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„Also, wenn ich das jetzt recht verstanden habe, bist du seit jeher in Sam – Liam's großen Bruder – verliebt. Er erwidert deine Liebe allerdings nicht, wegen dieser Prägungsgeschichte mit Emily und das macht dich so unglücklich", fasste Olivia, die Geschichte, welche uns Lea während der letzten vergangenen Stunde erzählt hatte, kurz zusammen.
Lea nickte und zwang sich zu einem lieblosen Lächeln. „So ist es." Ein Seufzen entwich aus ihrer Kehle, als sie den Kopf in den Nacken legte und sich mit der Hand über ihr Gesicht fuhr. „Vermutlich bin ich deshalb auch immer so unausstehlich."
„Na hör mal, ich denke wir alle wären so drauf, wenn wir den Kerl in den wir unglücklich verliebt sind jeden Tag sehen müssten", brummte ich und drückte kurz ihre Hand, welche noch immer in meiner lag. Ein Schmunzeln huschte über ihre Lippen. „Vermutlich hast du recht, Valerie."
„Vermutlich?", echoten Liv und ich und schauten uns mit offenen Mündern an. Das brachte Lea nun vollends zum Lachen. Ein Geräusch, das ebenso erschreckend, wie auch beruhigend war.
„Geht's dir jetzt wieder besser?", hakte Liv nach und machte sich daran aufzustehen. Lea und ich taten es ihr gleich.
„Ja", nickte das Quileute-Mädchen nach einigem Zögern. „Viel besser! Danke, dass ihr euch mein Gejammer angehört habt."
Ich winkte grinsend ab. „Kein Ding. Wir hatten ohnehin nichts Besseres zu tun."
„Und ich musste mich sowieso ausnüchtern", scherzte Olivia und verpasste Lea einen Knuff in die Seite. Schon komisch, dass meine beste Freundin auf Anhieb so vertraut mit einer eigentlich fremden Person umgehen konnte. Lächelnd schüttelte ich mit dem Kopf. So war Liv eben – eine gute Seele durch und durch.
Ich richtete meine Aufmerksamkeit wieder auf Lea, während wir uns langsam wieder in Bewegung setzten und auf den Waldrand zu steuerten. „Was hast du jetzt vor?"
Die Wölfin legte den Kopf schräg und schien über meine Frage nachzudenken, sodass für einen Augenblick nur noch das Knirschen unserer Schritte im Schnee zu vernehmen war. Schließlich zuckte sie unschlüssig mit den Schultern. „Ich werde wohl Nachhause gehen..."
Ich runzelte die Stirn, während Olivia bereits Protest einlegte. „Wie bitte? Lea die Nacht ist noch jung und viel zu schön, um einfach ins Bett zu gehen! Nicht wahr, Val?" Prompt verpasste sie mir einen Stoß in die Seite, ein eindeutiger Wink. So stimmte ich ihr also schnell zu, indem ich nickte und vorschlug: „Wenn du nicht zurück zu den Anderen willst, kannst du ja mit uns mitkommen."
„Mit euch?", wiederholte sie , wobei in den Worten des Quileute-Mädchens eine kaum merkliche Unsicherheit mitschwang. „Wäre euch das denn Recht?"
„Nun ja", setzte ich an und wich im nächsten Moment einem etwas zu tief hängendem Ast aus. Inzwischen trennten uns nur noch wenige Schritte von unserer üblichen Route. „Wir kennen uns zwar kaum, aber wir haben immerhin noch einige Stunden um das zu ändern, nicht wahr?"
„Finde ich auch", nickte Olivia neben mir, kurz bevor sie plötzlich ins Straucheln kam und mit ihren Armen wild zu rudern begann. Ein hoher Laut verließ ihre Lippen, noch bevor sie viel und ehe Lea und ich überhaupt reagieren konnten. Keine zwei Sekunden später saß meine beste Freundin knietief im Schnee. „Mist! Mist! Verdammter Mist!", fluchte sie, während ich mir das Lachen nicht mehr verkneifen konnte. „Wie hast du das denn schon wieder angestellt, Livi?!"
„Da war 'ne Wurzel!", brummte sie und nahm dankbar die Hand, die ihr Lea hinhielt entgegen. Ich kicherte und beobachtete grinsend, wie sie sich den Schnee von der Hose klopfte. Aber kaum, dass dies erledigt war, fuhr Olivia mit erhobenen Zeigefinger zu mir herum und sah mich böse an. „Valerie Cecilia Moore, hör sofort auf mich auszulachen!"
Grinsend schüttelte ich mit dem Kopf. „Dafür siehst du viel zu albern aus!" Mit einem wütenden Aufschrei stürzte sich Liv auf mich, doch ich wich ihr glucksend aus. Dann trat ich auch schon den Rückzug an und rannte prustend vor ihr davon.
„Na warte!", rief Olivia mir hinterher, ehe sie mir gefolgt von Lea nachsetzte.

