Kapitel 71 Alte Geschichten

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PoV Maudado:

Der Tee schmeckt lecker und irgendwie habe ich das Gefühl, dass er eine sehr beruhigende Wirkung hat.
Eben war ich noch sehr aufgeregt, aufgrund des Besuches von Michas Nachbarin und dem damit verbundenen Schrecken.
Aber mittlerweile bin ich sehr froh darüber, dass sie hier ist. Denn jetzt brauche ich keine Angst mehr vor vermeintlichen Monstern im Wald zu haben.

"Was haben Sie denn so früh schon im Wald gemacht?", frage ich interessiert.
"Na was wohl? Pilze gesucht natürlich", antwortet sie, als wäre es
das Natürlichste der Welt, morgens um 6 durch den dunklen Wald zu laufen.
"Aber wie konnten Sie die Pilze denn überhaupt sehen?", wundere ich mich.
"Euch habe ich doch auch gesehen", erwidert sie schmunzelnd und ich merke, dass ich rot werde, "Außerdem habe ich eine gute Nase für Pilze."
Ich verstehe überhaupt nichts. Kann sie Pilze riechen oder was?
Aber wahrscheinlich weiß sie einfach genau, wo in diesem Wald die Pilze wachsen und wollte die Erste sein.

"Wie geht es deinem Knöchel?", erkundigt sie sich. Ich bewege vorsichtig meinen Fuß und stelle erstaunt fest, dass ich keine Schmerzen mehr habe.
"Es tut überhaupt nicht mehr weh", sage ich verblüfft.
Frau Wetterwachs nickt und lächelt wissend. Krass, wie schnell ihre Salbe geholfen hat. Bei Michas Schmerzgel hatte ich gar keine Verbesserung gemerkt.
"Lass das lieber!", sagt Micha, als ich versuche aufzustehen, "Du solltest ihn besser noch schonen."
"Das ist nicht nötig", wirft Frau Wetterwachs mit ihrer kratzigen Stimme ein und wir sehen sie ehrfürchtig an.
Vorsichtig setze ich meinen Fuß auf den Boden und mache ein paar behutsame Schritte. Nichts! Kein Schmerz, kein unsicheres Gefühl, alles wie vorher. Ich trete jetzt normal auf und kann nichts mehr von meiner Verletzung spüren.
"Ist ja irre!", entfährt es mir begeistert.

"Danke Frau Wetterwachs", ich lächel sie begeistert an.
"Frau Wetterwachs! Das klingt so förmlich!", beschwert sie sich, "Nennt mich Oma. Oma Wetterwachs."
Oma Wetterwachs?! Natürlich! Ich pruste los, gucke dann erschrocken zu ihr, weil ich befürchte, dass es unhöflich rüber kommt, aber sie lächelt mich zufrieden an.

Ich setze mich wieder auf das Sofa und kuschel mich gedankenverloren an Michas Seite. Er sieht mich liebevoll an.
"Ihr seid so ein schönes Paar!", sagt Oma Wetterwachs plötzlich.
Ich rutsche peinlich berührt wieder ein Stück weg von meinem Freund. Sie runzelt die Stirn und Micha seufzt.
"Ist dir das unangenehm?", aufmerksam sieht sie mich an, aber ich zucke nur mit den Schultern, während sich meine Wangen rot färben.
"Er hat erst vor wenigen Wochen seinen Eltern erzählt, dass er auf Jungs steht. Vorher wusste es nur sein bester Freund", erklärt Micha ihr meine Unsicherheit.
"Verstehe", sie nickt mir zu, "Es ist gut, dass du es ihnen erzählt hast. Heutzutage sollte niemand mehr seine Sexualität verstecken müssen."
Ich lächel sie schüchtern an und dann beginnt Oma Wetterwachs aus ihrem Leben zu erzählen.

Von ihrem kleinen Bruder Klaus, der jüngste von sechs Geschwistern. Sie, als die Älteste, hatte recht früh bemerkt, dass er anders als ihre anderen Brüder war. Während diese von ihren Weibergeschichten prahlten, schaute er lieber mit ihr heimlich den Stallburschen, die auf den Hof ihrer Eltern angestellt waren, bei der Arbeit zu. 
Irgendwann hatte er sich ihr dann anvertraut. Sie war auch die Einzige, der er von seiner großen Liebe erzählte. Denn damals konnte man das wirklich nur jemandem anvertrauen, dem man bedingungslos vertraute, weil Homosexualität per Gesetz verboten war. Ihre Eltern hätten Klaus sofort verstoßen, wenn sie davon gewusst hätten und er und sein Freund mussten immer aufpassen, dass es keiner heraus fand und sie anzeigen konnte. Sein Freund hielt dieses Versteckspiel und den Druck der Eltern, endlich eine Familie zu gründen, irgendwann nicht mehr aus und suchte sich eine Frau.
Oma Wetterwachs' kleiner Bruder hat sich daraufhin, aufgrund seines gebrochenen Herzens, das Leben genommen.

"Ihr erinnert mich an die beiden", Oma Wetterwachs seufzt und betrachtet mit feuchten Augen ihre Teetasse, während mir Tränen über die Wangen laufen. Micha scheint diese Geschichte auch nahe zu gehen, denn seine Stimme klingt sehr bedrückt, als er aufsteht und mit den Worten "Ich mache frischen Tee." in Richtung Küche verschwindet. "Sei stolz auf euch und eure Liebe", Oma Wetterwachs sieht mich eindringlich an, "Und steh dazu. Versteck dich nicht."
Ich nicke schniefend und versuche mir die Tränen aus dem Gesicht zu wischen.

Micha kommt zurück und gießt uns noch was von der 'Spezialmischung' in unsere Tassen

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Micha kommt zurück und gießt uns noch was von der 'Spezialmischung' in unsere Tassen. Dankbar trinke ich den heißen Tee in kleinen Schlucken und merke schon bald wieder die beruhigende Wirkung.

"Haben Sie Kinder?", fragt Micha und Oma Wetterwachs beginnt übers ganze runzelige Gesicht zu strahlen.
"Ich habe zwei Söhne und acht Enkel", verrät sie uns voller Stolz. Und dann erzählt sie uns von ihrem Mann, der vor 4 Jahren verstorben ist, und ihren Jungs.

"Was? Schon so spät?", sagt sie irgendwann entsetzt, als die Kichturmuhr sieben Mal schlägt, "Ich lasse euch zwei Hübschen jetzt alleine. Ich gehe nämlich normalerweise um 8 ins Bett."
"Wirklich? Schon so zeitig?", frage ich ungläubig nach.
"Natürlich, ich will doch früh die Erste im Wald sein!", sagt sie augenzwinkernd, "Was denkt ihr denn, warum ich so viele Pilze gefunden habe?"
Jetzt müssen wir alle drei lachen.

Nachdem wir uns herzlich von Oma Wetterwachs verabschiedet haben, sehen wir uns aufgeregt an.
"Was für ein Tag!", Micha schüttelt ungläubig den Kopf.
"Heftige Geschichten", bestätige ich.
"Der Tee hatte es aber auch in sich", bemerkt er grinsend und nimmt mich in den Arm.

"Der Tee hatte es aber auch in sich", bemerkt er grinsend und nimmt mich in den Arm

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"Und dann noch die Wunderheilung von meinem Fuß", erinnere ich ihn.
"Stimmt! Aber eigentlich schade. Jetzt kannst du wieder alleine laufen und bist gar nicht mehr auf meine Hilfe angewiesen", raunt er mir ins Ohr und eine leichte Gänsehaut überzieht meinen Nacken.
"Hä? Wie meinst du das?", frage ich verwirrt.
"Vielleicht gefällt es mir ja, dich herum zu tragen", meint er augenzwinkernd, "Oder vielleicht steh ich einfach nur auf die Vorstellung, dass du nicht vor mir weglaufen kannst."
Auch wenn seine Worte etwas befremdlich auf mich wirken, bringt sein erotischer Blick meinen Bauch heftig zum kribbeln. Ich atme hektisch ein und Micha grinst breit.

"Das können wir aber auch ohne verletzten Fuß haben, oder was meinst du?", er beißt sich verführerisch auf die Unterlippe und ich bin unfähig zu antworten, weil mein Blick an seinen Lippen hängt.
"Schatz?", fragt er belustigt nach, "Bist du einverstanden?"
"Ä-äh...", ich weiß nicht genau, worum es ging, ich glaube, er will mich tragen, "Ja klar."
Michas Pupillen weiten sich, während er mich intensiv anstarrt. Dann hebt er mich ohne Vorwarnung hoch, so dass ich erschrocken aufschreie und trägt mich in sein Schlafzimmer.
Er legt mich aufs Bett und beginnt, mich stürmisch zu küssen.
Hä? Vielleicht hatte er mich gefragt, ob ich mit ihm schlafen will? Keine Ahnung. Hehe. Zum Glück habe ich ja gesagt.

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