Am nächsten Morgen weckte mich das helle Lachen eines Kindes - Leon. Lächelnd setzte ich auf, die trüben Gedanken an gestern verdrängend. Heute war Weihnachten, ein Fest der Familie und ein Tag, den mir nichts und niemand verderben konnte.
Voller Elan schwang ich meine Beine über die Bettkannte und stand auf, dann eilte ich auch schon zur Treppe.
Unten angekommen schlug mir sofort ein süßer Duft entgegen, dem ich bis in die Küche folgte. Dort begrüßte mich meine Mutter, bewaffnet mit einem Blech voller frischer Kekse.
„Mhm", machte ich und sog begierig den Duft ein, ehe ich die Hand nach einem der Plätzchen ausstreckte.
Aber noch bevor ich überhaupt in dessen Nähe kam, schlug mir meine Mutter auch schon tadelnd auf die Finger. Mit einem „Aua" zog ich die Hand zurück und sah sie vorwurfsvoll an. "Mama!"
„Nein Liebling, nichts Mama", blieb meine Mutter jedoch stur. "Die sind für Olivia und ihre Familie."
Ich wollte gerade erwidern, dass Liv bestimmt gerne mit mir geteilt hätte, als sich plötzlich zwei dünne Arme um mein Bein schlangen. Überrascht blickte ich auf meinen kleinen Bruder herab, der breit zu mir auf lächelte. „V - Santa Claus war heute Nacht zu Besuch! Überall im Garten sind Stiefelspuren im Schnee und er hat das Glas Milch, was ich ihm dagelassen habe, ausgetrunken."
Soso, Santa also. Kurz zwinkerte ich meiner Mum verschwörerisch zu, bevor ich einen erstaunten Blick aufsetzte und Leon auf den Arm nahm. „Was echt?"
Erneut nickte der Kleine, wobei seine blonden Locken wild auf und ab wippten. „Ganz ehrlich! Er hat sogar Geschenke da gelassen."
„Geschenke?", echote ich ungläubig und nun gänzlich in meinem Element.
"Einen ganzen Haufen", beteuerte meine Mutter, deren Lippen ein zärtlicher Zug umspielte während sie uns betrachtete.
"Na dann, lasst uns schnell zu Mittag essen und dann mit der Bescherung beginnen", schlug ich vor und verlagerte Leons Gewicht um.
Wie gerufen erschien nun auch mein Vater auf einmal mit Winterstiefeln und Holzfällerjacke in der Küche und sagte: „Großartig, ich sterbe vor Hunger."Keine zehn Minuten später versammelten wir uns alle an dem runden Esstisch im Wohnzimmer - umgeben von einer friedlichen Atmosphäre. Ich seufzte genüsslich. Wie sehr ich Weihnachten doch liebte.
Die Tage wurden zwar weiterhin kürzer und die Nächte länger, aber das schien an diesem Tag niemanden zu stören. Statt die Heizung aufzudrehen, entzündete man ein Feuer im Kamin. Anstelle der üblichen Musik aus dem Radio, ertönten nun alte Weihnachtslieder aus dem Lautsprecher und die sonst so tristen Lampen, wurden durch die bunten Weihnachtslichter ersetzt, welche sich von dem prall geschmückten Weihnachtsbaum über das gesamte Haus verteilten.
„Schön nicht wahr?", riss mich mein Vater auf einmal aus meinen Gedanken. Er lächelte und hatte einen ebenso verträumten Ausdruck auf seinem Gesicht, wie ich ihn bei mir vermutete. „Es ist einfach magisch."
„Magisch", plapperte Leon meine Worte nach und lachte mich an. Sofort zerschmolz mein Herz zwischen meinen Händen.Nachdem wir gemeinsam gut die Hälfte von Mum's Weihnachtsente gegessen hatte, half ich meiner Mutter dabei, dass Geschirr wieder wegzuräumen. Währenddessen beschäftigte mein Vater Leon, der es kaum noch erwarten konnte seine Geschenke auszupacken.
„Ich bin gespannt, wie ihr eure Geschenke findet", murmelte Mum auf einmal nachdenklich, während sie einen weiteren Teller abtrocknete.
Für den Bruchteil einer Sekunde huschte ein Schmunzeln über meine Lippen, dann widmete ich mich wieder meiner Aufgabe - dem Einräumen. „Egal, was es ist, Leon und ich werden es lieben."
Ich schloss den Schrank, indem ich eben die Gläser verstaut hatte, wieder und wandte mich meiner Mutter zu. Ein warmes Lächeln umspielte ihre Lippe, als sie an mich heran trat und mir sanft eine Hand an die Wange legte. „Das sagst du jedes Jahr."
Ich lächelte und schmiegte mich in die liebevolle Geste. „Und wie jedes Jahr ist es die Wahrheit. Alles, was ich brauche, ist diese Familie."
„Ach Süße...", seufzte meiner Mutter und streckte die Arme nach mir aus. Zeitgleich betrat mein Vater mit Leon auf den Arm den Raum und analysierte die Situation binnen Sekunden. „Oh nein, Ladys", ging er warnend dazwischen. „Keine Tränen an Weihnachten."
„Aber Dylan", protestierte meine Mum, in deren Augen es bereits verräterisch glitzerte.
Mein Dad schüttelte unnachgiebig mit dem Kopf, konnte aber ein kleines Lächeln dennoch nicht verbergen. „Es ist immer dasselbe mit euch."
Mum und ich tauschten einen Blick, dann lachten wir beide los. „Und deshalb hast du uns doch auch so lieb."
„Das stimmt zwar, aber..." Er sah bedeutungsvoll auf Leon herab, welcher inzwischen ungeduldig an seinem Daumen lutschte. Als er allerdings merkte, dass wir ihn nun alle anschauten, gab er den Finger frei und rief: „Geschenke!"
Erneut brachen wir alle in Gelächter aus, bevor wir zusammen wieder hinüber ins Wohnzimmer gingen und uns auf dem Sofa vor dem Weihnachtsbaum niederließen. „Dann lasst uns mal mit der Bescherung beginnen."
Ein Geschenk nach dem anderen wurde gegriffen und verteilt. Zuerst bekam Leon einen neuen gelben Spielzeugbagger, den er sogleich ausprobierte. Als Nächstes war mein Vater an der Reihe, danach ich und schließlich meine Mutter, welche die langersehnten Ohrringe mit den roten Topfen bekam. Und so ging es weiter, bis wir schließlich bei dem letzten Geschenk angekommen waren.
„Das", meinte meine Mutter lächelnd und hielt mir das in rotes Papier gewickelte Päckchen vor die Nase. „Ist noch einmal für dich."
Überrascht riss ich die Augen auf, dann blickte ich auf den großen Karton voller Bücher und andere Kleinigkeiten zu meinen Füßen. Schon jetzt hatte ich mehr bekommen, als ich mir erträumt hatte und dennoch wollten meine Eltern mir noch mehr schenken? Unwillkürlich zog sich mir die Brust zusammen.
Offensichtlich hatte meine Mutter den Ausdruck auf meinem Gesicht bemerkt, denn sie legte mir flink eine Hand aufs Knie und flüsterte: „Mach dir keine Gedanken Liebling, es war nicht besonders teuer."
Auf der Stelle lockerte sich der Griff um mein Herz, sodass ich nun in der Lage war mich dem Päckchen auf meinem Schoß zu widmen. Zuerst löste ich die grüne Schleife, dann zerriss ich das Papier und öffnete schließlich die kleine silberne Schatulle. Zum Vorschein kam ein hölzerner Kreis in dessen Mitte ein mit grünen Perlen verziertes Netz gespannt war. Staunend hob ich das Objekt heraus. „Ein Traumfänger."
„Damit du fortan nur noch gute Träume hast", mischte sich mein Vater ein und wechselte einen zärtlichen Blick mit meiner Mutter, welche mir zu nickte.
Ohne es verhindern zu können, spürte ich wie Tränen in meine Augen stiegen, während mein Herz nur so vor Liebe überquoll. Dann zog ich meine Eltern auch schon in eine feste Umarmung. „Ihr seid die Besten!"
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Mondgeheul
WerewolfValerie Moore hat schon vieles in ihrem Leben durchgemacht. Als ihre Eltern jedoch auf Grund der Versetzung ihres Vaters nach La Push ziehen, bricht für sie eine Welt zusammen, denn sie muss ihr bisheriges Leben hinter sich lassen. In La Push erwart...