„Ich fass' es nicht, dass dein Auto schon wieder den Geist aufgegeben hat", stöhnte ich, während ich einstieg und hinter mir die Tür des silbernen Wagens zuschlug.
"Und ich kann immer noch nicht fassen, dass du beinahe Liam Uley geküsst hättest", schoss meine beste Freundin zurück und startete den Motor. Dann trat sie auch schon das Gaspedal bis zum Anschlag durch und wir sausten los.
Ihre Laune war beinahe ebenso mies, wie meine seit den letzten vier Tagen. Wir beide sahen uns nun wieder unserer geliebten Schule gegenüber und während ich die letzte Zeit damit zu kämpfen hatte Liam's Anrufe und Nachrichten zu ignorieren, hatte Liv Liebeskummer. Nein! Natürlich nicht wegen einem Kerl, sondern wegen Petunia - so hatten wir die lila Rostlaube inzwischen getauft. Der kleine Schatz, den meine beste Freundin so liebte, hatte sich vorgestern schnaufend und keuchend von ihr verabschiedet. Seitdem war ihre Laune ebenfalls im Keller, sodass wir nun zusammen das perfekte miese Laune Paar abgaben.
Ich seufzte tief und lehnte meine Stirn gegen das kalte Glas der Fensterscheibe. Die grau-weise Landschaft raste an uns vorbei – Bäume, Straßen und Häuser, aber alles was ich sah, war weit entfernt von alldem.
„An was denkst du?", riss mich Olivia sanft aus meinen Gedanken. Ihr Blick lag noch immer auf der Straße, trotzdem entging mir der besorgte Zug, welcher ihre Lippen umspielte nicht.
Erneut seufzte ich, richtete mich dann allerdings auf und antwortete ihr: „Ich frage mich, ob ich das Versteckspiel nicht allmählich leid bin. Ich meine sie sind doch wie ich, er ist wie ich. Was habe ich also zu befürchten?"
Meine beste Freundin nickte verstehend, blieb ansonsten jedoch stumm. Scheinbar schien sie keine Lösung für mich parat zu haben. Wie auch, immerhin lag die Entscheidung allein bei mir und solange ich mir noch unsicher war, konnte sie mir auch nicht weiterhelfen. „Was mache ich nur?", flüsterte ich, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen.
„Hör' darauf, was dein Herz dir sagt", riet mir Liv und bog in die Straße, welche zur unserer Schule führte ein. „Aber überleg es dir besser schnell", fügte sie gleich noch hinzu, was mich dazu brachte die Augen wieder zu öffnen. Sie deutete mit dem Kinn auf eine große Gestalt, die sich in der Nähe des Parkplatzes in den Schatten der Bäume verbarg und auf etwas zu warten schien – Liam.Liam
Mit verschränkten Armen und an einem Baum gelehnt, beobachtete ich, wie ein silberner Van auf den Parkplatz einbog. Seltsam war daran jedoch nicht, die Farbe oder das Aussehen, auch nicht als ich sah, wie sich Olivia und Valerie aus dem Innenraum schwangen, sondern das Kennzeichen. Ich erkante es wieder und würde es jederzeit wieder erkennen, da es sich seit dem Tag im Wald in mein Gedächtnis gebrannt hatte.
Dieses Auto gehörte zu der Wölfin. Dieser Wagen sollte mich zu ihr führen.
Aber warum wurde er von Olivia gefahren? Wem gehörte er? Ihr oder Valerie?!
Entschlossenen Schrittes lief ich auf die beiden Mädchen zu, die Augen zu misstrauischen Schlitzen zusammen gekniffen. Doch noch bevor ich die Distanz zwischen uns endgültig überwinden konnte, wich Valerie vor mir zurück, sagte noch einige Worte zu Olivia und rannte dann mit hochritem Kopf in die Schule hinein.
Fragend runzelte ich die Stirn und sah ihr noch einen Moment lang nach, dann setzte ich allerdings meinen Weg fort.
„Hey", begrüßte ich Olivia knapp.
„Hi", brummte sie ebenso kurz angebunden zurück und strich sich eine violette Strähne aus dem Gesicht. „Gibt's was?"
Ein letztes Mal glitten meine Gedanken zu Valerie, dann richtete ich mich zu meiner vollen Größe auf und setzte ein bedrohliches Lächeln auf. „Tatsächlich gibt es da etwas, dass du mir erklären musst..."Valerie
Außer Atem und mit bohrenden Kopfschmerzen erreichte ich schließlich meinen Spint, an dem ich mich mit Olivia verabredet hatte. Es waren erst die ersten sechs Stunden vorüber und dennoch fühlte ich mich so ausgelaugt, als hätte ich bereits eine ganze Woche hinter mir.
Wie sollte ich denn jemals einen klaren Gedanken fassen können, um eine Entscheidung zu treffen, wenn ich meine ganze Energie darauf verwenden musste dem Uley-Jungen aus dem Weg zu gehen?
„Ich kann nicht mehr!", stöhnte ich und schlug meinen ohnehin schon schmerzenden Kopf gegen die Spinttür.
„Wem sagst du das!", jammerte Olivia, die kaum, dass sie mich erreicht hatte zu Boden sank und den Kopf in den Händen vergrub.
Überrascht, dass sie scheinbar ebenso einen schrecklichen Tag wie ich gehabt hatte, setzte ich mich neben sie und legte meiner besten Freundin einen Arm um die Schultern. „Was ist denn mit dir passiert?"
Mit vor Wut funkelnden Augen schoss sie auf und knurrte: „Liam!"
„Liam?", echote ich nun vollends verwirrt. Was hatte er mit Liv zu schaffen, dass er sie so fertig machte?
„Ja", nickte Liv eifrig, ehe sie ihre Stimme senkte und sich misstrauisch umblickte. „Irgendetwas stimmt mit ihm nicht. Vor der Schule und eben in Chemie ist er mir so auf die Pelle gerückt, dass ich beinahe explodiert wäre. Außerdem hat er an mir gerochen!"
Erstaunt riss ich die Augen auf. „Er hat was?!"
„An mir gerochen, meinen Duft eingesaugt, geschnuppert! Ich glaube er weiß inzwischen Bescheid, dass wir beide das damals waren!"
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Er muss das Kennzeichen wieder erkannt haben!"
„Das hat er sich gemerkt?! Dann musst du doppelt und dreifach auf dich aufpassen, denn lange wird er nicht mehr auf mich herein fallen!"
Ein eiskalter Schauer jagte meinen Rücken hinunter. Dann sah ich auf die Tasche in meinen Händen und mein Herz geriet ins Stocken. „L-Liv", stotterte ich, während Verzweiflung meinen Blick erfüllte. „Wir haben als nächstes Sport mit ihm!"
„Fuck!"
Fuck. Das traf es so ziemlich. Meine Zeit war vorbei und ich war am Arsch. Wie sollte ich die folgenden neunzig Minuten bloß überstehen?!
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Mondgeheul
WerwolfValerie Moore hat schon vieles in ihrem Leben durchgemacht. Als ihre Eltern jedoch auf Grund der Versetzung ihres Vaters nach La Push ziehen, bricht für sie eine Welt zusammen, denn sie muss ihr bisheriges Leben hinter sich lassen. In La Push erwart...