Ohne darauf zu achten, wem ich, wie oft auf die Füße trat, kämpfte ich mir einen Weg in das Innere des menschlichen Kreises. Dort angekommen, begann ich erst einmal die Situation zu analysieren.
Kaum einen Meter von mir entfernt, kniete Liam über einer zweiten Person. Es war somit eindeutig, wer hier die Oberhand hatte, doch das schien ihm nicht zu genügen.
Immer und immer wieder schlug Liam auf das Gesicht des Jungen ein. Es schien ihn gar nicht zu kümmern, dass dieser schon genug hatte. Dabei glich sein Gesicht beinahe schon einem roten Luftballon, so geschwollen und blutig war es.
Mir war klar, dass ich schnell etwas unternehmen musste, sonst würde es böse für beide enden. „Liam", versuchte ich es zuerst noch einmal mit Worten. Keine Reaktion. „Liam, hör auf!", schrie ich noch einmal lauter und für einen Moment glaubte ich, dass er mich gehört hatte, aber dann schlug er ein weiteres Mal zu. Das darauffolgende Knacken ließ alle Dämme in mir brechen.
Binnen Sekunden überbrückte ich die restliche Distanz zwischen mir und den Kämpfenden, packte Liam an seinem Hemdkragen und zerrte ihn außer Reichweite. Ein Raunen ging durch die Masse aus Schüler, die nun alle gebannt Liam anstarrten. Ich wusste, was sie dachten: Wie hat sie das geschafft? Und...Wird er nun sie angreifen?
Doch dazu ließ ich es nicht kommen. Bevor Liam überhaupt die Möglichkeit hatte den ersten Schritt zu machen, war ich auch schon wieder an seiner Seite. Ich kniete mich neben ihn und legte vorsichtig eine Hand auf die Schulter. Er zuckte zusammen, ehe er mir blind vor Wut in die Augen sah. Ich holte tief Luft, ehe ich erneut zu ihm sprach: „Liam, ich bin es - Valerie. Bitte, du musst dich beruhigen. Hörst du mich?"
Für einen Moment lang herrschte absolute Stille in der Turnhalle. „Valerie?"
Erleichterung durchfuhr mich, als er meinen Namen sagte. Gut, er erkannte mich noch. Weiterhin sehr bedacht darauf mich nicht zu schnell zu bewegen, um ihn nicht zu reizen, legte ich ihm meinen Arm um die Hüfte. „Ich werde dich jetzt hier rausbringen, okay?" Mit diesen Worten zog ich ihn wieder auf die Beine und machte mich daran ihn aus der Turnhalle zu bringen.
Zum Glück war der Weg nach draußen kein Vergleich zu dem nach drinnen, da die Schüler ganz von allein Platz machten und somit eine Gasse bildeten.
Wir waren beinahe an der Tür angekommen, als mich ein Gedanke traf. Und was ist mit dem anderen?
Abrupt blieb ich stehen und wandte mich an das Mädchen, das gerade neben mir stand. „Kümmert euch darum, dass der Junge auf die Krankenstation kommt, verstanden?"
Das Mädchen zog den Kopf ein, nickte aber. Ich zwang mich zu einem Lächeln, dankte ihr und zog Liam weiter mit mir. Eigentlich könnte ich auch sagen, dass ich ihn trug, denn dafür, dass der Kerl gerade eben noch in Topform gewesen war, ließ er sich nun ganz schön hängen. „Du kannst ruhig ein wenig mithelfen", meckerte ich, als wir bereits halb aus der Tür waren.
„Würde ich ja, aber...", knurrte er, brach aber mitten im Satz ab, bevor er von einem heftigen Zittern geschüttelt wurde. Ich wollte gerade fragen, was mit ihm los sei, als ich spürte, wie sich seine Haut anspannte. Abrupt blieb ich stehen und starrte ungläubig Liam an. Seine Haut glänzte fiebrig und fühlte sich selbst unter meiner Berührung viel zu warm an. Das Zittern, die Hitze, die Spannung - all das waren in meiner Welt Anzeichen für eine Verwandlung, doch war es möglich...? Konnte es sein, dass...?
Ich schüttelte den Kopf. Egal, was mit ihm nicht stimmte eines war klar, er musste hier raus.
Ohne wirklich darauf zu achten, ob Liam Schritt halten konnte, peilte ich erneut die Tür an von der uns bloß noch wenige Schritte trennten.
Bereits, als mir die frische Dezemberluft entgegen strömte, spürte ich, wie mich Erleichterung überkam. Doch noch hatten wir es nicht geschafft. Erneut wandte ich mich also Liam, dem es immer schlechter zu gehen schien, zu und fragte: „Wohin jetzt?"
Erst dachte ich, er würde mir gar keine Antwort geben, aber dann hob er die Hand und deutete auf den Wald, der an das Schulgelände grenzte.
„Verstanden", nickte ich und führte ihn weiter.
Umso näher wir dem Wald kamen, desto schneller wurden meine Schritte. Nicht nur, dass ich Liam in Sicherheit wissen wollte, auch mein Wolf spürte nun die Nähe zu der Natur.
Unwillkürlich jagte mir ein Schauer über den Rücken, als die Sehnsucht mich zu verwandeln in mir aufstieg und mich beinahe übermannte. Ich gab ein Knurren von mir, zwang mich jedoch dazu mich zusammen zu reisen. Ich konnte meinem Verlangen nicht nach geben, gerade jetzt, da Liam bei mir war. Außerdem befand ich mich noch immer im Gebiet des Rudels. Niemals würde ich zulassen, dass man mich entdeckte.
„Geht's?", wandte ich mich wieder dem Uley Jungen zu, nachdem wir einige Meter in den Wald eingetaucht waren. Er sah noch immer nicht gut aus und auch das Zittern schien nicht nachzulassen, so wie er sich an dem Baumstamm festkrallte. Vorsichtig streckte ich die Hand nach ihm aus. „Soll ich dir irgendetwas bringen? Oder jemanden herholen?"
„Nein!", schrie er so laut, dass ich zusammen zuckte und einige Schritte zurück wankte. Dann fing ich mich allerdings wieder und schaute ihn ungläubig an. Was sollte das denn jetzt?
So finster, wie er mich nun ansah, würde ich wohl keine Antwort darauf erhalten. Doch während alles in mir danach schrie, wegzulaufen, erinnerte ich mich daran, wer ich war. Ich war nicht ein einfaches Mädchen - ich war eine Wölfin. Ein Wesen, welches sich nicht kampflos geschlagen gab.
„Was ist eigentlich dein Problem?!", setzte ich also zum Gegenschlag an und ging wieder auf ihn zu. „Ich helfe dir, damit du nicht diesen armen jungen zu Tode prügelst, schleppe deinen Arsch den ganzen Weg bis hierher und du dankst es mir, indem du mich anbrüllst?" Ich schnaubte abfällig. „Eigentlich hatte ich mehr von dir erwartet. Du enttäuscht mich, Liam Uley!"
„Geh!", flüsterte Liam so leise, dass ich ihn fast überhört hätte.
Entrüstet stemmte ich die Hände in die Hüften. „Wie bitte? Ich glaube du hast mich gerade nicht verstanden, aber..."
„Valerie!", stieß er meinen Namen zwischen seinen Zähnen hervor. „Geh, bevor es zu spät ist."
Zu spät? Für was? Kurz hielt ich mitten in der Bewegung inne, ehe ich mich wieder daran erinnerte, was ich eigentlich vorgehabt hatte. „Nein. Nein, ich werde nicht gehen. Ich bin hier um dir zu helfen, also lass mich..."
„Du bist aber keine Hilfe! Du machst es bloß noch schlimmer!", brüllte er mir entgegen, dann hörte ich es. Ein schmerzhaftes Reißen, welches von Liam ausging. Dann fiel er auch schon auf die Beine und pechschwarzes Fell begann aus seiner Haut zu schießen.
Ungläubig riss ich die Augen auf und schüttelte mit dem Kopf. Das konnte nicht sein. Ich konnte nicht recht haben. Es gab noch andere, wie mich?
~
Hey Leute,da bin ich wieder! So nun ist es endlich soweit, Liams wahre Identität wurde gelüftet. :D
Wie wird Valerie darauf reagieren? Was wird das Rudel dazu sagen? Und vor allem, was bedeutete das für die Beziehung der beiden?
Was sagt ihr dazu?
Kommentare und Kritik sind wie immer erwünscht - Bis bald!
Zoey.
PS: Ich habe echt lange damit gerungen euch diesen Teil von Mondgeheul zu präsentieren, da ich damit nicht ganz zufrieden war. ^^' Deshalb frage ich nun euch: Wie fandet ihr den Schreibstil dieses Kapitels?
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Mondgeheul
WerewolfValerie Moore hat schon vieles in ihrem Leben durchgemacht. Als ihre Eltern jedoch auf Grund der Versetzung ihres Vaters nach La Push ziehen, bricht für sie eine Welt zusammen, denn sie muss ihr bisheriges Leben hinter sich lassen. In La Push erwart...