44. Vertrauen

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Damino

Der allmächtige Gott sollte mich endlich begnadigen. Es ist höchste Zeit. Ich verdiene Gnade, denn wenn ich noch ein weiteres Mal auf die feucht glänzenden Lippen von Asteria blicken muss, werde ich mir in den Finger beißen müssen, um endlich zur Vernunft kommen zu können.

Gleich so schlimm?

Ihr kleiner Finger gleitet meine Brust empor und hält an der Kule zwischen meinem Schlüsselbein an. Ich hätte mir einen dickeren Pullover über ziehen sollen. Mein Körper versteift sich unter ihrer sanften Berührung und ich sträube mich dagegen, ihren Fingern beiseite zu schieben. Ihr Lächeln bringt mich beinahe dazu, auch zu lächeln. Keine geringste Ahnung, weshalb ich so empfinde, aber sie so lächeln zu sehen, ist mit unter anderem, dass schönste Lächeln, was ich bisher gesehen habe. Das ist keine Lüge. Am liebsten würde ich ein Foto von ihrem Gesichtsausdruck machen und ihr zeigen, wie wunderschön sie dabei aussieht.

In Ordnung, es ist mehr als nur schlimm, es ist verheerend.

"Ich kann es nicht erklären, wenn dann überhaupt, müsste ich es dir zeigen." Ich müsste sie dafür entkleiden. Ich müsste dafür tief genug in ihr drinnen sein, um zu zeigen, wie ich es meine.

Ihr Lächeln verschwindet und ich wünschte, ich wäre still geblieben. Sie lässt ihren Finger sinken und tritt einen Schritt von mir zurück. Offenbar versucht sie meinen Satz zu interpretieren. Es liegt nun an ihr, ob sie ihn falsch oder richtig versteht.

"Hast du nicht von mir verlangt, dass ich mich von dir fernhalten soll, weil ich dir zu manipulativ bin?", fragt sie mich unverhohlen. Ihre Frage ist berechtigt. Dennoch krümme ich mich innerlich bei Nennung ihres Satzes.

Zu dem Zeitpunkt hatte ich es auch so gemeint, doch jetzt in diesem Augenblick identifiziere ich mich nicht mehr damit. Ebenfalls war ich an dem Tag in einem vorherigen Konflikt mit meiner Mutter, per Telefonat verstrickt gewesen, weshalb ich reizbarer war, als sonst. Meine Mutter hatte darauf bestanden, dass ich mir einen Modelauftrag ansehen sollte, denn sie mir über die Email zugeschickt hatte. All das, obwohl ich ihr gesagt habe, dass ich nicht mehr modeln möchte. Diese Branche ist mir zu abgefuckt. Und ich möchte meine Freizeit anderweitig füllen, doch dass ist bei ihr noch nicht ganz abgekommen.

Ich seufze.

"An dem Tag war ich außerordentlich gereizt."

"Du hast gesagt, ich sei toxisch, manipulativ und unsensibel."

Ich bemerke, wie ihr Ton an Kränklichkeit aufnimmt und komme einen Schritt auf sie zu. Keineswegs hätte ich ahnen können, dass sie diesen daher gesagten Satz, sich so sehr einprägen wird. Normalerweise hört sich auch nicht auf das, was ich sonst so sage. Sie stemmt ihre Hände gegen mich und drückt mich etwas nach hinten, von ihr weg. Oh. Sie meint es also ernst.

Ihre Mimik ändert sich, als sie nach der Wasserflasche greift und einen Schluck davon nimmt, um sich dann noch mehr von mir zu entfernen. Als hätte sie sich an mir verbrannt und versuche nun Abstand zu gewinnen.

"Und du hast mich alleine zurück gelassen, obwohl ich...", beginnt sie, bevor sie ihren Blick blitzartig  von mir abwendet und hörbar zittrig ausatmet. Unbeholfen faltet sie ihre Finger ineinander und starrt ein wahrliches Loch in die tapezierte Wand. Obwohl was? Nun hat sie meine Neugierde aufgeweckt. Mit langsamen Schritten gehe ich auf sie zu, während sie an der Stelle im Wohnzimmer verharrt und meinen Blick meidet. Meine enorme Lust von bis eben verfliegt und lässt nur noch Platz für Sorge da.

"Obwohl?", frage ich sie forsch, als ich den Abstand verringere und kurz vor ihr stehen bleibe. Ich stehe so nah an ihr, dass ich ihren raschen Atemlaut wahrnehme. Mir gefällt das alles hier ganz und gar nicht. Das letzte Mal, als ich sie so verzweifelt gesehen habe war, als sie sich so zugedröhnt hatte und ich sie aufs Zimmer tragen musste. Sie konnte kaum aufrecht gehen.

𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt