14. Brummen

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Asteria

Ich sehe zu meinen Handgelenken hinab und streiche unbewusst über die Stelle, die Daminos Hände umgeben hatten. So fest, so grob und dennoch hatte es mir einen eisigen Schauer über den Rücken gejagt. Ich war wie versteinert. Nie hatte ich so empfunden, bei einer einfachen Berührung an meinen Händen. Es ist wie, als hätte sich das Gefühl von ihm berührt gewesen zu sein in mein Gehirn eingebrannt, denn ich kann nur noch daran denken. Und es macht mich wahnsinnig, sogar wütend. So sehr, dass ich mich im Kurs nicht konzentrieren kann und eher die Gedanken daran verschwende, weshalb ich so gegenüber ihm empfinde. Auch warum er wohl den Grund für meinen Hass für ihn hinterfragen will.

Es kann ihm doch wirklich egal sein, wie ich meinen Eindruck von ihm gebildet habe oder noch bilde. Er hat in der letzten Zeit sehr deutlich gemacht, dass ihm alles scheißegal ist und er nur auf sich selbst zu achten mag. Überhaupt, wieso fängt er mich sogar nach einer vorherigen Auseinandersetzung ab und drückt mich dann plötzlich gegen eine Wand, wie in all diesen dummen Liebesfilmen, wo man dann am Ende glücklich unzählige Kinder bekommt und alles ein schönes Happy End hat. Ich hätte, wäre ich nicht so unter Schock gestanden ihm ins Gesicht gespuckt und gesagt, wie er es bloß wagen kann, mich so anzufassen. Doch das tat ich nicht, ich habe es einfach zugelassen. Ich habe versucht meine Überforderung unter Kontrolle zu bringen. Erst als ich hinter ihm gesehen habe ich mich wieder zurückbekommen und ihn zur Rede stellten können. Beim nächsten Mal werde ich, falls es wieder vorkommen wird, was ich ihm nur zu gut zumuten würde, mich von seinen Fängen losreißen. Er kann mir nichts sagen und nicht nochmal davon ausgehen können, dass ich ihn wieder jemals so nah an mich ranlasse. Nie wieder. Das eine und letzte Mal, wiederholen sich meine Gedanken laut.

"So wie ich sehe, langweilt Sie mein Unterricht, Miss Amnick", ertönt es neben mir, als ich dabei bin meine angefangene Schlange auf dem Notizbuch weiterzuführen und dann hoch sehe. Ich verziehe keine Miene und lege den Kugelschreiber zur Seite. "Entschuldigen Sie meine Abwesenheit, aber ich bin mir darüber im Klarem, was die Bedeutung und die Herkunft der Psychologie ist", gebe ich zur Antwort und werde mit seltsamen Blicken der Schüler verseht. Kuckt nur, ich werde mir kein Blatt vor dem Mund halten, bloß weil ihr das als unangemessen empfinden könntet.

Mr. Ryland hebt eine vergraute Braue in die Höhe. "Das glaube ich ihnen, doch das gibt ihnen lange nicht das Recht dazu mir nicht ihre Aufmerksamkeit zu teilen, wenn ich es den anwesenden Schüler erkläre, die daran zufällig interessiert sind", antwortet er spitz und inspiziert mein verkünsteltes Notizblatt kritisch. "Wie gesagt, ich finde das sie über interessantere Themen erzählen könnten", meine ich knapp und werde mit einem ernsten Blick seiner Sicht aus bestraft. Er wendet den Blick von meinem Blatt und sieht sich seufzend um.

"Über interessantere Themen, also? Gut wie würden Sie es finden, wenn wir jetzt gleich einen Test über den Kognitivismus schreiben würden?" Er blickt wieder einschätzend zu mir. Ich verziehe meine untere Lippe nach oben und schlage mein Notizbuch zu. "Das können Sie doch nicht machen!", ruft jemand aus der zweiten Reihe und ich verdrücke mir ein Lächeln. Für das Thema würde ich eine glatte Eins kassieren, doch ich will mir keine Feinde mit diesem Gedanken machen. Ich setze mich aufrechter hin und der alte Lehrer wartet ungeduldig auf die Antwort ab. "Wenn Sie möchten könnte ich einzeln den Test machen und sie verschonen dafür die anderen, die keine Schuld an meine Abwesenheit hatten", biete ich an und ein lautes Flüstern erfüllt den Saal. Er schnaubt leise die Luft aus. Wenig Zeit vergeht und er fängt gezügelt zu sprechen an.

"Wissen Sie, ich habe für so etwas kindisches keine Zeit, weshalb Sie jetzt bitte einfach zuhören werden und ich Sie sonst beim nächsten Mal aus den Kurs schmeißen werde, verstanden?", geht er mich an und ich bin nicht überrascht, als er lauter wird. Ich mag ihn und ich weiß auch dass er mich gerne hat, weil ich sage, was ich denke und nicht den Mund halte, wie all seine restlichen Schüler. Ich werde deshalb mich diesmal zurückziehen, um meine gute Verbindung zu ihm nicht vermasseln. "Klar und deutlich", meine ich nun höflich und er nickt kurz und schreitet an mir vorbei. Seine Miene wirkt nicht mehr so angespannt, wie eben noch.

𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt