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Meine Pfoten bewegen sich beinahe lautlos über den feuchten Waldboden. Noch immer konnte ich nicht fassen, was ich getan hatte. Ich hatte mich vor den Augen von Olivia verwandelt. Diese Entscheidung würde ich nie mehr rückgängig machen können, doch wieso fühlte es sich dennoch nicht falsch an?
Weil du ihr vertraust, flüsterte eine Stimme liebevoll in meinem Inneren. Weil sie deine Freundin.
Ich lächelte, nun ja sofern Wölfe lächeln konnten. Endlich musste ich nicht mehr allein mit diesem Geheimnis leben und konnte mich einer Freundin anvertrauen und mich auf sie verlassen.
Freudig legte ich den Kopf in den Nacken und setzte zu einem lauten Heulen an. Erst, als der Ton bereits mein Maul verlassen hatte, realisierte ich jedoch, was ich überhaupt damit anrichtete. Denn kaum einen Augenblick später hörte ich einen weiteren Wolf heulen.
Mein Herzschlag setzte aus und ich blieb wie angewurzelt stehen, ehe ich mich duckte. Das Heulen hatte sich ganz nah angehört, kaum einen Kilometer entfernt. Ich schnupperte.
Verflucht! Tatsächlich schien der andere meiner Art sich immer mehr in meine Richtung zu bewegen und das in einem verflucht schnellem Tempo.
Ich musste hier fort! Hastig rappelte ich mich auf, bereit davon zu stürmen, als es plötzlich neben mir raschelte. Erneut schoss mein Puls in die Höhe und pumpte mein Blut so stark durch meine Adern, dass ich es in meinen Ohren rauschen hören konnte.
Und dann trat er heraus. Ein großer stattlicher Wolf mit schwarzem Fell, der mich gut um einen halben Kopf überragte und somit die Chance ausschloss, dass es sich bei ihm um ein normales Wildtier handelte. Ich legte die Ohren an und knurrte, was er zähnefletschend erwiderte. Kein gutes Zeichen.
Was sucht du in unserem Revier?, hörte ich die tiefe Stimme eines Mannes in meinem Kopf erklingen. Er versuchte also tatsächlich mich über Telepathie zu erreichen und in meine Gedanken einzudringen. Aber nicht mit mir! Schon viele Male hatte ich geübt sie aufzubauen und nun war die Zeit gekommen sie einzusetzen - meine Mauer, die alles und jeden aus meinem Geist aussperrte und mich somit vor Eindringlingen schützte.
Und es schien wirklich zu funktionieren, denn der Wolf vor mir zuckte zurück, als ich ihn aus mir aussperrte. Das war meine Chance!
Ich verlor keine Zeit und nutzte die Gelegenheit mich auf der Stelle aus dem Staub zu machen. Mit großen Schritten flüchtete ich von der Lichtung auf der ich eben noch gestanden hatte und schuf mir dadurch einen Vorsprung. Allerdings konnte ich genau fühlen, dass mich der andere verfolgte und mir zudem dicht auf den Fersen war.
Schneller! Schneller!, trieb ich mich voran und biss die Zähne zusammen. Beeil dich! Du musst ihm entkommen!!!
Der Wald mitsamt seinen Bäumen und Farnen raste an mir vorbei und verschwamm zu einem grünen Bild. Alles wurde nebensächlich. Ich verlängerte meine Schritte und hielt mir nur ein Ziel vor Augen: Diesen Wolf abzuhängen und heil mit Olivia Zuhause anzukommen. Aber wie sollte ich das schaffen?
Mit einem Blick hinter mich erkannte ich, dass er nicht von mir abließ. Offensichtlich dachte er gar nicht daran einfach aufzugeben.
Ein klägliches Jaulen löste sich aus meiner Kehle, denn lange würde ich dieses Tempo nicht mehr beibehalten können. Ich spürte bereits das Stechen in der Gegend meiner Rippen.
Meine letzten Kräfte sammelnd, beschleunigte ich noch einmal und brachte, die restlichen Meter, die mich noch von Liv und ihrem Wagen trennten, hinter mich. Und dann kam der Rand des Waldes in Sicht. Die Rettung.
Mitten im Sprung verwandelte ich mich zurück in einen Menschen, riss die Tür in einem Moment auf und schlug sie im nächsten zu. Olivia schrie auf, bevor sie mir einen wütenden Blick zuwarf, doch bevor sie überhaupt die Chance hatte mir eine Standpauke zu halten, unterbrach ich harsch. „Fahr! Fahr! Fahr schon los!!!"
Ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, trat meine beste Freundin das Gaspedal voll durch und fuhr mit quietschenden Reifen los. Gerade noch rechtzeitig, denn da glaubte ich auch schon den großen Schatten eines schwarzen Wolfes auszumachen.
Eilig duckte ich mich unter das Armaturenbrett. Dann machte ich mich daran Olivia weitere Anweisungen zu geben: „Pass auf, wir werden höchstwahrscheinlich verfolgt." Ich holte Luft, um mir eine kurze Pause zu gönnen, aber da fiel mir Liv schon ins Wort. „Verfolgt?!"
„Ja", nickte ich ernst und hielt mich weiterhin verdeckt.
„Von wem? Einen weiteren Werwolf?!" Die Stimme meiner Freundin schoss mit einem Mal in die Höhe. Allerdings klang sie mehr begeistert von diesem Gedanken, als ängstlich.
„Liv, er darf nicht herausfinden, dass ich ein Wandler bin!"
„Er?", echote sie und gab ein Quietschen von sich. Ich knurrte. „Du musst unbedingt durch die Stadt fahren und am besten zuerst einen anderen Weg einschlagen", wies ich sie an, ehe ich mich noch an ein weiteres wichtiges Detail erinnerte. „Und du darfst auf gar keinen Fall langsamer werden! Er ist verdammt schnell!"
„Eine Verfolgungsjagd?" Erneut verließ den Mund meiner Freundin ein komischer Laut, der sich nur wenig später in ein irres Kichern verwandelte. „Oh Yeah!"
Ich warf ihr einen schrägen Blick zu. Ob es ihr wirklich gut ging? „Du machst mir gerade Angst!"
„Sagt die, die nackt in meinen Auto sitzt", konterte meine beste Freundin weiterhin lachend. Währenddessen sah ich an mir herab. Dann rollte ich mit den Augen. Blöder Werwolfnebeneffekt!
„Du hast nicht zufällig ein paar Klamotten herumliegen?", wagte ich anschließend zu fragen. Sicherlich würden es ihre Eltern nicht sonderlich gut aufnehmen, wenn die Freundin ihrer Tochter plötzlich nackt in ihrer Küche stand.
Sich das Lachen verkneifend griff Olivia hinter sich und zog sowohl ein T-Shirt, als auch eine schlabbrige Hose hervor.
„Danke", murmelte ich und begann mir beides überzustreifen.

~

Tadaaa! :D
Ich weiß, ich weiß. Ich hab schon seit Ewigkeiten nichts mehr hochgeladen und das tut mir auch wirklich leid. >.<
Trotzdem hoffe ich, dass ihr denkt, dass sich das Warten gelohnt hat.

Liebe Grüße
Zoey <3

MondgeheulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt