34. Löffel

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Asteria

Eineinhalb Wochen später. Das Wetter hatte nicht auf sich warten lassen und es kamen die ersten Schneeflocken herunter. Es ist nun so kalt, dass ich mit gutem Gewissen in meinem Zimmer verkümmern gehen kann. Verkümmern heißt so viel, dass ich Musik höre, Horrorserien Binge und von einem Fachbuch zum anderen wechsle.

Lilac hatte mich schon gefragt, ob bei mir alles in Ordnung sei, da ich kaum noch mit ihr spreche. Und das obwohl ich schon so nicht der gesprächigste Zimmerbewohner bin. Ihr hatte ihr erklären müssen, dass ich derzeit mich mehr auf die Schule konzentrieren muss, was sie mir dann halbwegs abkaufte. Sie hatte schon immer gemeint das ich ein Streber sei. Tatsächlich verarbeite ich noch die Geschehnisse von den Ferien. Zumindest versuche ich sie zu verarbeiten.

Meine Mutter ist wieder verreist, Jean und ich haben uns seitdem Tag ihrer Ankunft nicht mehr gesehen und Damino redet nicht mehr mit mir. Das mit meiner Mutter weiß ich, da Jean am Tag ihrer Ankunft mir geschrieben hatte. Er hatte mir in der Nachricht mitgeteilt wann sie zur Arbeit weg muss. Er hat mich gefragt ob ich ihn dann besuchen kommen könnte für ein Gespräch. Ich hatte die Nachricht auf gelesen belassen.

Das mit Damino stört mich keineswegs. Es passt mir sehr gut, dass er seit dem Vorfall im Gewächshaus den Abstand zu mir hält und mich ignoriert.

Am liebsten würde ich an demjenigen Tag das Geschehene rückgängig machen wollen, doch so einfach ist das nicht. Ich kann es nicht fassen, dass ich zugelassen habe das er mich so intim berührt. Das war ein Rückfall der so nicht wieder auftreten wird. Ich war einfach emotional geschwächt, an dem Tag, weshalb ich mich nach Wärme und Zuneigung gesehnt habe. Das ist die einzig richtige Erklärung. Das mit dem Alkohol war wirklich gelogen. Ich war bei vollem Bewusstsein.

Daxton hatte sich zwar gefragt, weshalb ich von einer Tankstelle in der Nähe des Waldes abgeholt werden sollte, aber ihm reichte die Erklärung, dass Jean mich dort abgelassen hat, da er einen Notfall hatte. Ich hatte ihm nichts von der Feier erzählt, die diese Lüge aufgedeckt hätte. Ich war einfach froh, dass ich nicht lange von der Hütte am frühen Morgen zur Tankstelle gebraucht habe. An dem Morgen bin ich einfach ohne Verabschiedung gegangen, da ich es als unnötig empfand. Und ich mag so oder so keine Verabschiedungen.

Seitdem sah ich ihn nur im Unterricht oder im Flur als er zu den schwarzen Spinden gegangen ist. Selbstverständlich hat er die neuen abgekommen und wir lungern noch mit unseren grünen Schließfächern deren Lack zu schwächeln beginnt, ab. Das beste vom besten. Für die Menschen mit der meisten Kohle. Gott, wie ich es hasse.

"Hörst du mir überhaupt zu?", unterbricht Jesslyn meine Gedanken. Ich sehe auf.

"Es ging um die Schuhe, die du dir kaufen wolltest, richtig?", rate ich, als ich an meinem Joint ziehe. Gleich beginnt die erste Stunde und wir haben uns an der Mauer versammelt, wo wir uns wie sonst immer treffen.

"Die Handtasche, es geht um die Handtasche Asteria." 

"Sorry, ich war gerade wo anders." Ich sehe sie entschuldigend an. Sie lächelt wieder. "Ist okay, hier schau mal, welche findest du schöner? Die mit dem Leder oder die aus Stoff?" Sie hält mir ihr Handy entgegen, dass eine Shoppingwebsite zeigt.

"Die aus Leder wird für immer halten, die aus Stoff nicht."

"Aber welche ist besser?" Ich seufze als ich meinen Joint an Kyrian weiter gebe, der ungeduldig darauf gewartet hat. "Beide sind schön, aber ich würde die aus Leder nehmen", sage ich dann schließlich. "Zeig mal", wirft Daxton ein, als er auch ins Handy schaut.

"Ich finde die aus Stoff ist hübsch", meint er dann nach einer Weile. Jesslyn seufzt theatralisch und nimmt das Handy wieder zu sich. "Ihr seid wirklich keine Hilfe", sagt sie. Ich richte mir das zerfranste Pony und drücke mich von der Wand. "Welche gefällt dir denn mehr?", fragt Daxton. Jesslyn sieht zu ihm.

𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt