Kapitel 52

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Nervös biss ich mir auf die Unterlippe und blickte aus dem kleinen Fenster des Flugzeugs.
Die weiße Wolkendecke über der das Flugzeug zuvor noch schwebte war verschwunden und ich beobachtete wie die Landschaft mit ihren vielen winzigen Häusern immer größer wurde.

Normalerweise hatte ich keine Flugangst.
Auch wenn meine Eltern damals ein Unternehmen zu leiten hatten, sie hatten es immer geschafft sich Zeit für mich zu nehmen, sodass wir auch oft in den Urlaub geflogen waren.
Mal war es Spanien, mal Australien, mal die Türkei, wir waren schon in vielen Ländern gewesen, weshalb ich an das fliegen mehr als gewohnt war.
Besonders weil der Flug von Palm Bay nach Bakersfield knappe fünf Stunden gedauert hatte, sollte ich eigentlich kein Problem damit haben, doch kaum setzte der Pilot zum landen an, schon begann sich mein Magen zu drehen und Schweißperlen bildeten sich auf meiner Stirn.

Und nicht nur das, der Mann neben mir schien sich ebenfalls nicht gerade wohl zu fühlen, denn sein Gesicht glich einer weißen Wand, während er sichtlich schwer atmend seine Finger in den Sitz krallte und sich mit der anderen Hand nochmal versicherte, ob der Gurt auch wirklich fest angelegt war.

Mein Blick richtete sich wieder aus dem Fenster und mir war bewusst, dass ich nicht kurz davor war ohnmächtig zu werden, weil ich ganz plötzlich Flugangst hatte.
Es waren die vielen Häuser, die ganze Stadt und all die Erinnerungen die ich an sie hatte, die mich innerlich aufwühlten.
Mir kam es vor, als wäre ich schon Jahre nicht mehr hier gewesen.

Die einzigen guten Erinnerungen die ich an diese Stadt hatte waren Chloey und Tyler, mit denen ich meine High-School Zeit verbracht hatte.
An das Haus hatte ich nur schlechte Erinnerungen.
Ich konnte es noch nicht mal Zuhause nennen, denn in diesem Haus erlebte ich immer die bittere Tatsache, dass Dad tot war und meine Mutter mich verachtete.
Mit dieser Erkenntnis waren meine Mutter und ich in dieses Haus gezogen und mit dieser Erkenntnis habe ich das Haus verlassen, im glauben es nie wieder zu betreten.

Und nun saß ich hier.
Im Flugzeug, welches gerade auf der Landebahn landete, neben dem älteren Mann der voller Erleichterung ausatmete.

Und es war das erste Mal, dass ich mich wirklich freute hier zu sein.
Ich freute mich das erste mal gleich vor der Tür des Hauses zu stehen, welches ich eigentlich so sehr hasste, denn dieses mal würde es anders sein.
Dieses Mal würde mir meine Mutter die Türe öffnen, meine richtige Mutter. Ihr altes Ich.
Meine Mutter, die ich seit drei Jahren verloren hatte und mit einer mir völlig fremden, verachtenden Mutter
vertauscht wurde.

Ein Hoffnungsvolles lächeln bildete sich auf meinen Lippen.
Ja ich war wirklich froh hier zu sein.

Ich würde mit meiner Mutter endlich Klartext reden können, doch das war nicht der einzige Grund wieso ich so glücklich darüber war hier zu sein.
Nein, denn ich konnte auch so etwas Abstand von meinen Problemen nehmen, die ich in Palm Bay gelassen hatte.
Und mit Problemen meinte ich den Unbekannten und Cole.
Vorallem aber Cole.

Ich bemerkte wie mein Herzschlag sich verschnellerte, doch ich versuchte es zu ignorieren.
Ich würde fünf Tage hier sein, bevor ich wieder zurück nach Palm Bay fliegen würde und ich hoffte, nein ich betete, dass diese fünf Tage reichen würden, um meine Gefühle zu Cole kontrollieren-, wenn nicht sogar verdrängen zu können.

Der Abstand würde sicher gut tun, denn so konnte ich nicht immer wieder in seine Augen versinken, sein wunderschönes Lachen hören oder seine unglaubliche Wirkung die mich anzog spüren.

Denken kannst du aber trotzdem noch an ihn

Augenverdrehend stieß ich einen Seufzer aus.
Ich kam mir schon vor wie eine Psychopatin die mit sich selbst sprach, auch wenn es nur in meinen Gedanken war.
Nicht mehr lange und ich glaubte irgendwann zusammengekauert in einer Ecke zu sitzen, hin und her zu schaukeln und Klopf Klopf Witze mit meiner inneren Stimme zu spielen...

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