Damino
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass die wuchtigen Schläge gegen den Boxsack meine Wut lindern könnten. Mein Tag hatte bereits miserabel begonnen – Rückenschmerzen vom unbequemen Bett – und wurde durch Asterias unerträgliche Laune nur noch schlimmer. Sie kann einfach nicht den Mund halten.
Ich kann es mir nicht leisten, in dem einzigen Kurs, der mir wirklich gefällt und den ich brauche, schlechte Noten zu riskieren – und das bloß wegen ihrer kindischen Provokationen. Ich muss das ernst nehmen. Ein Versagen könnte mich meinen Platz hier kosten, auch wenn ich eigentlich gar nicht bleiben will. Doch die Vorstellung, erneut umzuziehen und meine Mutter zu enttäuschen, hält mich zurück. Von meinem Vater ganz zu schweigen. Ich könnte ihre Meinungen ignorieren, aber ich will ihnen nicht noch mehr zumuten. Nach allem, was sie für mich getan haben, schulde ich es ihnen. Sie sind oft unterwegs, aber wenn ich mit einem Problem zu ihnen komme – so selten das auch vorkommt – hören sie mir immer zu. Früher fiel mir das schwer zu erkennen, doch inzwischen weiß ich es zu schätzen. Damals wollte ich nicht glauben, dass sie nur das Beste für mich wollten.
Meine Faust stoppt, als ich meinen Namen höre. Meine Trainerin, Mrs. Piper, nähert sich. Der Unterricht hatte vor einer Stunde mit einer langen Theorieeinheit begonnen, und jetzt sehne ich mich schon nach einer Dusche, um den Schweiß von mir abzuwaschen. "Sie dürfen nicht zu fest zuschlagen. Das ist nur die Aufwärmung – sparen Sie sich Ihre Kraft für später," mahnt sie mit ernster Stimme. Ihr dunkles Haar ist streng zu einem Dutt gebunden, wodurch ihr Gesicht mit den markanten, schönen Zügen noch mehr zur Geltung kommt.
"Ich habe genug Kraft. Keine Sorge," entgegne ich abwesend. Meine Stimme klingt tiefer als sonst.
Sie stemmt eine Hand in die Hüfte und mustert mich kritisch. "Überschätzen Sie sich nicht. Machen Sie langsamer, bevor Sie in den Ring gehen." Ihre Stimme ist rauchiger und tiefer, als man es von einer Frau erwarten würde, was einen Kontrast zu ihrem schlanken, sportlichen Körper bildet. Ich würde sie auf höchstens 27 schätzen.
"Schon gut," gebe ich schließlich nach. Zufrieden nickt sie, wendet sich jedoch zögernd ab und bleibt dann wieder stehen. "Eine Sache noch: In diesem Sport sollten Sie Ihre Gefühle lieber draußen lassen, anstatt sie mit Gewalt zu kompensieren," sagt sie ernst und etwas leiser.
"Das tue ich nicht," lüge ich, obwohl genau das der Grund war, warum ich überhaupt in diese AG eingetreten bin. Sie mustert mich skeptisch und seufzt, bevor sie von einem Schüler gerufen wird. "Was auch immer in Ihnen vorgeht, lassen Sie es nicht am Boxsack oder einem Gegner aus. Verstanden?" Ich nicke nur und verkneife mir einen Kommentar. Als sie weg ist, ziehe ich den Handschuh wieder an und konzentriere mich auf den Sack vor mir. Meine Schläge werden kontrollierter, aber die Wut brodelt weiter in mir. Wenn ich sie nicht hier loswerden kann, werde ich eine andere Möglichkeit finden.
Ein schiefes Grinsen huscht über mein Gesicht, doch dann schießen mir wieder diese blauen Augen durch den Kopf. Fast schwarz, durchdringend, und ich verfluche mich dafür, dass sie mich verfolgen. Asteria – dieses laute, sture Mädchen. Sie entspricht überhaupt nicht meinem Typ. Und dennoch hat mich dieser eine Moment gestern, als sie mich mit einem überforderten Blick ansah, nicht losgelassen.
Der Ruf meines Namens reißt mich aus den Gedanken. Es ist Zeit, in den Ring zu gehen.
Die Kellerhalle ist angenehm kühl, nur durch kleine Fenster fallen ein paar Sonnenstrahlen. Ich richte meinen Blick starr nach vorn, während ich mich durch die Menge der Schüler zum Ring bewege. Dies mag nur ein Training sein, aber für mich ist es ernst. Respekt verschafft einem Ruhe und die will ich mir hier sichern.
Im Ring steht bereits mein Gegner. Er hat ein breites Kreuz und mustert mich interessiert. Wahrscheinlich schätzt er meine Kraft ab. Doch seine Größe kümmert mich nicht. Den packe ich mit links, denke ich und ziehe meine Handschuhe enger.
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𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆
Romance"𝑺𝒂𝒈 𝒎𝒊𝒓, 𝒘𝒊𝒆 𝒅𝒖 𝒅𝒊𝒄𝒉 𝒇ü𝒉𝒍𝒔𝒕", höre ich seine Stimme, leise und eindringlich. Ich suche nach einer Antwort, doch mir fehlen die Worte. Sein weiterer Stoß wird tiefer und ich stöhne ein weiteres Mal widerwillig. "Wenn du mir nicht...