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"38,6°C", verkündete meine Mum, nachdem sie mir das Fieberthermometer aus dem Mund genommen hatte und warf mir einen mitleidigen Blick zu.
"Was?!", krächzte ich und fuhr auf. Oder zumindest hatte ich es vor gehabt, denn noch bevor ich mich überhaupt hätte aufsetzen können, schob mich meine Mutter bereits zurück in die Kissen. „Oh nein Kleines, du bleibst heute im Bett."
„Aber", setzte ich an, wurde jedoch von ihr auf der Stelle unterbrochen: „Keine Widerrede!"
Ich klappte den Mund wieder zu und starrte aus dem Fenster. Draußen hatte es wieder begonnen zu schneien.
Meine Mum seufzte und strich mir dann zärtlich über den Kopf. „Bleib heute einfach im Bett, okay? Ich mach dir auch einen schönen Tee mit Honig."
„Mit viel Honig", grummelte ich, was sie zum Lachen brachte. Kurz darauf verließ meine Mutter mein Zimmer.
Ich sah ihr hinterher, dann wanderte mein Blick zurück zu meinem Fenster. Seit Liam's Besuch waren drei Tage vergangen und das bedeutete, dass er und die anderen mich heute Abend bei Emily erwarteten.
Doch nun hatte mir diese Grippe einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber wie hätte ich auch ahnen können, dass das leichte Kratzen von gestern sich so entwickeln würde? Ich wurde doch nie krank. Wirklich nie!
„Verflucht", zischte ich, schob die Beine über die Bettkannte und stand, trotz der klaren Ansage meiner Mutter, auf. Ich musste zu diesem Treffen – komme, was wolle. Ansonsten würden die Alpträume nie aufhören.
Ja, die Alpträume oder besser gesagt der eine Traum, welcher mich nun jede Nacht aufs Neue heim suchte und mir den Schlaf raubte. Unwillkürlich wanderte mein Blick zu dem Spiegel neben meiner Wand. Meine Wangen waren rot, meine Stirn verschwitzt und unter meinen Augen lagen dunkle Ringe. Ich sah wirklich beschissen aus. Kein Wunder, dass mich Mum niemals gehen lassen würde.
Ich seufzte und ließ die Schultern hängen. Spätestens bis heute Abend musste sich also entweder mein Zustand gebessert oder ich mir einen Fluchtplan zurechtgelegt haben.

Immer wieder huschte mein Blick von dem Fernseher, zu der Uhr neben dem Eckschrank. Es war bereits kurz nach dreiviertel Fünf. Die Zeit wurde also allmählich knapp und ich saß noch immer auf der Couch mit meinem Dad fest.
Jetzt oder nie, dachte ich und gähnte laut. Wie erwartet sprang mein Vater sofort und fragte: „Müde?"
Blinzend nickte ich und täuschte erneut ein Gähnen vor. „Besser ich geh schlafen. Ich bin wirklich fertig." Das war im Prinzip sogar keine Lüge, da mich das Fieber den ganzen Tag lang wirklich geschafft hatte.
Kurz zeigte sich Überraschung in den grauen Augen meines Vaters, doch dann nickte er. „Na dann, schlaf schön."
„Danke", murmelte ich, lächelte ihm zu und verschwand in dem Flur. Dort angekommen, hatte ich bereits die ersten Stufen hinter mich gebracht, als mich plötzlich die Stimme meiner Mutter aufhielt. „Wo willst du denn hin?"
Für einen Moment biss ich mir auf die Unterlippe, ehe ich ihr langsam meinen Kopf zuwandte und dann sagte: „Ich geh schlafen, bin echt müde."
„Jetzt schon?"
„Ja, jetzt schon", meckerte ich, da sie sich einfach nicht entscheiden konnte. Erst sollte ich im Bett bleiben und nun, da ich auf dem Weg dahin war, durfte ich nicht mehr? Ich schüttelte verständnislos mit dem Kopf, grummelte ihr ein liebloses „Nacht" zu und stieg die letzten Stufen zu meinem Zimmer hoch.
Kaum oben angekommen, begann ich auch gleich alles vorzubereiten. Zuerst kümmerte ich mich um mein Bett, indem ich die Kissen so unter der Decke drapierte, dass es wie ein menschlicher Umriss aussah. Der alte Trick, aber sicher war sicher.
Danach war ich dran, schließlich konnte ich schlecht in meinem Schlafzeug bei den Jungs auftauchen. Ich schlich also zu meinem Kleiderschrank, öffnete die Türen und griff mir nach kurzen Überlegungen einen dicken Pullover und eine warme Jeans. Nachdem ich die Sachen dann übergezogen hatte, schickte ich Olivia eine Nachricht, dass ich nun losmachen würde. Anscheinend wurde es langsam zu einer Gewohnheit, dass ausgerechnet sie mein Fluchtfahrer war. Doch wen sollte ich auch sonst fragen?

