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Der Himmel erstrahlte in einem leuchtenden Rot, als die erste Rakete explodierte. Dann folgte mit einem lauten Knall, der mich zusammenfahren ließ, die Nächste und ergoss sich in blauen Funken über den weiten Horizont. Es war kurz nach Mitternacht und das neue Jahr hatte begonnen.
Ein neues Jahr voller Hoffnungen, Erwartungen und höchstwahrscheinlich auch Herausforderungen. Ein neues Jahr, welches ich mit meiner Familie begann.
„Jetzt die Batterie! Bitte, bitte Mr. Moore." – ach ja, und natürlich mit Olivia, welche anstatt mit ihrer Familie zu ihren Großeltern mütterlicherseits zu fahren bei uns geblieben war.
Mein Vater wechselte einen kurzen Blick mit meiner Mum, woraufhin diese nur lächelnd nickte und er sich in die Hocke begab, um die Lunte des großen Feuerwerkskörper anzuzünden. Kurz darauf explodierte der Himmel in allen Farben, begleitet von unseren Oh's und Ah's.
Nur wenig später spürte ich, wie sich die Arme meiner besten Freundin um mich legten und sie mich sanft an sich drückte. Ich schaute zu ihr herab und begegnete sofort ihren treuen, braunen Augen. Unwillkürlich musste ich lächeln. Wenn ich daran dachte, dass wir uns erst vor einem halben Jahr kennengelernt hatten, fühlte sich diese Zeit, wie eine Ewigkeit an, denn inzwischen war Liv nicht nur meine beste Freundin und engste Vertraute, sondern sie war auch zu meiner Schwester geworden. In meinem Bauch breitete sich ein warmes Kribbeln aus. „Ich hab dich lieb, Livi."
„Ich dich auch, Val. Auf ein neues, abenteuerliches Jahr unserer Freundschaft", kicherte sie und prostete mir mit der Flasche Sangria, an der sie bereits den ganzen Abend nuckelte, grinsend zu.
Ich seufzte, konnte mir dann aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Uns wird wohl nichts anderes übrig bleiben."
Mit diesem Worten schaute ich wieder zu dem strahlenden Nachthimmel auf und beobachtete, wie sich nach und nach die letzten Lichter darüber erstreckten.

Als sich meine Eltern gegen ein Uhr schließlich von uns verabschiedeten, beschlossen Liv und ich uns noch einmal die Beine zu vertreten. Einerseits, weil wir noch nicht schlafen wollten, andererseits, da die Flasche Sangria nun allmählich ihre Wirkung bei Olivia entfaltete.
„Kannst du allein laufen oder muss ich dich stützen", scherzte ich, während ich beobachtete, wie meine beste Freundin versuchte ihre Schuhe im Stehen anzuziehen.
„Haha", machte diese bloß, setzte sich auf den Boden und streifte sich ihre Boots über. Ich kicherte, ehe ich vor ihr in die Knie ging und sie in die geröteten Wangen piekte. „Hab' dir doch gesagt, so 'ne Flasche ist nicht gut für dich."
Olivia schlug mir tadelnd auf die Schulter und musterte mich aus zusammengekniffen Augen. Dann verschwand dieser mürrische Ausdruck allerdings auf einmal von ihrem Gesicht und wurde abgelöst von einem wölfischen Grinsen. „Wenn du nicht lieb zu mir bist, muss ich dich wohl an die Party erinnern, nach der du am nächsten Morgen mit Liam Uley im Bett aufgewacht bist!"
Ich sprang auf und drehte mich weg, spürte aber gleichzeitig, wie mir nun selber das Blut in die Wangen schoss. „E-Einmal u-und nie wieder", stotterte ich verlegen, streckte meiner besten Freundin dann die Hand entgegen und zog sie auf die Beine.
Olivia lachte leise: „Das glaubst aber auch nur du!"
Ein Knurren löste sich aus meiner Kehle. „Ach sei still."
Kichernd streckte mir Liv die Zunge heraus und eilte durch die Tür nach Draußen. Kopfschüttelnd folgte ich ihr und schwor mir fortan die Hände von dem Thema Alkohol zu lassen...

Liam

Ich lehnte mit dem Kopf an dem Stamm eines Baumes, die noch halbvolle Bierflasche in der Hand und versuchte - ebenso wie die anderen Jungs - das Gespräch, welches sich einige Meter von uns entfernt abspielt, zu ignorieren. Leider stellte sich das Weghören mit einem Wolfsgehör, als nicht gerade einfach heraus. Ebenso wenig trug die Lautstärke, die Sam und Lea an den Tag legten dazu bei. Die Beiden stritten – schon wieder und immer wieder drangen vereinzelt Wortfetzen an mein Ohr.
„Du verstehst das nicht!" – Lea.
„Du bist diejenige, die nicht versteht, dass..." – Sam
„Ich gebe mir Mühe, aber..." Man hörte, dass Lea allmählich unter Sam's Alphanatur brach. Seitdem klar geworden war, dass sich mein Bruder auf Emily geprägt und sich für sie entschieden hatte, war etwas in Seth's großer Schwester zerbrochen. Sie gab ihr Bestes sich nichts anmerken zu lassen und versuchte die Unnahbare zu mimen, doch irgendwann platzen die Gefühle dennoch aus ihr heraus. Und das Resultat war immer dasselbe – sie stritten und verletzten sich.
„Wir sind nur Freunde, ansonsten bin ich nur dein Alpha mehr nicht", knurrte Sam kalt. Ich schüttelte nur mit dem Kopf und schaute dann wieder hinaus auf das schwarze Meer. So sehr mein Bruder sonst für alles den richtigen Riecher hatte, in diesem Fall war er feinfühlig, wie eine Kartoffel.
So kam es, wie es kommen muss. Voller Frustration, Zorn und Schmerz schrie Lea: „Dann verlasse ich eben das Rudel! Ich komme auch allein klar! Und dich! Dich brauche ich nicht!"
Keinen Herzschlag später vernahmen meine Ohren auch schon das knackende Geräusch von Knochen, gefolgt von davon eilenden Schritten. Ich seufzte und drehte mich schließlich wieder den Anderen zu. Diese blickten ebenso bedrückt, wie ich in die Runde.
„Das ist ja mal wieder großartig verlaufen", murrte Quill und biss sich auf die Lippen. Die Anderen nickten zustimmend, während Seth unschlüssig auf den Versen wippte.
Ich ahnte woran er dachte und schüttelte deshalb mit dem Kopf. „Besser du lässt sie erst einmal zur Ruhe kommen. Du kennst sie doch."
Das jüngste Rudelmitglied seufzte, nickte aber schließlich. „Vermutlich hast du recht. Trotzdem werde ich mir Sam noch vorknöpfen."
„Na dann, viel Spaß", gluckste Paul und legte dem Jüngeren einen Arm um die Schultern.
„Aber jetzt", schaltete sich nun auch Jake ein. „Lasst uns erst einmal weiter feiern. Es ist Silvester und eine Nacht ist, wie ihr wisst, viel zu kurz."
Zustimmend nickten wir und setzten uns wieder in Bewegung.

Valerie

„Na, wie geht's dir inzwischen", erkundigte ich mich, nachdem Olivia und ich eine ganze Weile schweigend nebeneinander hergelaufen waren. Mittlerweile hatte sich die Röte wieder aus ihrem Gesicht verzogen und auch ihre Augen wirkten deutlich klarer.
„Besser", grinste meine beste Freundin und hakte sich bei mir unter. „Deutlich besser."
„Gut genug, um noch bis zum Strand von La Push zu gehen?", hakte ich nach und zwinkerte ihr verspielt zu. In einer Nacht, wie dieser war meine Wölfin hellwach und ich somit voller Energie. Ob ich nun ein oder zwanzig Kilometer lief, schien dabei keine Rolle zu spielen.
„Hm", machte Olivia nachdenklich und dachte kurz über meinen Vorschlag nach, dann stahl sich ein Lächeln auf ihre Lippen und sie schob sich eine lilafarbene Strähne hinters Ohr. „Soweit ist es ja inzwischen nicht mehr und wenn ich nicht mehr kann, lass ich mich einfach von dir tragen."
Gespielt empört stemmte ich die Hände ich die Hüften und blies die Backen auf. „Soso, ich soll dich also tragen..."
„Das ist der Plan", stimmte mir meine beste Freundin grinsend zu. Ich erwiderte ihr Lächeln. Dann hob ich jedoch blitzschnell die Hand, packte einen Ast von der Tanne unter der wir gerade liefen und ließ diesen ebenso schnell wieder los. Wie nicht anders zu erwarten, ergoss sich ein kalter Schneeregen über uns, welche Liv zum Kreischen brachte.
„Das hast du mit Absicht gemacht!", quiekte sie, während sie probierte ihren Nacken von dem Schnee zu befreien.
„Na klar", gluckste ich und brach bei dem Anblick ihres Gesichtes schließlich völlig in Gelächter aus. Kurz darauf fiel Olivia in mein Lachen mit ein, sodass wir uns bald schon gemeinsam windend und kichernd im Schnee zu unseren Füßen wieder fanden.

Dieser ausgelassene Moment war jedoch von der einen auf die andere Sekunde vorüber, als auf einmal ein leises Schluchzen an meine Ohren drang. Auf der Stelle hielt ich inne, legte einen Zeigefinger an meine Lippen und bedeutete Liv still zu sein. Dann erhob ich mich und folgte dem Geräusch, Olivia dicht auf den Versen. Mein ganzer Körper war angespannt, auf alles gefasst und im Notfall sogar zum Angriff bereit.
Womit ich allerdings nicht gerechnet hatte, war die Person, die ich in einer Silvesternacht klangheimlich Tränen vergießend, antreffen würde. Vermutlich war ich deshalb im ersten Moment zu keiner Handlung fähig, als ich Lea Clearwater – kaum zwei Meter von mir entfernt – weinend auf dem Boden vorfand. Ihr sonst so großer Körper war in sich zusammen gesunken und sie hatte ihre Knie fest an ihre Brust gezogen. Nichts an ihr erinnerte noch an diese bissige, aber dennoch starke Frau, die mir bei unserem ersten Treffen begegnet war. Stattdessen wirkte sie nun vielmehr wie ein einfaches Mädchen, das verletzt wurden war und nicht mehr weiter wusste.
Was war bloß mit ihr geschehen? Mein Blick wanderte zu Olivia, welche allerdings auch nur ratlos mit den Schultern zuckte, ehe sie wieder zu Lea sah. Von da an zögerte sie bloß noch einen Augenblick, bis sie sich in Bewegung setzte, sich an die Seite der Wölfin kniete und ihr behutsam einen Arm um die Schultern legte. Lea zuckte zusammen und blickte überrascht zu meiner besten Freundin auf. Ihre Augen waren gerötet und vom Weinen leicht geschwollen.
„Lea?", sprach Liv ihren Namen ganz sanft aus und drückte sie kurzdarauf stärker an ihre Brust. „Mein Name ist Olivia Hale und Valerie kennst duja bestimmt schon." Damit deute sie auf mich, woraufhin ich zögerlich die Handhob und dann einen Schritt auf sie zumachte.
Diese Bewegung schien wieder Leben in Lea zu bringen, denn plötzlich entriss sie sich Olivias Umarmung und sprang auf, die Hände zu Fäusten geballt. „Waswollte ihr hier?!"
Überrumpelt von ihrer plötzlichen Feindseligkeit hob ich die Arme und meinte: „Wirhaben dich weinen gehört und wollten nachsehen, ob da jemand unsere Hilfe braucht."
Lea schnaubte genervt und schüttelte mit dem Kopf. „Wie ihr seht, braucht hier niemand eure Hilfe, also zischt ab!"
„Dir scheint es aber nicht gut zu gehen!", brachte sich nun auch Olivia wiedermit in das Gespräch ein und berührte Lea wieder ganz sacht an der Schulter. DieserAugenblick genügte mir, um erneut das verräterische Glitzern in ihren Augenaufkommen zu sehen und mich geschlagen zu geben. Noch bevor sich die Wölfinwieder aus den Armen meiner besten Freundin winden konnte, warf ich meinen Stolz über Bord, ging seufzend zu den Beiden hinüber und schloss nun ebenfalls Lea in meine Arme.
Das Wolfsmädchen gab ein unsicheres Knurren von sich, welches sich jedoch bald in ein Schluchzen verwandelte. Wir hatten die Mauer, um ihr Herz gebrochen...    

~

Huhu ihr Eulchen,
tut mir wirklich leid, dass ich so lange nichts mehr veröffentlicht habe! Es ist im Moment wirklich alles ein wenig stressig, da wir ganz viele Klausuren und Arbeiten schreiben, die wichtig sind. Deshalb hoffe ich, dass ihr versteht, dass meine Zeit zum Schreiben begrenzt ist.
Trotzdem hoffe ich, dass ihr weiterhin dran bleiben werdet und euch auf jedes neue Kapitel von Mondgeheul mit mir freut.

allerliebste Grüße
Zoey

MondgeheulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt