja, diese merkwürdige, unfreundliche alte Frau aus dem Restaurant und der Zahnarztpraxis, die Tampons für ihre Enkelin oder wen auch immer mit sich herum schleppte.

Sie blickte von ihrem Handy auf und steckte es in die Jackentasche. „Wo steckt die denn?"

Sie sah Maja fragend an und entdeckte die Gesuchte dann.

Frau Greifstuber saß auf den Treppenstufen vor einem großen Kaufhaus, in dem vor allem Übergrößen für Herren verkauft wurden. Links neben ihr, wenn auch ein gutes Stückchen entfernt, saßen mehrere junge Leute mit bunten Haaren und zerrissener Kleidung, die Jessica an Felix bei ihrer ersten Begegnung erinnerten.

Jessica zögerte kurz. Sie mochte die Frau nicht sonderlich, aber irgendwie tat sie ihr leid. Was machte es da schon, wenn sie sie fragte, ob alles in Ordnung war? Wahrscheinlich würde sie eine patzige Antwort erhalten und dann konnten sie und Maja guten Gewissens ihrer Wege gehen.

„Ein Euro?", fragte eines der Punk-Mädchen, als sie, mit einer murrenden Maja im Schlepptau, auf die Frau zuging.

Maja schüttelte den Kopf, während Jessica in ihrer Jackentasche kramte und dem Mädchen zwei Euro in die Hand drückte.
„Spinnst du?", erkundigte sich Maja ein bisschen missmutig. „Die geben das doch eh für Alkohol oder Drogen aus...."
„Nicht unbedingt. Und man weiß ja auch nie, was dahinter steckt und warum die eventuell auf der Straße leben. Manchmal gibt es da echt krasse Geschichten...."

Sie dachte an Felix, während Maja sie verständnislos ansah, dann aber die Achseln zuckte. „Mein kleines Azubigehalt ist mir zu kostbar."

Unterdessen waren sie bei Frau Greifstuber angekommen und Jessica beugte sich vor, um die teilnahmslos vor sich hinstarrende Frau anzusprechen.

„Ist alles in Ordnung? Frau Greifstuber?"

Die Frau reagierte nicht und Jessica dachte darüber nach, ob sie möglicherweise einen Krankenwagen rufen mussten. Vielleicht hatte die Frau ja einen Schlaganfall erlitten? Außerdem war es doch viel zu kalt für eine alte Dame, um draußen auf einer Treppe zu sitzen...

„Frau Greifstuber?", fragte sie erneut, nun ein wenig lauter und endlich reagierte die alte Frau.

„Ja, bitte....ich kenne Sie...doch von irgendwo her..."

Die Frau wirkte hilflos und verwirrt. „Brauchen Sie Hilfe? Sollen wir jemanden anrufen?", fragte nun auch Maja.

Aber jetzt schien Bertha Greifstuber wieder aus ihrer Gedankenwelt heraus zu sich zu kommen. „Nein, ich brauche keine Hilfe. Und Sie könnten mir ganz sicherlich nicht helfen. Das, was ich brauche, haben Sie nicht! Also gehen Sie mir aus dem Weg..."

„Na, dann eben nicht," erwiderte Maja patzig. „Wer nicht will, der hat schon."

Sie wandte sich zum Gehen und Jessica wolle ihr bereits folgen, als Frau Greifstuber nach dem sich neben ihr befindlichen Treppengeländer griff, um sich hochzuziehen, aber ihr schien die Kraft zu fehlen.
Nach einem kurzen Moment des Zögerns beugte Jessica sich vor und half der Frau auf.
„Danke...," sagte sie, während Jessica ein Grinsen nicht unterdrücken konnte. „Na, sehen Sie? Ich kann Ihnen also doch helfen!"
„Ja, beim Aufstehen. Aber nicht bei meinem Problem...meinem eigentlichen...Problem...."

Letzteres sagte die alte Frau leise und wandte sich zum Gehen und sie bot in Jessicas Augen so ein Bild des Jammers, dass sie sich einen weiteren Ruck gab. Was hatte sie schon zu verlieren?
„Bei Ihrem Dämonenproblem?"

Irgendetwas stimmte mit dieser uralten Frau, die wesentlich jünger wirkte ganz und gar nicht.


Die Frau blieb abrupt stehen und drehte sich schneller als Jessica es erwartet hatte, um. „Was sagen Sie da? Dämonenproblem? So ein...Blödsinn...ich...."

Tränen traten ihr in die Augen und sie wandte sich zum Gehen. „Lassen Sie mich besser in Ruhe. Sie....können mir nicht helfen....können es nicht...."

Maja verdrehte unterdessen entnervt die Augen und sie griff nach Jessicas Arm. „Wir müssen zurück in die Praxis. Du kennst doch unseren Chef. Pünktlichkeit ist sein A und O. Außerdem kannst du mir dann mal sagen, was du da über Dämonen faselst."

Jessica blickte Frau Greifstuber noch einmal hinterher, während die alte Dame von dannen ging.

„Ich hab ihr Hilfe angeboten und sie will keine haben. Und das mit den Dämonen hab ich nur gesagt, weil sie selbst mal diese Bemerkung gemacht hat. Damals, in der Praxis. Und...ich hab meine Pflicht erfüllt. Wahrscheinlich hat sie irgendwelche normalen Probleme. Mit der Gesundheit, mit der Familie, die sie gegen ihren Willen ins Heim stecken will oder mit irgendwelchen Erbschleichern. Vielleicht ist ja auch ihr Hund oder ihr Kater oder ihr Wellensittich gestorben. Täte mir leid ums Tier....", dachte die junge Frau, während sie sich wieder Maja zuwandte.

„Dann lass uns gehen. Desto eher können wir Feierabend machen. Es sei denn, es kommt auf den letzten Drücken wieder ein Notfall," sagte sie, während Maja den Kopf schüttelte. „Also eigentlich sollte ich als Azubi ja netter sein. Aber....du bist merkwürdig. Erzählst was über Dämonen, gibst irgendwelchen Leuten von der Straße dein sauer verdientes Geld und willst einer unserer unfreundlichsten Patientinnen helfen...und guck mal da drüben, die bringen schon die Weihnachtsbeleuchtung an. Außerdem sind die süß. Haben bestimmt eine Freundin. Ist ja meistens so."

Jessica schaute in die von Maja gezeigte Richtung. In der Tat waren zwei junge Männer damit beschäftigt, vor einem Juwelierladen eine Lichterkette anzubringen.

„Naja, in zwei Wochen fängt der Weihnachtsmarkt an. Und sonst hängt ja auch schon überall Deko rum. Die sind eigentlich spät dran.", sagte sie und war froh, dass Maja nicht mehr nach Dämonen fragte.

Auf dem Weg in die Arztpraxis hörte Jessica nur mit halbem Ohr den Erzählungen der jungen Auszubildenden über ihren letzten Kinobesuch zu. Statt dessen dachte sie unfreiwillig immer wieder an Frau Greifstuber.
Irgendetwas stimmte da nicht. Das sagte ihr ihr Bauchgefühl und auf das konnte sie sich eigentlich recht gut verlassen.

„Ist das mein Problem? Felix und ich haben ein wenig Ruhe verdient! Und...vielleicht irre ich mich ja doch, Bauchgefühl hin oder her....", sagte eine kleine böse Stimme in ihrem Ohr.





Felix stellte die Einkaufstüten kurz ab. Leider war er heute mit dem Einkauf dran und Anitas Einkaufsliste war sehr lang gewesen.
„Wirklich fies! Dieter hat ein Auto, für ihn wäre es leichter," dachte Felix, während er sich die Kapuze seiner Jacke über den Kopf zog, da es nun zu allem Übel auch noch zu regnen anfing.

Auf der anderen Seite hatte er an diesem Tag am meisten Zeit für den Einkauf gehabt. Dieter und Anita mussten für irgendwelche Klausuren an der Uni lernen oder taten zumindest so, während Jessica sich mit Karies und Zahnfleischbluten herum schlug, mittlerweile aber auch Feierabend haben musste.

Vielleicht war sie ja schon zu Hause. Außerdem würden sie heute Abend Auflauf zubereiten und wenn es etwas gab, was er außer Jessica liebte, dann war das Nudelauflauf.

„Wird Zeit, dass ich auch ein bisschen Geld verdiene," dachte Felix. „Sobald es möglich ist fange ich mit Bewerbungen an. Egal, als was ich arbeite, Hauptsache, es gibt endlich Geld."

Leider musste er, was das Geldverdienen anging, noch bis zum nächsten Sommer warten, denn erst dann hatte er den nötigen Schulabschluss in der Tasche. Aushilfsweise hatte er vor ein paar Wochen bei der Inventur in einem Baumarkt geholfen.

Dies hatte ihm zumindest ein wenig Geld eingebracht.

Er bog in die Straße ein, in der sich die WG-Wohnung befand. Es war bereits dunkel. Die Laternen tauchten alles in ein dämmriges Licht und er grinste, als er sah, dass sich bereits die erste Weihnachtsbeleuchtung in einem Fenster zeigte.
An für sich wäre dies nicht so witzig gewesen, aber diese Nachbarn übertrieben es ein wenig.

Mehrere Sterne blinkten, andauernd die Farben wechselnd, vor sich hin und mindestens drei Weihnachtsmänner hingen unterhalb der Fensterbank.
„Fehlt nur noch, dass die laut „HoHoHo" sagen, wenn ich vorbei gehe," dachte Felix.

Nun, wahrscheinlich gab es Deko dieser Art sogar. Irgendwelche Bewegungsmelder reagierten und erschreckten die Vorbeigehenden fast zu Tode.


Plötzlich blieb er erneut stehen und sah sich so schnell wie möglich um, aber lediglich ein Auto, das einem Nachbarn, der drei Häuser weiter lebte, gehörte, fuhr an ihm vorbei und eine ältere Dame schaute aus dem Fenster, an dem er gerade vorüber ging.

Trotzdem war er sich sicher, dass da noch etwas anderes war. Etwas, das ganz bestimmt nicht in diese Straße gehörte und ein Schauer fuhr ihm über den Rücken, als er einige Schritte weiterging, dann scheinbar erneut die Tüten aufgrund ihres Gewichts abstellte und sich noch einmal schnell umdrehte.

Aber noch immer war weit und breit nichts zu sehen und er hörte, dass irgendwo eine Autotür geöffnet wurde und laute Musik erklang.
„Der lässt auch jeden an der Existenz seines Radios teilhaben," dachte Felix und das ungute Gefühl verschwand so schnell, wie es gekommen war.

Etwas war dagewesen und nun verschwunden.

Trotzdem beeilte er sich nun, nach Hause zu kommen und fragte sich, ob er sich etwas einbildete oder ob er tatsächlich etwas bemerkt hatte, was.....besorgniserregend oder im schlimmsten Fall gefährlich war.

„Da war was!", sagte er sich schließlich, als er die Tür aufschloss und die Wohnung betrat. „Ich bin mir sicher! Auf solche Gefühle sollte man hören und sich nichts anderes einreden lassen. Aber was war es?", dachte Felix, während er die Küche betrat.

Anita und Dieter saßen um Küchentisch und tatsächlich lag ein Buch auf dem Tisch. Aber es handelte sich nicht um ein Lehrbuch aus der Universität, sondern statt dessen um einen Twillight Roman.
Anita verschlang diese Romane im Moment geradezu und sagte hin und wieder zu Dieter, dass sie nun gerne „Edward und Bella" mit ihm spielen wolle – was immer diese auch bedeutete.

„Holst du dir wieder Inspirationen für heute Nacht?", fragte Felix daher auch ein wenig indiskret und Dieter lachte während Anita ebenfalls grinste. „Was denkst du denn? Solltest du auch mal lesen, schaden würde es dir und Jessica jedenfalls nicht....und du bist spät dran! Ich warte auf meinen Lieblingsjoghurt."
„Tut mir leid entschuldigte sich Felix und er wurde ernst, während er sich daran machte, die Einkäufe in den Kühlschrank zu räumen.
„Aber da war etwas. Ich glaube, mich hat etwas beobachtet. Oder jemand. Keine Ahnung, nur so ein Gefühl."

Zum Glück nahmen die beiden Mitbewohner ihn ernst und versuchten nicht, ihn irgendwie zu beschwichtigen.
Anita rückte statt dessen mitsamt ihrem Stuhl näher an Dieter heran. „Du musst mich beschützen!"

Dieter legte den Arm um seine Freundin, während Felix in den Flur schaute. „Wo ist Jessica?"

„Im Bad!", sie wollte ein bisschen entspannen," antwortete Anita und fügte hinzu: „Ich lass besser mal die Rolläden überall runter. Man weiß ja nie...."

„Ja, mach das!", sagte Felix. „Ich gehe zu Jessica..."

Für einen kurzen Moment hatte er befürchtet, dass sie noch nicht zu Hause und in Gefahr sein könne. Glücklicherweise war alles in Ordnung.





Jessica hatte es sich im Badezimmer in der Wanne bequem gemacht. Auf das Fensterbrett hatte sie ein paar Teelichter gestellt und dann das Licht ausgemacht, während sie nun den Duft ihrer Badezusätze einatmete.

Sie liebte es, sich auf diese Weise zu entspannen, vor allem, wenn der Arbeitstag oder etwas anderes für Stress besorgt hatte.

Auf dem Beckenrand stand eine gelbe Badeente, die eigentlich Dieter gehörte und starrte Jessica sehnsuchtsvoll an. Wahrscheinlich sehnte sich das quitschende Ding danach, auch im Wasser zu schwimmen.
Aber da sie die Augen geschlossen hatte, sah sie weder die Ente und erriet nur, wer nun das Badezimmer betrat. Eigentlich erkannte sie ihn an den Schritten und sie lächelte.
„Felix! Willst du mir ein bisschen Gesellschaft leisten? In der Wanne ist noch ein bisschen Platz..."

„Jessica, ich muss dir etwas erzählen," sagte Felix stattdessen und ging so gar nicht auf ihre Bemerkung ein.
Jessica, die sich zurückgelehnt und es sich mit dem Rücken am Wannenrand bequem gemacht hatte, öffnete die Augen und setzte sich auf.
„Was gibt es denn? Was ist los?"

Felix setzte sich auf den Wannenrand und sie griff nach seiner Hand. „Was ist denn los?", fragte sie.

Er sah sie bedrückt an. „Etwas hat mich beobachtet. Ich bin mir sicher. Wirklich. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich davon überzeugt."

„Ich glaube dir doch," unterbrach Jessica ihren Freund und stand auf. Felix reichte ihr ein Handtuch und legte es ihr um die Schultern, ehe er sie an sich heran zog. Anscheinend machte es ihm nichts aus, dass seine Kleidung nun auch nass wurde.

„Dein Pullover....," sagte Jessica deshalb, aber Felix drückte sie fester an sich. „Macht nichts. Das trocknet schnell wieder...."

Abrupt ließ er sie los und ging ans Fenster. Er ließ die Rolläden herunter. „Irgendwas war oder ist dort draußen und ich habe keine Ahnung, was genau es war...."

Jessica nickte schweigend. Anscheinend war die Zeit, in der sie beide ihre Ruhe gehabt hatten, tatsächlich vorbei.
„Ich habe heute Nachmittag Frau Greifstuber getroffen und sie direkt darauf angesprochen, ob sie ein Dämonenproblem hat. Sie saß auf der Kaufhaustreppe und tat mir leid..."

Felix sah sie schweigend an, aber Vorwürfe machte er ihr nicht, auch wenn sie es verstanden hätte. „Ich hoffe, ich habe da keine schlafenden Hunde geweckt."

Sie griff nach der Hand ihres Freundes. „Es tut mir leid. Wenn es ein Fehler war..."

„Du wolltest ihr helfen. Das verstehe ich," antwortete Felix. „Vielleicht hatte es was mit ihr zu tun. Vielleicht auch nicht. Eigentlich war es noch nie so, dass ich die Anwesenheit von Dämonen spüren konnte, falls es ein Dämon war. Und ich gehöre auch nicht zu denen, die es bemerken, wenn sie jemand anstarrt. Ich weiß auch nicht, ob es so klug gewesen wäre, genauer nachzusehen und dann war es ja auch schon wieder verschwunden."

„Felix, das wäre eine sehr blöde Idee gewesen," unterbrach Jessica ihn. „Was hättest du denn machen sollen? Du hattest weder dein Schwert noch eine andere Waffe dabei. Wenn es ein Dämon war, hättest du gar nichts tun können."
„Das war auch der Grund, warum ich es gelassen habe," antwortete Felix und schaltete das Licht ein, während Jessica die Teelichter ausblies.

Sie seufzte. „Schade, dass die schöne Stimmung kaputt ist. Aber wir sollten uns ein bisschen vorsehen. Sicherheitshalber. Auf einer Alarmstufenskala von eins bis zehn, wobei zehn das höchste ist, würde ich dem ganzen eine sieben geben....."
Felix lächelte und schüttelte den Kopf. „Eine Vier reicht vielleicht auch schon aus. Aber heute Nacht sollten wir alle drinnen bleiben und auch sonst in der nächsten Zeit zusehen, dass wir im Dunkeln zuhause sind. Bis wir wissen, was es ist."

Er schwieg kurz, ehe er fortfuhr. „Und wenn wir es wissen, kümmern wir uns darum. Ich sehe es gar nicht ein, dass ich mich von möglichen Dämonen stalken lasse oder dass einer meiner Freundin beim Baden zusieht..."
„Nun ja, auf einen Dämon wirst du ja wohl nicht eifersüchtig sein," stellte Jessica fest, während Felix sie vorsichtig trocken rubbelte. Zumindest in ihren eigenen vier Wänden waren sie sicher und sie hoffte erneut, dass sie keine Fehler gemacht hatte, als sie Frau Greifstuber auf das Thema Dämonen ansprach.  

Dämonische Statuen - RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt