42. Probe

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Damino

"Wir sind da", sage ich und parke auf dem großen Anwesen geschickt ein. Lichter erhellen automatisch den Weg zum Eingang. Ich schnalle mich ab und sehe zur rechten Seite, da ich keine Antwort bekommen habe. In dem Augenblick bemerke ich, dass ihr Kopf am Fenster angelehnt ist und sie mit offenen Mund schläft. Ich unterdrücke ein unerwartetes Lächeln und möchte sie aufwecken, als ein Teil von mir im Inneren sich dagegen entscheidet. Es ist der Teil von mir, der ihr angeboten hatte bei mir über Nacht bleiben zu können. Ich verfluche ihn und bin gleichzeitig dankbar, dass er den anderen Teil meines Inneren überwogen hat. Denn dieser hätte ihr einen Sanitäter gerufen und wäre mit Mia nun in diesem Auto und hätte fortgesetzt, was er angefangen hatte.

Eine stille Minute lang beobachte ihre ruhige Atmung und widerstehe dem unerklärlichen Drang, ihr eine verirrte Strähne hinter die Ohren zu streichen. Zudem frage ich mich, wie alles verlaufen wäre, wenn sich mich zu Beginn nicht mit Hass versehen hätte und ich sie nicht tagelang nach der Sache im Gewächshaus ignoriert hätte.

In dem Moment, als ich sie an der Schulter anstupsen möchte, wacht sie wie instinktiv auf und sieht mich träge an. "Sag mir nicht, dass du mich bis eben noch angestarrt hast", murmelt sie und blickt mir grimmig entgegen. Ihr Ton heizt mich dazu an, widersprechen zu wollen.

"Und wenn überhaupt, dass ist mein Auto und ich mache wozu ich eben Lust habe", gebe ich ihr kühl zur Antwort, wobei sie zu schmunzeln beginnt. Sie schmunzelt! Ich glaube ich habe sie noch nie so richtig schmunzeln gesehen. Ich wusste bis dato nicht Mal, dass sie dazu in der Lage ist. Doch ihr Schmunzeln verfliegt so schnell, wie es gekommen ist und sie greift sich mit einer Hand an den Bauch. Sie dreht den Kopf zu mir. "Ich brauche dein Mitleid nicht, was ich brauche ist ein gutes Schmerzmittel und etwas Wasser." Ihr Ton ist schroff und überrascht mich. Sie scheint es eilig zu haben.

"Komm, ich führ dich rein", biete ich dann willigend ein, da auch ich merke, dass ich so langsam müde werde. Bevor ich dennoch aussteige, greife ich nach hinten zur Rückbank und hole einen zerknitterten Pulli hervor. Diesen ziehe ich mit einer gekonnten Bewegung über und folge dann Asteria, die schon aus dem Auto ausgestiegen ist. Sie hat zügige Schritte drauf, für dass wie labil sie bis eben noch war.

"Ich will es eigentlich nicht zugeben, aber die künstlerische Verschnörkelung der Türe, ist absolut wunderschön", höre ich sie sagen und hole sie mit zwei Schritten ein. Ich sehe nach ihrer Bemerkung zur Haustüre, die aus schweren Holz besteht und mit vielen Gravierungen verziert ist.

"Das ist das Werk meines Vaters. Er liebt es sich bei seiner Arbeit zu verausgaben." Er liebt es wirklich. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht und sich somit ein Unternehmen aufgebaut.
Sie dreht ihren Kopf zu mir.
"Ich wusste nicht, dass er so talentiert ist", murmelt sie und streicht sich dann über die entblößten Arme. Ihr muss sicherlich kalt sein.

Ich trete vor und zucke einen Schlüssel aus meiner Hosentasche hervor. Ich bemerke wie sie eine Braue hebt und schnauft. "Noch nie einen Schlüssel gesehen?", frage ich sie mit erhitzter Stimme. Sie kann froh sein, dass ich sie über Nacht bei mir bleiben lasse. Gott, warum habe ich ihr nochmal dieses Angebot gemacht?

"Doch sicherlich, aber ganz ehrlich? So reich, wie deine Eltern wohl sein müssen, um in so einem großen Haus wohnen zu können, hätten sie sich vor einem Gesichtsscanner nicht scheuen müssen und der Schlüssel wäre eine Nebensache gewesen."
Fast fällt mir meine Kinnlade zu Boden, da ihre Schlagfertigkeit und der damit verbundene harsche Ton, mich sichtlich überrascht. Ihr geht es also doch nicht so schlecht, wenn sie solche Wörter spucken kann. Ich schiebe sie unsanft zur Seite, wobei ich einen verhassten Blick ernte und öffne die hohe Türe. Ihre Dreistigkeit macht mich beinahe rasend. Sie kann sich glücklich schätzen, dass ich ihr geholfen habe. Dass ist keine Selbstverständigkeit. Zumindest nicht für Leute die nicht zum Freundeskreis gehören. Und dass hat sie mir ja mehrmals bewiesen. Dass wir keine Freunde sind. Dieser Gedanke holt mich zur Realität zurück und ich setze meinen gleichgültigen Blick auf, als sie mir zur Küche folgt.

𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt