Liam begleitete mich noch bis zu meinem Klassenzimmer. Die ganze Zeit über hatte er mich unauffällig gestreift und meine Nähe gesucht. Seine Berührungen waren flüchtig, aber dennoch wurde mir bei jeder einzelnen warm ums Herz.
Auch nun, da er mir kurz über die Wange strich, spürte ich wie eine kleine Flamme sich in meinem Körper ausbreitete.
„Da wären wir", brach er schließlich die Stille, machte allerdings keine Anzeichen von mir abzulassen.
Auch ich wollte mich noch nicht von ihm trennen, weshalb ich gedankenverloren nickte und ihm weiter in die bernsteinfarbenen Augen sah.
Nachdem wir eine Weile weiter geschwiegen und einfach unsere Nähe genossen hatten, beschloss ich, dass es allmählich Zeit wurde zu gehen. Ich trat also einen Schritt zurück und sah dabei zu, wie seine Hand langsam zurück an seine Seite sank. „Ich muss los", flüsterte ich, nicht im Stande diesen Moment durch laute Worte zu zerstören.
„Du hast Recht", stimmte Liam mir zu und beobachtete mich dabei, wie ich mich langsam zum Gehen wandte. Er selbst verharrte an Ort und Stelle, beinahe so, als würde er auf etwas warten.
Unschlüssig, was das sein sollte, winkte ich ihm zu und lächelte noch einmal. Dann drehte ich mich vollkommen mit dem Rücken zu ihm.
"Val!" Seine Stimme, die meinen Namen rief, hielt mich abrupt auf. Mit gerunzelter Stirn warf ich einen Blick über meine Schulter zurück zu ihm und wartete, was der Wolf zu sagen hatte. „Bevor du gehst, wollte ich dich noch etwas fragen", begann Liam, ehe er sich seltsam verlegen am Hinterkopf kratzte. „Hättest du vielleicht Lust, mich zu Emily zu begleiten?"
"Zu Emily?", wiederholte ich, einen Moment lang überrascht über dieses plötzliche Angebot. „Also zu dir Nachhause?", hakte ich weiter nach, während mein Herz schon wieder beschleunigte und mir unwillkürlich die Röte in die Wangen stieg.
Als Liam dies bemerkte, kehrte sein altbekanntes schiefes Grinsen in sein Gesicht zurück. „Naja, ich dachte du hättest vielleicht noch einige Fragen oder würdest vielleicht auch so gern mehr über mich erfahren." Der Wolf zwinkerte mir verschmitzt zu, denn er schien genau zu wissen, was in mir vorging, womit er mir gegenüber einen Vorteil hatte. Er kannte meine Schwachstelle.
Bevor er jedoch noch mehr darüber in Erfahrung bringen konnte, welchen Einfluss er auf mich hatte, stammelte ich hastig: „Ja, also nein. Ich meine, ähh ich würde gerne vorbei kommen." Verdammt, reiß dich zusammen, Valerie! Ich klang ja beinahe schon, wie eines dieser Mädchen, die sich von einem schönen Äußeren komplett den Kopf verdrehen ließen.
Ich nahm meinen Verstand also wieder zusammen und gab Liam eine klare Antwort, welche hoffentlich sein Ego ein wenig ausbremsen würde. „Klar. Wann soll' ich bei dir sein?"
„Sei einfach nach der sechsten Stunde an meinem Wagen", meinte der Uley-Junge, ehe er mit großen Schritten davon eilte.Liam
Erneut fiel mein Blick auf die schwarze Armbanduhr an meinem Handgelenk. Der Zeiger zeigte bereits zehn nach, was bedeutete, dass Valerie sich schon um fünfzehn Minuten verspätete. Ich runzelte die Stirn. Hatte sie es sich vielleicht doch anders überlegt?
Aber weshalb stand ich dann noch hier und wartete auf sie? Noch einmal ließ ich meinen Blick über den menschenleeren Parkplatz der High School gleiten. Niemand zu sehen.
Unwillkürlich stieß ich ein tiefes Knurren aus. Dem Wolf in mir gefiel es nicht versetzt zu werden. Dennoch würde mir wohl nichts anderes übrig bleiben, als die Entscheidung des Moore-Mädchens zu akzeptieren und zu gehen. Mit zusammengepressten Lippen wandte ich mich von der Eingangstür ab und meinem Wagen zu. Dann würde ich den Tag eben auf eine andere Weise verbringen, sagte ich mir, während sich meine Hand fest um den Griff der Autotür schloss.
Doch gerade, als ich diese aufreißen und mich auf den schwarzen Ledersitz hinter das Lenkrad fallen lassen wollte, hörte ich auf einmal meinen Namen. „Liam!", drang Valeries gehetzte Stimme an mein Ohr, während sie auf mich zu rannte und mir winkte.
Kaum einen Herzschlag später stand sie auch schon vor mir und ging leicht außer Atem in die Knie. „Tut mir leid", fuhr sie jedoch sogleich mit einer Entschuldigung fort und richtete sich wieder auf. „Mrs. Williams hat mich gleich nach Sport abgefangen und aufgehalten. Ich hatte das Gefühl, dass sie mich gar nicht mehr gehen lassen wollte."
Ohne es verhindern zu können, begannen meine Mundwinkel bei ihren Worten zu zucken. Ich kannte die alte Mathematiklehrerin nur zu gut und wusste daher auch, wie viel Freude es ihr bereitete gestressten Schülern ein Ohr abzukauen. Dennoch verschränkte ich die Arme vor der Brust und hob gespielt unwissend meine Brauen. „Was wollte sie denn von dir?"
Ungläubig begegnete Valeries Blick dem meine, wobei sie den Kopf leicht in den Nacken legen musste, um zu mir aufzusehen. Auf seltsame Art gefiel mir das, weshalb sich das anfängliche Schmunzeln nun in ein ausgeprägtes Lächeln verwandelte.
„DU meinst abgesehen davon mich bis zum Ende der Weihnachtsferien in der Schule festzuhalten?", griff sie den Faden wieder auf und schüttelte mit dem Kopf. „Die alte Kneifzange wollte mit mir noch einmal über meine Arbeit sprechen, kurzum ich durfte ihr jeden meiner Lösungsansätze noch einmal einzeln erklären. Insgeheim glaube ich ja, dass sie gedacht hat, dass ich betrogen habe, was ja dank Emily's Nachhilfe zum Glück nicht nötig war."
„Hm verstehe", nickte ich verständnisvoll löste mich aus meiner Position und führte Valerie auf die andere Seite meines Wagens. Dort angekommen hielt ich ihr die Tür - ganz Gentleman - auf und half ihr dabei sich zu setzen.
Mit einem „Lass uns auf der Fahrt weiter reden" schloss ich die Autotür wieder und lief mit großen Schritten um den SUV herum. Jetzt konnte sie mir nicht mehr entfliehen...Valerie
Nach knapp dreißig Minuten, in denen wir uns über Gott und die Welt unterhalten hatten, parkte er den Wagen in der Einfahrt vor Emilys Haus.
Die Fahrt hierher war angenehm verlaufen, tatsächlich hatte es mir sogar richtig Spaß gemacht mich mit Liam zu unterhalten. Schnell hatte ich bemerkt, dass ich Liam unterschätzt hatte und er deutlich intelligenter war, als ich nach unserer ersten Begegnung in der Mensa erwartet hatte. Doch vor allem fielen mir die vielen Gemeinsamkeiten - mal abgesehen von unseren Musikgeschmäckern -, die wir teilten auf. Aber mal ehrlich wer mochte denn auch Bon Jovi nicht?
Immer noch musste ich bei dem Gedanken daran, wie er versucht hatte mir seine Meinung aufzudrücken, lächeln. Es war seltsam, dass wir uns auf einmal so gut verstanden und trotzdem hoffte ich, dass es weiterhin so bleiben würde.
Meine eben noch gute Laune verflog allerdings, als Liam mir erneut die Tür aufhielt und mir augenblicklich mehrere Gerüche entgegen strömten. Einige von ihnen waren bekannt, andere...fremd, was in meinem Kopf sofort die Alarmglocken auf schrillen ließ.
Liam, dem die plötzliche Anspannung meines Körpers sicherlich nicht entgangen sein konnte, warf mir einen fragenden Blick zu. „Was ist los?"
Ohne darüber nachzudenken, hakte ich nach: „Kann es sein, dass Emily Besuch hat?"
Kaum merklich erkannte ich, wie sich Liams Augen weiteten, ehe sie sich zu misstrauischen Schlitzen verengten. Unweigerlich biss ich mir auf die Lippe. Ich hatte zu viel verraten. „Woher weißt du das?"
Da ich ohnehin schon zu viel gesagt hatte, zuckte ich bloß mit den Achseln. „Ich hab doch recht, nicht wahr?"
Der Wolf ließ mich für einen Moment nicht aus den Augen, aber schließlich nickte er."Die anderen Mitglieder des Rudels sind da." Er seufzte. „Eigentlich wollte ich eure Bekanntmachung noch ein wenig heraus zögern, doch nun führt kein Weg mehr daran vorbei. Sicherlich haben sie schon unsere Witterung aufgenommen."
Sicherlich haben sie schon unsere Witterung aufgenommen, hallte der Satz in meinen Gedanken wieder und ließ die Anspannung in mir noch größer werden. Zwar war ich für gewöhnlich eine Meisterin darin meinen sonst so typisch wölfischen Geruch zu verbergen, aber in letzter Zeit passierten mir immer häufiger Fehler. Fehler, welche das Risiko entdeckt zu werden, deutlich höher machten, würde ich mich in der Gruppe nicht vollkommen beherrschen können.
Nervös trat ich von einem Bein auf das andere. „Wollen wir da wirklich rein gehen?"
Ehe ich mich versah, hatte Liam auch schon meine Hand ergriffen und sich vor mich gestellt, sodass ich nun den besten Ausblick auf seinen breiten Rücken hatte. „Bleib' einfach hinter mir, dann passiert dir nichts", versprach er, dann zog er mich auch schon auf die offen stehende Verandatür zu.~
Na ihr Eulchen da draußen? :D
Ich hatte bei dem Kapitel leichte Schwierigkeiten mit dem Ich- und Er-Erzähler, sodass ich die Finger kreuze nichts verwechselt zu haben. Wenn doch könnt' ihr mich darauf gerne hinweisen.
Weiterhin möchte ich kurz meine momentane Abwesenheit begründen, welche Folge der vielen Arbeiten und Klausuren vor den Ferien ist.
Ich hoffe ihr vergebt mir daher die unregelmäßigen Updates. >.<gezeichnet
Z.
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Mondgeheul
WerewolfValerie Moore hat schon vieles in ihrem Leben durchgemacht. Als ihre Eltern jedoch auf Grund der Versetzung ihres Vaters nach La Push ziehen, bricht für sie eine Welt zusammen, denn sie muss ihr bisheriges Leben hinter sich lassen. In La Push erwart...