Valerie
Unerbittlich riss mich mein Wecker am nächsten Morgen Punkt sieben aus meinem Schlaf. Stöhnend wälzte ich mich herum und schlug nach dem Störenfried. Meine Hand traf statt ihm jedoch das Wasserglas, welches ich immer auf meinen Nachttisch stellte. Dieses fiel nun klirrend um und sein ganzer Inhalt verteilte sich über meinen Sachen.
"Scheiße", fluchte ich und machte mich schnell daran die Sauerei wegzuwischen. Immerhin ein was Gutes brachte dieser Unfall - ich war nun hellwach.
Nachdem ich das Outfit, welches ich mir gestern herausgesucht hatte, anzog, flitzte ich die Treppe hinunter.
Meine Laune hatte sich seit dem gestrigen Abend nicht mehr gebessert. Zwar hatte ich ein wenig laufen können, doch die Tatsache, dass heute mein erster Tag an der neuen Schule sein würde, drückte schwer auf meinen Magen.
Es war ja schon schlimm genug die Neue zu sein und damit alle Neugier auf sich zu ziehen, aber dann auch noch mitten im Halbjahr zu wechseln? Kopfschüttelnd setzte ich mich an den Esstisch auf dem sich bereits eine Vielzahl an Aufstrichen und Toastscheiben sammelten.
"Guten Morgen, Liebes", begrüßte mich mein Vater knapp. Ebenso wie ich zählte er nicht zu den Morgenmenschen und genoss es, wenn ihn vor 9 Uhr niemand ansprach. Mum stellte das genaue Gegenteil dar, weshalb auch sie es mal wieder war die probierte ein Gespräch mit mir anzufangen: „Du siehst hübsch aus, Valerie."
Ich zog die Augenbrauen hoch und blickte an mir herab. Eigentlich hatte ich mit der Wahl meiner Kleidung nicht beabsichtigt irgendwie gut auszusehen. Mein Ziel war es eigentlich gewesen mithilfe des schlichten blauen Oberteils und der dunklen Jeans uninteressant zu wirken. Wenn meine neuen Mitschüler erst bemerkten, wie langweilig ich war, würden sie sich nämlich nicht mehr für mich interessieren.
Wortlos verdrehte ich die Augen. Das fing doch schon schon mal gut an.Nach dem Frühstück packte ich meine Sachen, ehe Dad mir mit einem Pfeifen klar machte, dass er los wollte. Heute würde er mich noch zur Schule bringen, aber schon morgen nahm ich mir vor auf eigene Faust dorthin zu gelangen.
Natürlich bedeutete das nicht, dass ich es nicht mochte, wenn meine Eltern mich fuhren, aber bereits vor unserem Umzug war ich immer mit meinem Motorrad unterwegs gewesen. Der Führerschein war noch frisch und meine Maschine dementsprechend jung. Wäre doch schade sie in unserer Einfahrt verrotten zu lassen.
Auf dem Weg zur Schule schwiegen mein Vater und ich. Zum einen, weil wir die Ruhe genossen, zum anderen, da ich all meine Aufmerksamkeit auf die Strecke legte, um mich morgen nicht zu verfahren.
Circa fünfzehn Minuten später hielt unser Auto vor einem tristen brauen Gebäude.
"Das ist es also", seufzte ich und machte mich daran aus zu steigen. Aus dem Augenwinkel erkannte ich den mitleidigen Blick meines Dads, ehe er mir Viel Glück wünschte und davon raste.
Da stand ich nun also vollkommen allein und wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Ein Ziel hatte ich jedenfalls schon. Das Sekretariat. Wo es sich allerdings befand, vermochte ich nicht zu sagen.
Blindlings steuerte ich erst einmal auf die große Eingangstür zu. Auf jeden Fall musste ich die Schule betreten, um weiter zu kommen.
Im Inneren drangen sofort unzählige Stimmen an mein Ohr. Der Wolf in mir wollte am liebsten kehrt machen und davon laufen, aber ich hinderte ihn mit einigen tiefen Atemzügen daran. Anschließend setzte ich meinen Weg fort.
Nach gut zwanzig Minuten der Suche entdeckte ich endlich ein Schild mit der Aufschrift: Verwaltung. Das musste es sein. Mit einem kurzen Klopfen kündigte ich mich an, bevor ich schnell eintrat.
Hinter der Tür erwartete mich eine ältere Frau, die mich freundlich anlächelte. Ohne darüber nachzudenken erwiderte ich es und teilte ihr mein Anliegen mit: „Hallo, ich bin Valerie Moore und soll ab heute hier zur Schule gehen."
Das Lächeln auf dem Gesicht der Sekretärin, welche sich kurz darauf als Mrs. Larkin vorstellte, wurde breiter. „Jaja, ich habe Sie bereits erwartet. Hier sind ihre Unterlagen und ihr Stundenplan. Wenn es Ihnen recht ist, bringe ich sie auch gleich zu ihrer ersten Stunde."
Damit erhob sie sich rasch und führte mich durch die Flure. Mittlerweile waren diese leer, sodass ich vermuten konnte, dass der Unterricht bereits begonnen hatte.Meine erste Stunde war Biologie, ein Fach, das ich zum Glück beherrschte. Nach einer kurzen Vorstellung und dem typischen Frage-Antwort-Spiel durfte ich mich dann auch schon setzen. Meine Laborpartnerin - eine rothaarige Schönheit - würdigte mich keines Blickes. Die ganzen zwei Stunden überlegte ich, ob ich sie ansprechen und somit den ersten Schritt wagen sollte, doch im Endeffekt traute ich mich nicht.
So verging Biologie bloß schleppend, sodass ich froh war, als der Gong ertönte.
Ich ließ mir Zeit meine Sachen einzupacken und überflog ungefähr fünfmal meinen Unterrichtsplan. Während ich dies tat, wanderten meine Gedanken immer wieder zurück nach Florida. Was meine Freunde jetzt wohl machten? Bestimmt, was Besseres als sinnlos herumzusitzen und Trübsal zu blasen.
Plötzlich tippte mir jemand auf die Schulter und ich schrak heftig zusammen. Als ich mich umdrehte, um zu erkennen wer mir da beinahe einen Herzinfarkt beschert hatte, stürzte eine Welt aus violett und purpur auf mich ein. Das Mädchen, welches vor mir stand, besaß nicht nur lilafarbene Haare, sondern Kleid, Schuhe und Lippenstift in derselben Farbe. „Hey, du bist doch die Neue."
Ich presste die Lippen aufeinander. Die Neue. „Jap, die bin ich wohl."
Das Mädchen vor mir merkte scheinbar, dass mir dieser Spitzname nicht gefiel, denn sie schlug sich augenblicklich die Hand vor den Mund. „Oh man, tut mir leid. Da war meine große Klappe wieder schneller." Tatsächlich merkte ich, dass sie verstand, wie ich zu fühlen schien und ihre Wortwahl sofort bereute. Dann streckte sie mir allerdings die Hand aus. „Nochmal von vorn. Hallo, ich bin Liv und du bist..."
Erwartungsvoll schaute sie mir in die Augen und brachte mich zum Grinsen. „Ich bin Valerie."
Nach der kurzen Begrüßung wusste ich nicht mehr, was ich noch sagen sollte, weshalb sich Schweigen über uns legte. Wie ich bereits erwähnt hatte: Smalltalk lag mir nicht.
Liv schien darin um einiges geübter zu sein, als ich, denn sie redete auf einmal einfach weiter: „Hast du jetzt auch Sport?"
Wortlos zuckte ich mit den Schultern und warf einen erneuten Blick auf meinen Stundenplan. Tatsächlich stand dort in gedruckter Schrift PE. Na großartig, gleich am ersten Tag hatte ich mein Sportzeug nicht dabei.
"Ich hab recht, oder?", wagte Liv zu vermuten und erhielt daraufhin ein zerknirschtes Nicken meinerseits.
„Hab' kein Zeug dabei", erklärte ich ihr gleich darauf. Sicherlich würde ich Ärger kriegen. Wieso hatte ich mir den Plan nicht auch schon eher angeguckte.
"Das bekommen wir schon hin", hörte ich Liv dann sagen. Überrascht starrte ich sie an. Meine neue Bekanntschaft hatte entschlossen die Hände in die Hüften gestemmt und grinste mich an. „Ich müsste irgendwo in meinem Spint noch Ersatzsachen dabei haben."
Unwillkürlich klappte mir die Kinnlade herunter. Sie wollte mir helfen? Sie kannte mich doch gar nicht. „D-Du hilfst mir? Wieso?"
"Um ehrlich zu sein, rette ich dir sogar deinen hübschen Hintern, Süße. Aber sagen wir mal, dass ich weiß, wie es ist in eine fremden Umgebung zu sein."
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Mondgeheul
WerewolfValerie Moore hat schon vieles in ihrem Leben durchgemacht. Als ihre Eltern jedoch auf Grund der Versetzung ihres Vaters nach La Push ziehen, bricht für sie eine Welt zusammen, denn sie muss ihr bisheriges Leben hinter sich lassen. In La Push erwart...