Es dauerte jedoch nicht allzu lange, bis Olivia sich keuchend geschlagen gab und die weiße Fahne hisste. „Pause!", schnaufte sie komplett außer Atem und ging in die Knie.
Lea und ich wechselten einen vielsagenden Blick, bevor wir uns schweigend neben sie stellten. Dann wanderte mein Blick allmählich zu dem dunkeln Nachthimmel, welcher nun wieder vollkommen schwarz über uns prangte. Einzig und allein das trübe Mondlicht und die vielen Sterne ließen ihn in einem kalten Licht erstrahlen. Sie übersäten ihn mit hellen, funkelnden Punkten und wirkten auf den ersten Blick absolut chaotisch. Doch umso länger ich sie betrachtete, desto klarer wurde das Bild.
„Kennst du dich mit Sternen aus", flüsterte Lea leise neben mir, um den Moment nicht zu zerstören. Ich nickte kaum merklich und deutete auf eine Sternenkonstellation rechts von mir. „Das ist der Pegasus, dort der Schwan und da der Adler." Meine Hand wanderte immer weiter, zeichnete die vertrauten Umrisse der Sternenbilder, welche ich in dem Astronomiekurs meiner alten Schule gelernt hatte, wie von selbst nach.
„Beeindruckend", murmelte Lea und auch Olivia, die sich mittlerweile wieder auf die Beine gekämpft hatte, musterte staunend den Himmel über unseren Köpfen.
Ich nickte und verharrte noch einen Herzschlag lang, ehe ich schließlich sagte: „Lasst uns weitergehen. Der Strand müsste gleich dort hinten sein." Damit deutete ich auf einen schwarzen Punkt in der Ferne. Die Mädchen erklären sich einverstanden und so setzten wir uns wieder in Bewegung.
Insgesamt benötigten wir bloß noch wenige Minuten, bis unsere Füße auf den harten gefrorenen Sand trafen. Ebenso wie der Himmel lag auch das Meer finster und still dar und erstreckte sich bis weit hinter den Horizont.
„Hey, schaut mal!", meldete sich Liv auf einmal zu Wort und wies auf ein Licht, nicht allzu weit von uns entfernt. Ein Lagerfeuer? Verwirrt runzelte ich die Stirn. Welcher halbwegs vernünftige Mensch würde in so einer kühlen Nacht freiwillig draußen feiern? Misstrauisch kniff ich die Augen zusammen, während sich mein Herzschlag unwillkürlich beschleunigte. Da kam eigentlich nur eine Gruppe in Frage...
Wie zur Bestätigung stieß Lea plötzlich ein trauriges Seufzen aus und zog damit die Aufmerksamkeit zurück auf sich. Auf meinen fragenden Blick hin, zuckte die Wölfin bloß mit den Schultern und meinte: „Sie sind immer noch da..."
Sie?", hakte Olivia nach und spähte hinter meinem Rücken hervor.
„Liam, Paul, Quill, Embry, Jared, mein kleiner Bruder und...Sam", zählte Lea die Rudelmitglieder einem nach dem anderen auf, wobei sich ein unglückliche Ausdruck bei dem Klang des letzten Namens über ihr Gesicht legte. Unwillkürlich strafften sich meine Schultern und ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf. Nicht, dass ich Sam nicht mochte, aber nachdem, wie er Lea behandelt hatte, war ich nicht gerade gut auf ihn zu sprechen. Erneut fixierte ich mit meinem Blick das Quileute-Mädchen. „Ist es dir lieber, wenn wir umkehren?"
Lea zögerte einen Moment, schüttelte dann allerdings entschlossen mit dem Kopf. „Nicht nötig. Irgendwann muss ich ihm ohnehin wieder gegenüber treten. Er ist immerhin mein Alpha." Damit mochte sie zwar recht haben, aber ich bezweifelte dennoch, dass diese erneute bevorstehende Konfrontation ihr gut tun würde. Aus diesem Grund hob ich, wie an diesem Abend nicht zum ersten Mal meine Hand und verschränkte ihre Finger mit den meinen.
„Wir sind bei dir", versprach ich ihr mit fester Stimme, ehe wir Seite an Seite auf die Gruppe zuschritten.

~

Huhu Mondies,
hier kommt der zweite Teil von eigentlich einem Kapitel. Ich musste es zerlegen, da es insgesamt viel zulang wäre. Deshalb bemühe ich mich den nächsten Teil auch so schnell, wie möglich zu öffentlichen.

Bis bald
Zoey

PS: Den Wettbewerb werde ich angemessen der aktuellen Situation noch ein wenig nach hinter verschieben. Somit bleibt euch noch ein wenig mehr Zeit eure Ideen für den neuen Charakter einzureichen. ;)

MondgeheulWo Geschichten leben. Entdecke jetzt