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Liam


Sobald ich durch die großen Flügeltüren des Schulgebäudes getreten war, streckte ich meine müden Glieder erst einmal ausgiebig. Der Tag in der Schule war langweilige gewesen und es sah nicht so aus, als würde er noch besser werden. Wie hatte mein Bruder noch gesagt: „Heute bist du mit der Nachtwache dran."
Für mich bedeutete, dass soviel, wie seinen Arsch nach Draußen zu bewegen und mitten in der Nacht durch die eisige Landschaft zu rennen. Ich stöhnte.
"Hey Liam, Schatz, was ist denn mit dir los?" Wie aufs Stichwort kam Abigail angerannt und klammerte sich an seinen Arm. Ich versuchte gar nicht erst ein Gähnen zu unterdrücken.
Es mochte ja sein, dass Abigail mit ihren roten Haaren, dem perfekt gestylten Gesicht und ihren Kurven wirklich gut aussah, doch dafür befand sich in ihrem Kopf gar nichts. Sie war das Mädchen, mit dem ich mir hin und wieder die Zeit vertrieb. Immerhin war dumm gut zu vögeln.
In letzter Zeit allerdings ging sie mir bloß noch auf die Nerven. Aus eben diesem Grund entfernte ich ihre Hand auch sogleich von mir und ging, ohne sie eines Blickes zu würdigen weiter.
"Liam?", rief sie mir noch hinterher, doch ich beschleunigte meiner Schritte noch etwas mehr. Mein Ziel war es, sie abzuhängen und im Anschluss daran endlich mal etwas Ruhe zu bekommen. Merkte denn niemand, dass ich, der kleine Bruder des großen Sam Uley, auch einmal eine Pause benötigte?
Scheinbar nicht, denn gerade, als ich den Gedanken beendet hatte, kam schon die nächste Gruppe auf mich zu - mein Rudel. Zugegeben sie waren meine Freunde und deutlich angenehmere Gesellschaft, als Abigail, doch auch sie wollten etwas von mir.
"Hey Liam, hast du's endlich geschafft?", erkundigte sich Seth mit dem üblichen Grinsen auf den Lippen. Zur Begrüßung gab ich ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, erwiderte dann jedoch sein Lächeln müde. „Fast."
Allein dieses eine Wort genügte, um meinen Freunden zu vermitteln, was Sache war. Jeder von ihnen kannte die Situation, nachts allein durch die Wälder zu ziehen. An den mitleidigen Grimassen, welche sie dabei schnitten, war deutlich zu erkennen, dass keiner von ihnen gern mit mir tauschen würde.
"Sam wieder?", hakte Jake dennoch nach, woraufhin ich bloß nickte. Ja, alle wussten, dass mein älterer Bruder es liebte mir diesen Job zuzuteilen. Nicht, weil er mir am meisten vertraute, sondern einfach, um mir zu zeigen, wer der Alpha war.

Plötzlich heulte ganz in der Nähe ein Motor auf. In meinen empfindlichen Wolfsohren klang es beinahe, wie ein Heulen, sodass ich gleich herum fuhr.
Ganz in der Nähe, vielleicht dreihundert Meter von uns entfernt, stand Valerie Moore. Die Neue, oder für mich das Mädchen.
Schon seitdem sie hier mitten im ersten Halbjahr aufgekreuzt war, fuhr sie mit ihrer Maschine zur Schule. Dabei war es ihr offensichtlich vollkommen egal, ob die Sonne schien oder es regnete. Auch die eisigen Temperaturen schienen ihr nichts auszumachen, denn nie trug sie mehr, als diese grüne Lederjacke. Beinahe hätte man meinen können, sie wäre eine von uns, doch das grenzte fast an ein Ding der Unmöglichkeit.
Trotzdem irgendetwas an ihr zog mich an. Vielleicht war es die Art, wie sie ihre Haare zurückwarf oder, dass sie mir direkt von Anfang an die Stirn bot. Was auch immer dieses gewisse Etwas an Valerie sein sollte, ich wollte es herausfinden...und besitzen.
"Li...Liam!", brüllte mir Quill ins Ohr, sodass ich ihn einen Schlag in den Magen verpasste. Keuchend taumelte er einige Schritte zurück, ehe er sich wieder fing. Amüsiert zog ich die Augenbrauen hoch und kräuselte die Stirn. „Ach komm schon, ich hab' dich kaum berührt."
Quill hustete und zeigte mir den Mittelfinger nicht in der Lage einen Ton herauszubringen. Erneut wanderte mein Blick hinüber zu Valerie.
Inzwischen war ihre braune Lockenpracht unter einem schlichten schwarzen Helm verschwunden. Hinter ihr saß Olivia, die ich einzig und allein an ihren violetten Haaren erkannte. Schon immer war sie eine Rebellin gewesen, die aus der Reihe tanzte, sodass es mich absolut nicht wunderte, dass sie und Valerie derart gute Freundinnen geworden waren. Beide waren dickköpfig, zickig und total verrückt. Eigenschaften, die Menschen, wie sie bloß verbinden konnten.
"Liam, wir machen auch ohne dich los", rief mir Jacob zu, der schon samt den Rudel einige Schritte voraus gegangen war.
Ich sah noch zu, wie das Duo davonbrauste, bevor ich zu den anderen aufschloss. Auf eine lange Nacht.

~

Entschuldigt vielmals, dass ich dieses Kapitel nicht schon eher hochgeladen habe, doch ich hatte einfach zu viel Stress und bin auch echt müde.
Trotzdem hoffe ich, dass euch das 20. Kapitel von Mondgeheul gefallen hat.
gezeichnet Z.

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