Nachdem ich es geschafft hatte irgendwie aus meinem Fenster zu klettern und auf den Baum zu springen, landete ich verschwitzt und beinahe am Ende meiner Kräfte in dem Schnee vor meinem Zimmer.
Ich keuchte, zwang mich aber weiter zu laufen. Damit meine Eltern wirklich nicht mitbekamen, dass ich mich ohne ihre Erlaubnis aus dem Staub machte, hatten meine beste Freundin und ich beschlossen, uns einige hundert Meter von meinem Haus entfernt zu treffen.
Eigentlich war es tatsächlich nun ein knapper Spaziergang durch den Wald, doch heute fühlten sich selbst diese wenigen Meter wie ein Marathon an, sodass ich ziemlich glücklich war, als ich meinen Hintern letztendlich auf den Beifahrersitz von Olivias Golf platzierte.
Olivia beäugte mich sorgenvoll. „Du siehst nicht gut aus, Süße."
Ich lächelte gequält. „Erzähl' mir was Neues."
„Und du bist sicher, dass du das Treffen mit den anderen Werwölfen nicht verschieben möchtest?", vergewisserte sie sich noch einmal, während sie den Motor startete und den ersten Gang einlegte.
Ich verneinte, lehnte meinen Kopf gegen die Sitzlehne und schloss die Augen. „Keine Sorge, ich schaffe das."

Zehn Minuten nach sechs erreichten wir schließlich das Zuhause von Emily, Sam und Liam. Der zuletzt genannte, lehnte bereits mit verschränken Armen an der Verandatür und schien zu warten.
Liv stoppte den Wagen und musterte mich noch einmal. „Du rufst mich sofort an, wenn du mich braucht, klar?"
Unwillkürlich schlich sich ein Grinsen auf meine Lippe. „Klipp und klar, Ma'am." Ich salutierte und zwinkerte ihr neckisch zu.
Olivia verdrehte die Augen, erwiderte mein Grinsen jedoch. „Pass auf dich auf. Ich hab' dich lieb!"
„Ich dich auch", meinte ich, bevor ich die Wagentür öffnete und ausstieg. Dann steuerte ich auch schon schnurstracks auf Liam zu, der sich nun auch von der Wand löste und mir entgegen kam.
„Du siehst nicht gut aus", wiederholte er genau die Worte, die ich heute von jedem zu hören bekam.
Ich schnaubte, ließ mich jedoch von ihm in eine Umarmung ziehen. „Das sagt heute wirklich jeder."
Kurz strichen Liam's Finger über meine Stirn. „Und du fühlst dich heiß an."
Sofort zuckte ein breites Lächeln über meine Lippen. „Also das habe ich heute noch nicht gehört." Damit löste ich mich von dem Wolf, ging an ihm vorbei auf die Eingangstür zu. Aber Liam wäre nicht Liam, hätte er mich binnen Sekunden eingeholt, am Handgelenk gepackt und zu sich umgedreht. „Valerie, lass die Scherze. Sag mir lieber, was los ist!"
„Es ist nichts", zuckte ich mit den Schultern und verschwieg ihm somit sowohl das Fieber, als auch meine Grippe. Sicherlich würde ich mich auf der Stelle zurück Nachhause schicken, wenn er wüsste, wie es um mich stand.
„Bist du krank", ließ der Werwolf dennoch nicht locker und begutachtete mich misstrauisch, ehe er mich noch einmal die Hand an die Stirn legte."Ist dir warm?"
Nein, ganz im Gegenteil. Mir war eiskalt, doch das brauchte er nicht zu wissen. Eben deshalb schüttelte ich seine Hand wieder ab und schickte mich erneut an ins Haus zu gehen. „Es ist nichts. Ich will einfach nur endlich erfahren, was es mit allem auf sich hat."
Ich sah, wie Liam mit sich rang und wartete, bis er schließlich zustimmend nickte. „Dann lass uns reingehen."

Drinnen erwartete uns bereits die versammelte Mannschaft, einschließlich Emily und einem Mädchen, welches ungefähr in meinem Alter sein musste. Sekunde mal. Ich kannte sie! Ich schaute sie mir noch einmal näher an. Ja, sie war definitiv das Mädchen, welches ich schon ein paar Mal in der Schule am Tisch der Jungs gesehen hatte. Ob sie auch zum Rudel gehörte?
Doch noch ehe ich mir diese Frage beantworten lassen konnte, grollte das Mädchen auch schon: „Was will die denn hier?"
Die? Ich hob eine Braue und bedachte sie mit einem kühlen Blick. Sie kannte mich doch gar nicht. Wieso also verhielt sie sich dann so abwertend mir gegenüber?
Gerade, als ich eben dies herausfinden wollte, schaltete sich auch schon Sam, der Alpha ein. „Lea, wir haben Valerie eingeladen. Also entweder du bist jetzt nett oder du verziehst dich."
„Wie bitte?!", zischte diese Lea und funkelte mich wütend an.
„Verschwinde." Ein einzelnes Wort von Sam und dennoch schien es in diesem Mädchen viele Gefühle auf einmal hervorzurufen. Sie knurrte, sprang auf und stürmte aus dem Raum, an uns vorbei nach Draußen. Was allerdings alle zu übersehen schienen, war der Schmerz, welcher in ihren Augen aufflackerte, während sie ging.
Schmerz..."Sollte ihr nicht besser jemand hinterher?", hakte ich nach und schaute ihr nach. Egal, ob sie mich leiden konnte oder nicht, wenn jemand solch einen Ausdruck auf dem Gesicht hatte, sollte er nicht alleine sein.
„Ach nein", winkte Jared jedoch sofort ab und versuchte sich an einem Lächeln. „Lea bekommt sich schon wieder ein."
Aber wer weiß, welchen Preis sie dafür zahlt...
„Außerdem gibt es gleich Essen, also setz dich", klinkte sich noch auch Embry in das Gespräch ein und bedeutete mir neben sich Platz zunehmen.
Bevor ich mich allerdings überhaupt in seine Nähe kommen konnte, wurde ich auf schon umgedreht und auf die andere Seite der Bank gedrückt. „Ey", machte ich und funkelte Liam, der sich gerade mir gegenüber niederließ, böse an. Warum schubste er mich heute nur so hin und her?

Sobald Emily drei Teller auf denen sich dampfende Pizzastücke gestapelt hatten auf den Tisch gestellt hatte, begannen die Jungs zu Essen. Ich hingegen hatte überhaupt keinen Appetit, trotz der Tatsache, dass ich heute noch nicht wirklich etwas gegessen hatte,
Als ich mir selbst nach einigen Minuten noch kein Stück gegriffen hatte, warf mir Seth, der zu meiner Rechten saß, einen fragenden Blick zu. „Ist du gar nichts?"
Nun schauten auch alle anderen auf und musterten mich eingehend. „Ich würde lieber mehr über die bleiche Frau von damals erfahren."
„Wie du meinst", stimmte Sam mir zu und legte die Pizza, die er eben noch in der Hand gehalten hatte, zurück auf seinen Teller.
„Da du unsere Stammesgeschichte bereits kennst, werde ich sie nicht noch einmal erzählen", meinte der Alpha und machte kurz eine Pause. „Stattdessen beginnen wir mittendrin. Du erinnerst dich sicherlich an unseren Urahnen Taha Aki und die Gesichte der kalten Wesen." Ich nickte und wartete darauf, dass Sam fortfuhr. „Tja, ebenso wie wir sind auch diese Wesen keine Legende."
„Also war diese Frau eine Vampirin?"
„Genau", nickte Liam's Bruder. „Und da sie in unser Gebiet eingedrungen ist und zudem das Volk bedroht hat, welches wir geschworen haben zu beschützen, war es unsere Pflicht sie zu eliminieren."
„Moment", stoppte ich Sam. „Ihr habt sie nur getötet, weil sie nach La Push kam?"
„Nicht nur", meldete sich nun auch Paul zu Wort, sein Blick war ernst und seine Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst. „Sie gehörte auch einer Gruppierung von Vampiren an, die wir seit einiger Zeit jagen, sogenannten Trackern, welche Freude daran haben Menschen, wie Tier zu jagen und anschließend zu töten."
Ich sog scharf die Luft ein. Es war eine Sache ein Tier durch den Wald zu jagen, eine ganz andere jedoch, wenn man sich an dem Leid dieses Wesen ergötzte und genauso war es mit Menschen. „Also sind Vampire kein bisschen, wie in den Romanen, sondern vielmehr nach blutdürstende Bestien."
Wieder verneinte jemand – Jake. „Nicht ganz. Es gibt auch andere, die sich entweder auf eine verdreht humane Art ernähren oder ganz auf menschliches Blut verzichten."
„Kein Blut, aber wie bleiben sie dann bei Kräften?", bohrte ich weiter, inzwischen darauf auf immer mehr zu erfahren.
„Sie trinken von Tieren und nennen sich Vegetarier", schnaubte Paul. Er schien trotz der Tatsache, dass diese Vampire niemanden töteten nicht gerade gut von ihnen zu denken.
„Woher wisst ihr so genau über sie Bescheid?", fragte ich, während meine Sicht plötzlich begann zu verschwimmen.
„Durch die Cullens, welche sich in der Gegend von Forks angesiedelt haben", begann Liam nun zu erklären. „Zwischen uns besteht seit langer Zeit ein Pakt, der den Frieden zwischen unseren Stämmen gewährleistet. Sie betreten unser Gebiet nicht und wir nicht..." Noch während Liam weitersprach, wurde mir immer schwindliger und ich begann unkontrolliert zu zittern.
Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter und ließ mich zusammenfahren. „Valerie, alles okay mit dir?" Jakobs Worte drangen bloß noch wie durch Watte an mein Ohr, sodass ich deren Bedeutung kaum noch verstand.
„Ich...muss kurz ins Bad", stammelte ich und stand wankend auf. Einen Moment später wurde alles um mich herum schwarz.

~

Huhu Mondfreunde,
wie ihr seht habe ich mal wieder ein neues und vor allem echt langes (!) Kapitel veröffentlicht. :D Ein wenig eher als geplant, denn eigentlich versuche ich mich nun immer auf Samstag oder Sonntag festzulegen. Aber so wie ich mich kenne, wird das bestimmt nichts. ^^'
Trotzdem hoffe ich, dass euch das neue Kapitel gefallen hat und würde mich freuen, wenn ihr mir einen Kommentar hinterlasst. :D
Nun aber zu dem Wesentlichen. Seit kurzem Spiele ich nämlich mit dem Gedanken entweder ein Gewinnspiel zu veranstalten oder eine Art Frage-Antwort-Stunde zu machen, in der ihr mir persönliche Fragen stellen dürft.
Was wäre euch denn lieber? :D

Liebe Grüße
Zoey



MondgeheulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt