9

360 18 0
                                    


Es dauerte seine Zeit bis wir uns wieder voneinander lösten. Mittlerweile fühlte ich mich erheblich leichter beinahe so, als ob jemand eine schwere Last von meinen Schultern genommen hätte.
"Besser?", erkundigte sich Liv. Ihr Blick drückte wie vorhin noch immer einen gewissen Grad der Sorge aus. Man, ich hatte echt Glück gehabt, dass ich ihr an meinem ersten Tag begegnet war.
Lächelnd nickte ich: „Ja, viel besser. Nur hab' ich jetzt wieder Hunger."
Wie zur Bestätigung ließ mein Magen kurz darauf ein lautes Grummeln hören. Beide lachten wir los und ich fuhr mir beschämt durch die Haare. Auf der Stelle verfingen sich meine Finger in dem Wirrwarr aus Strähnen. Ich hatte wegen diesem Idioten tatsächlich nicht nur meine Ernährung, sondern auch mein Hygiene vernachlässigt. Kurz schnupperte ich an meinen Achseln, bloß um anschließend angeekelt das Gesicht zu verziehen.
Olivia, der meine Miene unmöglich entgangen war, begann lauthals loszuprusten, ehe sie entschlossen die Hände in die Hüfte stemmte. „Ich sehe schon. Okay, während du, Stinky, dir ein Bad gönnst, versuche ich etwas Essbares für dich zu organisieren."
Erneut verspürte ich das Bedürfnis dieses lilafarbene Wesen an meine Brust zu drücken. Mein Herz drohte beinahe überzuquellen vor Freude. „
Du bist echt die Beste", lobte ich sie stattdessen bloß in höchsten Tönen. Dann sprangen wir auf und machten uns zu unserem jeweiligen Einsatzgebiet auf.

Das Wasser, welches mir bereits wenig später über die Haut floss, fühlte sich an wie ein Geschenk des Himmels. Es nahm all den Schmutz und den Gestank mit sich und hinterließ ein Gefühl der Sauberkeit. Dieses wurde zusätzlich noch verstärkt, als ich mir mein Lieblingsshampoo in die Haare einmassierte.
Mhm, Granatapfel. Ich sog den Duft noch einmal tief ein, ehe ich das Wasser abstellte und hinaustrat. Eilig wickelte ich meine Mähne in mein Handtuch ein und machte mich daran mich abzutrocknen. Während ich dies tat, wehte mir bereits der Geruch von Speck und Eier in die Nase.
Wie von unsichtbaren Flügeln getragen, folgte ich ihm in die Küche. Auf dem Weg dahin streifte ich allerdings noch eines der übergroßen T-Shirts meines Dads über.
"Das riecht sooo gut", schnurrte ich und setzte mich auf einen der Stühle. In der Küche waren genau vier Leute anwesend. Meine Mum, mein kleiner Bruder Leon und Liv, welche soeben mein Frühstück aus der Pfanne auf einen Teller gab.
"Val, bist du das?", hakte meine Mutter nach und begutachtete mich, wie ein Objekt, was nicht von dieser Welt stammte.
Ich lachte: „Nein, Mum – ein Alien, was sonst?"
"Diese fremden Klänge", machte sie sich weiter über mich lustig und legte eine Hand an ihr Ohr. Wieder lachte ich, woraufhin sie erstaunt zu Olivia blickte. Dieser zuckte nur amüsiert mit den Schultern und meinte: „Ich wollte es anfangs auch nicht wahrhaben, aber wie's aussieht, ist ihre Tochter geheilt."
Während sich die beiden über ihren schlechten Witz zereierten, schnaubte ich bloß: „Haha, sehr witzig."
Daraufhin kam meine Mutter um den Tisch herum gelaufen und drückte mich kurz an sich. „Nimm es uns nicht übel, Kleines. Du musst verstehen, dass ich und dein Vater uns große Sorgen um dich gemacht haben."
"Genau, und deshalb bin ich auch hier", ergänzte meine Freundin die Geschichte und schob den vollgeladenen Teller zu mir herüber. Es folgten drei Toastscheiben. Erst fragte ich noch, wer das Alles essen sollte, doch bereits noch einem Drittel kannte ich die Antwort.
Weiter mampfend drehte ich mich irgendwann Liv zu. „Hast du Mum schon gesagt, dass du meine Tür kaputt gemacht hast?", hakte ich mit vollem Mund nach.
Der entsetzte Gesichtsausdruck, der daraufhin auf dem Gesicht meiner Mutter erschien, drückte genug aus. „Du hast was?!"
Das hohe Kreischen brachte sowohl Livi, als auch mich zum Zusammenzucken. Doch während ich schon noch etlichen Entschuldigungen suchte, plapperte Olivia einfach drauf los: „Sie haben doch gesagt mit allen Mitteln. Es ging nicht anders."
Mit diesen Worten nahm sie meiner Erziehungsberechtigten allen Wind aus den Segeln. Innerlich musste ich mir ein Schmunzeln verkneifen, als ich sah, wie sie geschlagen auf ihren Stuhl zurücksank. Kopfschüttelnd packte sie sich an die Stirn. „Wie soll ich das bloß deinem Vater erklären..."
In der Zeit, in der Mum noch darüber nachdachte, wie sie diesen Unfall am besten verpacken könnte, wandte sich meine Freundin bereits mir wieder zu. Kein Anzeichen der Schuld stand in ihrem Gesicht geschrieben, stattdessen erkannte ich darin so etwas wie... Aufregung?
"Was ist los?" Misstrauisch begutachtete ich jede Bewegung ihrerseits. Alles, was Olivia auf diese Art und Weise aufweckte, konnte nichts Gutes bedeuten.
Ein listiges Grinsen zeichnete sich auf den Lippen meiner Freundin ab. Mit eben diesem Grinsen lehnte sie sich nun zu mir und stützte ihren Kopf auf eine Hand ab. Sie schien genau zu wissen, dass sie durch ihre Rettungsaktion nun zu Hundertprozent einen Gefallen bei mir gut hatte. „Du hast nicht zufällig Lust mit mir auf eine Lagerfeuer-Party zu gehen?"
Ich und eine Party? Niemals!

MondgeheulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt