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Zuerst liefen wir eine Weile schweigend nebeneinander her. Die Stille zwischen uns war währenddessen jedoch keinesfalls unangenehm, sondern einfach vorhanden. Vermutlich störte sie mich deshalb auch nicht, da ich durch sie noch einmal Zeit hatte meine Gedanken zurechtzurücken.
„Du bist also ein Werwolf", brach ich schließlich die Stille und schaute zu dem Uley Jungen auf.
Für einen Moment sah dieser mich verdutz an, dann jedoch begann sich ein zögerliches Lächeln auf seinen Zügen auszubreiten. „Ja ich denke das bin ich - irgendwie."
Ich erwiderte sein Lächeln und verschränkte die Arme hinter den Rücken. Es fühlte sich gar nicht mal so schlecht an neben Liam durch die Nacht zu laufen. Tatsächlich schien sich selbst mein Wolf in seiner Nähe zu entspannen, sodass ich nicht ständig gegen den Drang ihn freizulassen, ankämpfen musste. „Wie kam es eigentlich, dass du - naja - eben zu einem Werwolf wurdest?", stellte ich ihm die nächste Frage. Immerhin waren wir ja genau deshalb hier - damit er mir meine Fragen beantworten konnte.
Bisher hatte Liam Blick mich keine Sekunde aus den Augen gelassen, doch nun hob er auf einmal das Kinn und sah gen Himmel. „Valerie, erinnerst du dich noch an die Geschichte die Billy Black uns damals am Lagerfeuer erzählte?"
Ich runzelte die Stirn. „Du meinst die Legenden der Quileute?"
„Genau", stimmte er mir zu und bestätigte somit, dass ich mit meinem alten Verdacht, dass diese Geschichten wahr sein könnten, wirklich recht gehabt hatte. „Der Wolf in den Nachfahren von Taha Aki bricht dann aus, wenn dem Stamm Gefahr droht und so ist es auch mir passiert."
Unwillkürlich spürte ich, wie Enttäuschung in mir aufstieg. Wenn es wirklich stimmte, dass der Fluch der Quileute nur durch eine Bedrohung ausgelöst wurde, dann mussten Liam und ich doch unterschiedlich sein. Aber vielleicht.... „Und die Verwandlung wird wirklich nur dadurch ausgelöst? Gab es noch keine Vorfall, in der sie einfach so vollzogen wurde?"
Erneut streifte mich Liam's Blick, beinahe so, als würde er irgendetwas in meinem Gesicht, meiner Haltung oder meiner Mimik suchen das mich verriet. Als er jedoch nicht fündig wurde, schüttelte er bloß mit dem Kopf. „Nicht, dass ich wüsste."
Ha! Da war sie, die Ungewissheit die mir doch noch Hoffnung gab irgendwann einmal mehr über mein anderes Ich zu erfahren.

Liam

Wir hatten erneut damit begonnen einfach stillschweigend nebeneinander her zu laufen. Es verwunderte mich, dass es Valerie nichts auszumachen schien. Dabei waren Mädchen doch normalerweise dafür bekannt, dass sie den Mund nie zu machten.
Obwohl, was war an Valerie Moore schon normal? Schon an ihrem ersten Tag im Reservat hatte sie sich nicht damit zufrieden gegeben sich dem üblichen Alltag hier zu unterwerfen. Wo auf immer sie sich befand und stand, sie zog ihr Ding durch ohne viel auf die Meinung anderer zu geben.
Eben deshalb sollte es mich vermutlich auch nicht verwundern, dass sie selbst jetzt - nachdem sie herausgefunden hatte, wer oder eher was ich war - vollkommen gelassen blieb. Und doch konnte ich nicht anders, als zu staunen. „Wieso hast du gar keine Angst vor mir?", rutschte mir die Frage, die mich schon die ganze Zeit beschäftigte, ausversehen heraus.
Überrascht sah Valerie aus ihren waldgrünen Augen zu mir auf. „Wieso sollte ich?", antwortete sie mir dann sogleich mit einer Gegenfrage. „Klar, du bist hin und wieder arrogant, aufbrausend, ignorant, anmaßend , nervig..."
„Jaja", unterbrach ich sie und hob ich ergeben die Hände. „Ich bin ein Arsch."
„Und unhöflich", sprach Valerie einfach weiter. „Aber, wenn ich so die Ereignisse der letzten Tage betrachte, hast du mir schon ein paar Mal den Arsch gerettet. Demnach kannst du eigentlich gar nicht so ein schlechter Kerl sein."
Nun war ich an der Reihe ihr einen verwunderten Blick zuzuwerfen. Hatte mir Valerie Moore eben ein Kompliment gemacht? Meine Kratzbürste? Es musste so sein, denn meine Ohren täuschten sich nie. Ohne, dass ich es bemerkte, schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. „Hey Valerie", setzte ich an und kratzte mich verlegen am Hinterkopf. „Was hältst du davon, wenn wir das alte Kriegsbeil zwischen uns endlich begraben?" Langsam hob ich meine Hand und hielt sie ihr entgegen. „Freunde?"
„Klar", nickte Valerie und ergriff ohne zu zögern meine Hand. „Freunde!"

~

Heyho! :D
Endlich ist es soweit! Die Freundschaft zwischen Liam und Valerie kann beginnen! Ich hoffe ihr seid gespannt auf den weiteren Verlauf von Mondgeheul - ich bin es nämlich auch. Mal gucken, was sich mein Gehirn demnächst für Abenteuer zusammenspinnt.
Bis dahin drückt mir die Daumen! <3

gezeichnet
Z.

MondgeheulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt