59. Adrenalin

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Asteria

Meine Daumen drücken gegen meine Zeigefinger, während ich darüber nachdenke, ob ich mich auf der Toilette verkriechen oder direkt das Gebäude verlassen soll. Ich möchte keine weitere Runde mehr spielen. Ich fühle die Nervosität in meinem Nacken kribbeln, als ich zur meiner Rechten sehe. Damino unterhaltet sich mit seinem Bruder über die kommende Runde. Mich überkommt das dumpfe Gefühl, dass er bei der sogenannten Finde-mich Runde, gezielt mich suchen wird. Um sich zu beweisen oder sogar mich mit seinem Erfolg erniedrigen zu wollen. Ich weiß es einfach. Diese Genugtuung möchte ihm ihm nicht erweisen. Nicht nachdem er mich ohne jegliche Einweisung ins kalte Wasser springen lassen hat. So ein gemeiner Mistkerl. Ich hasse es zu verlieren. Habe ich schon immer.

"Alles klar bei dir? Du bist etwas blass", sagt Hanna zu mir, als sie von der Toilette zurück kommt. Sie reibt sich die Händen an ihrem Oberteil entlang und setzt sich vor mich auf einer der Bänke.

Ich sehe in ihr vernarbtes Gesicht und frage mich zum ersten Mal, wie ihr diese zugefügt wurden. Es sind tiefe rötlich verblasste Schrammen die über ihr ganzes Gesicht einzeln verteilt sind. Als wäre ein wildes Tier auf sie zugegangen. Es muss gravierend wehgetan haben, anders kann ich es mir nicht vorstellen.

Ich schüttle den Kopf. "Ich bin eine schlechte Verliererin das ist alles", meine ich scherzend und zeige auf die Punktesammlung an der digitalen Tafel. Mein Name ganz unten mit den wenigsten Punkten. Sie sieht zur Tafel und lächelt. "Er ist ziemlich fies zu dir, mach dir nichts draus, du hältst dich trotzdem sehr tapfer Tria", sagt sie so selbstverständlich wie nur möglich. Bei ihren Worten wird mein Herz warm. Sie kennt mich kaum und trotzdem spricht sie so über mich. Sie muss ein guter Mensch sein, nur gute Menschen sind so aufrichtig und ehrlich. Sie hat recht. So schnell lasse ich mich nicht klein machen. Fast hätte ich meine kämpferische Ader untermauern lassen. "Hast du Tipps für mich für die kommende Runde?", frage ich ehrlich interessiert. Sie sieht zu Emilio, der gerade dabei ist, seinen Gurt wieder anzulegen.

"Emilio ist nicht der schnellste, kann aber sehr schnell abzielen. Meistens fährt er die selben Routen ab und ist deshalb berechenbarer. Bei Damino musst du achtsamer sein. Er zielt haargenau braucht aber in der Regel, etwas länger um abzuzielen. Diese paar Sekunden könntest du ausnutzen, um abzuhauen oder zu auf ihn zu schießen. Aber merk dir, du hast nur zwei Schüsse zur Verfügung und musst deshalb sparsam sein." Hört sich plausibel an. Ich muss mir also ein gutes Versteck aussuchen, wo ich zur Not ausweichen könnte. "Oh und noch etwas; weil wir die sind, die gesucht werden, dürfen wir unser Versteck nur zweimal wechseln." "Sind wir sonst...", fange ich an, doch sie fällt mir ins Wort. "Disqualifiziert, ja. Dein Gurt wird rot blinken, falls du es doch versuchen wirst, da er einen GPS miteingefügt hat". erklärt sie flüsternd.

"Tuschelt ihr etwa über uns?", spricht Emilio uns grinsend an, als er zu uns fährt. "Würden wir nie", meint Hanna unschuldig und legt eine Hand auf seine Schulter. Ich bleibe still und denke nach. Ich hatte bei der ersten Runde einen Abteil gesehen, wo eine Höhle weiter entfernt ist als die anderen, weil sie noch renoviert wird. Sie war nicht abgesperrt. Das wäre eine Option für mich, um die 20 Minuten zu verharren, damit wir die Runde für uns gewinnen. Schießen sollen wir nur zur Verteidigung, dem bin ich mir bewusst.

"Bereit zu verlieren?"

Damino hat sich neben mich gestellt. Ich schnaube leise. "Redest du gerne mit dir selbst?", kontere ich monoton. Ich sehe wie er zu grinsen anfängt. "Wenn ich es mir mache ja, aber das eben, war an dich gerichtet." Ich verbeiße mir einen weiteren Kommentar. Der spinnt doch. Ich richte meinen Blick nach vorne. Er will mich nur verunsichern. "So still kenne ich dich gar nicht. Nervös?", bohrt er weiter nach. Wir nähern uns dem Eingang, um gleich eingelassen zu werden. "Schön zu wissen, dass du es so nötig hast und es dir selbst machst, anstatt irgendeine von deinen Verehrerinnen zu ficken", sage ich ohne zu ihm zu blicken. Er sieht zu mir, ich weiß es, weil ich seinen Blick in mich hinein brennen fühle. "Ich habe keine Verehrerinnen", sagt er nun ruhiger. Sagt er so leicht, obwohl das halbe Internat an seinem Arsch klebt. Würde mir gewaltig stinken wenn ich er wäre. "Ja klar und ich bin Jungfrau. Siehst du? Jetzt haben wir beide gelogen", sage ich noch gereizter als zuvor. Er soll mich endlich in Ruhe lassen. Ich muss fokussiert bleiben, um dieses Runde gewinnen zu können und meiner Würde gerecht zu werden.

𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt