Kapitel 32

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Ich kam zu Hause an und öffnete die Tür. "Dad?", rief ich und zog meine Schuhe aus. Ich hing mir meine Tasche über die Schulter und betrat unser Wohnzimmer. Keine Spur von ihm. Ich seufzte und drehte mich wieder um, als ich dann eine Gestalt direkt vor mir wahrnahm. "Dad?", sprach ich leise und etwas ängstlich. Er sah mich grinsend an und schubste mich nach hinten, wobei ich mein Gleichgewicht verlor und zu Boden fiel. "Du kleine Schlampe!", sprach er und kam langsam auf mich zu. Ich "krabbelte" auf dem Boden zurück und hatte wirklich Panik. Er war wieder betrunken, was nicht gerade untypisch war, doch heute war er anders. Ich spürte es.

"Gib das Geld!", meinte er und packte mich an  den Haaren. "Dad, bitte", weinte ich und versuchte meine Haare aus seinem Griff zu befreien, doch er verstärkte diesen nur noch mehr. "Dad!", weinte ich. "Das Geld!",schimpfte er und gab mir eine feste Ohrfeige. Ich kramte den Umschlag aus meiner Tasche und schon riss er mir diesen aus der Hand. "Dad, die sind für unsere Rechnungen", murmelte ich. "Klappe jetzt!", rief er, schubste mich wieder zurück und trat dann anschließend aus dem Wohnzimmer. Ein lautes Zuknallen der Tür ließ mich zusammenzucken.

Weinend zog ich meine Beine an mich und lehnte mich gegen die Wand. "Es tut weh", flüsterte ich und vergrub mein Gesicht in meinen Armen.

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Das Klingeln meines Weckers weckte mich auf. Ich öffnete meine Augen und das helle Sonnenlicht strahlte in mein Gesicht. Ich zwang mich aus dem Bett und taumelte Richtung Badezimmer.

Im Spiegel erkannte ich meine geschwollene Wange. Ich sah schlimm aus, verdammt! Ich befeuchtete mein Gesicht mit eiskaltem Wasser und zog mich zurück in mein Zimmer. Dort setzte ich mich wieder auf mein Bett, nachdem ich es zurecht machte. Ich starrte an die Wand gegenüber von mir und verschränkte meine Finger ineinander.

"Ja" - dieses einzige Wort verletzte mich und ließ mir Tränen über die Wange runterrollen. "Arschloch", murmelte ich und alle Szenen von gestern kamen mir vors Gesicht. Wie sie ihn berührt hatte, wie sie ihn "Baby" genannt hatte...

Ich wischte meine Tränen weg und stand seufzend auf. Dabei bemerkte ich, dass etwas aus meinem Bett zu Boden fiel. Ich kniete mich hin und entdeckte einen Umschlag. Mum.

***Flashback***

"Das ist alles wegen dir, du Miststück!", schrie Dad und warf mir einen Umschlag hin. Doch bevor er das Zimmer verließ, spürte ich seine flache Handfläche auf meiner Wange.
Weinend lag ich auf meinem Bett und hielt den Brief fest in meinen Händen. Ich wollte ihn nicht lesen. Ich hatte Angst, Mum würde schreiben, dass ich Schuld an ihrem Tod war.

***Flashback Ende***

Seitdem hatte ich es nie gewagt, den Brief zu öffnen. Ich biss mir auf die Lippe und wischte mit dem Handrücken wieder über meine Wangen, bevor ich dann tief Luft holte und den Brief aus dem Umschlag herauszog.

Vanessa, mein wunderschönes Kind.
Wenn du das hier liest, bin ich nicht mehr bei dir...

Eine Träne erreichte den Brief, weshalb sie die Tinte verschmierte.

Es tut mir unendlich Leid, dass es soweit gekommen ist. Mein ein und alles.
Ich musste das tun. Es gab keine andere Möglichkeit. Ich konnte nicht weiter mit der Lüge leben.

Was für eine Lüge?!

Bitte verzeih mir, wenn du es rauskriegst. Es tut mir Leid, mein Kind. Ich wollte nie, dass das soweit kommt. Bitte verzeih mir, Vanessa.
Ich konnte unmöglich weiter mit der Lüge leben. Ich habe es für dich getan, mein Kind. Bitte verzeih mir.

Was meinte Mum?! "Verdammt!", weinte ich und las weiter:

Du wirst es herauskriegen, sobald die Zeit dazu gekommen ist. Es ist deine Entscheidung. Bitte versuche, es herauszufinden.
Ich liebe dich mein Engel.

In Liebe, deine Mum.

Ich sah vom Brief auf und dachte darüber nach, was Mum damit sagen wollte. Was für eine Lüge, verdammt?! Was wollte sie von mir? Was sollte ich herausfinden?

Das Klingeln meines Handys riss mich aus meinem Gedanken. Ich sah auf das Display: Kelsey.

Ich warf das Handy zurück auf mein Bett und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Tausende von Fragen wirrten durcheinander in meinem Kopf und für keines hatte ich eine anständige Antwort....

Kelsey POV:

Ich hatte sie jetzt schon ungefähr 10 mal angerufen. Wieso ging dieses Mädchen nicht dran?! "Kelsey?", ertönte die Stimme meines Bruders neben mir, was mich aufzucken ließ. "Alles okay?", wollte er wissen und legte seine Hand auf meine Schulter,"du siehst so besorgt aus" "Vanessa", erwiderte ich. "Was ist mit ihr?", kam es plötzlich von hinten und wir drehten uns um. Justin stand besorgt hinter uns und sah uns abwechselnd neugierig an. "Sie geht nicht an ihr Handy", antwortete ich,"sie ist normalerweise kein Mädchen, das ohne Bescheid zu geben, nicht auftaucht"  Justins Augen vergrößerten sich und er legte seine Hand auf seinen Nacken.

Justin POV:

Es war meine Schuld! Verdammt! Was ist, wenn sie wegen mir nicht gekommen ist oder ihr gestern etwas zugestoßen ist? "Justin?", riss mich Kelsey's Stimme aus meinen Gedanken und ich sah sie erwartungsvoll an. "Wieso, wenn ich fragen darf, ist es dir so wichtig, was mit Vanessa ist?", wollte sie wissen und verschränkte ihre Arme vor ihrer Brust. Ich warf Jackson einen Blick zu, welcher nicht erwiderte und sich leicht wegdrehte. "I-war doch nur eine Frage", antwortete ich, doch ihr misstrauischer Blick gefiel mir gar nicht. "I-ich geh jetzt. Komm zu spät zum Sport", log ich und lief an ihnen vorbei. Auf dem Weg suchte ich jedes einzelne Klassenzimmer ab, in denen sie sich befinden würde. "Justin!", kam Jessy plötzlich um die Ecke. Seufzend blickte ich ihr ins Gesicht. "Baby", flüsterte sie und hielt meine Hand fest. "Jessy, nicht hier!", sagte ich und löste meine Hand aus ihrer. Doch sie zog mich zurück und legte ihre Hände auf meine Wange. Dabei zog sie mein Gesicht an sich und presste ihre vollen Lippen auf meine.

Vanessa POV:

Ich musste mich zusammenreißen! Ich fuhr mir noch einmal durch meine dunkelbraunen Haare und hielt meine Hand vor meinen Mund. Was tat ich hier gerade?!
Ich musste rauskriegen, was Mum mit der Lüge meinte. Denn nur deshalb hatte sie sich umgebracht...wegen mir!

Nachdem ich mich umgezogen hatte und bereit für die Schule war, verließ ich das Haus und lief mit schnellen Schritten zur Schule, da ich den Bus schon verpasst hatte. Kelsey hatte mich schon mehrmals angerufen, doch ich hatte keine Kraft, ihr zu antworten. Jetzt musste ich die Zeit nutzen und mir eine Ausrede einfallen lassen. Kelsey war meine beste Freundin, doch ich schaffte es einfach nicht, ihr von meinen Problemen zu erzählen. Sie wusste, dass ich mit Dad alleine wohnte, doch von Mums Suizid und Dads Misshandlungen wusste sie rein gar nichts. Ich hatte ihr erzählt, dass Mum bei einem Autounfall ums Leben kam und von Dad erzählte ich ihr nichts, weshalb sie mich oft fragte, ob ich eine schlechte Beziehung zu ihm hatte. War ja nicht falsch, doch ich schämte mich zu sehr dafür, ihr von alldem zu verraten. Nie würde ich wollen, dass Dad deswegen etwas zustoßen würde.
Bei dem ganzen Denken hatte ich gar nicht gemerkt, dass ich die Schule schon erreicht hatte.

Ich betrat das Schulgebäude und lief zu meinem Spind. Doch was ich da sah ließ mir wieder Tränen in die Augen steigen.

Justin POV:

Ich löste mich sofort wieder von ihr. "Was tust du da?", schimpfte ich und sah sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. "Du hast auch das Verlange nach mir, das spür ich!", sprach sie laut aus. "Lauter, ich glaube, China hat es noch nicht gehört", zischte ich und mein Blick fiel nach rechts. Dabei traf ich auf diese wunderschönen und doch so verletzten Augen. "Vanessa", murmelte ich und drehte mich ganz um, sodass ich auf sie zugehen konnte, doch das brauchte ich nicht, denn sofort verschwand sie die Treppe hoch. Ich wollte ihr hinterher, doch Jessys Griff um mein Handgelenk zog mich zurück. Ich drehte mich um und sah in wütende Augen. "Was willst du von der, verdammt?!"

Neues Kapitel :D
Ich weiß, dass das nicht gerade super spannend ist, doch trotzdem hoffe ich, dass es euch gefällt. Ein Feedback über die Story würde mir sehr gefallen <3

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