41. Ehrlichkeit

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Asteria

"Ich würde mir nochmal mein Getränk auffüllen, soll ich deins mitnehmen?", fragt mich Frances lieb, als er auf meinen Plastikbecher deutet.

"Nein, danke, geh nur, ich warte hier", verneine ich seine Frage und lehne mich tiefer in das Sofa zurück. Er lächelt mich an und verschwindet dann in der tanzenden Menge. Es tat gut mit ihm mal wieder geredet zu haben. Ich hatte unsere Gespräche wirklich vermisst. Hätte ich bloß geahnt, dass hier die halbe Schule eingeladen worden war, wäre ich nicht mitgekommen. Ich hätte einen anderen Ort zum Gespräche führen ausgemacht. Hier musste ich meine halbe Seele ausschreien um gehört zu werden. Und zusätzlich ist dauernd die Toilette besetzt.

Nach 10 Minuten Wartezeit erhebe ich mich von dem edlen Sofa und sehe mich um. Hat er mich vergessen? Wurde er von jemanden in ein anderes Gespräch verwickelt?

Ich schüttle den Kopf als ich auf mein Klapphandy sehe. Es hat nun kurz nach 1 Uhr. Bevor ich ein Taxi zu mir nach Hause nehme, werde ich versuchen ein freies Klo aufzusuchen. Zu dir nach Hause? Ja ich weiß wie das klingen mag, aber ich hatte vorhin mit meinem Onkel telefoniert und er hat mir versichert, dass meine Mutter bei einer Freundin untergekommen ist. Aus dem Grund habe ich mich dazu entschieden, dass ich ihm eine zweite Chance geben möchte und Frieden zu schließen. Als ich auf dem Erdgeschoss keine freie Toilette finde (da die ganzen betrunkenen Schüler sich wie wilde Tiere aneinander ranmachen und leider Gottes keinen besseren Ort als die Toilette gewählt haben), beschließe ich die Treppen hoch zu gehen und dort weiter zu suchen.

Tatsächlich finde ich eine freie Toilette und applaudiere mir innerlich, da meine Blase endlich Erleichterung gefunden hat. Nachdem ich mir die Hände gewaschen hatte, schaue ich noch in den Spiegel um meine Haare zu richten. In dem Augenblick ertönt ein lautes Klopfen.

"Ja, ich bin gleich fertig", rufe ich genervt der Türe zu. Das Klopfen ertönt ein weiteres Mal. Beim nächsten Mal nehme ich mir einen Gott verdammten Eimer mit. Dann kann ich meine Blase entleeren wann und wo auch immer ich will. Das Klopfen wird drängender und mir platzt die Geduld. Ich fluche leise und gehe auf die Türe zu. "Gott verdammt, was ist dein-", möchte ich der Person vorwerfen, als diese Person mich ruckartig zurück in das Badezimmer schiebt und mir den Mund mit der Hand zuhält. Vor Schreck taumle ich etwas nach hinten und erblicke dann in das Gesicht meines Peinigers. Scheiße! Scheiße! Scheiße!

Reflexartig beiße ich rapide in seine Hand und verfluche mich gleichzeitig, dass nur Frances Bescheid weiß, dass ich auf dieser beschissenen After-Party bin. Er verzieht das Gesicht mit seiner blau angelaufenen Nase und sieht mich erzürnt an. Keine Sekunden später reiße ich meine Augen auf, als Jack mir aus dem Nichts eine Ohrfeige verpasst. Pure Panik schleicht mir den Nacken hoch und legt mir eine dicke Schlinge um den Hals. Ich ringe nach Luft, strecke meine Hand nach vorne aus und versuche Abstand zu gewinnen. Ich brauche mehr Zeit. Ich brauche mehr Zeit. Ich brauche mehr Zeit. Du hast keine Zeit, denk nach!

Ein erstickter Laut entfährt mir, als er mir in mein Oberteil greift und mich zu ihm zieht. Kein Zentimeter ist mehr zwischen uns und ich fange an mein Glück im Leben anzuzweifeln. Wie hat er mich gefunden? Was will er von mir? Doch bevor ich weiter mit meinen Gedanken abdrifte, bemerke ich wie er mich zu Boden drückt und seine Kamera rausholt. Wieso geht das alles so schnell?

Warte Mal. Eine Kamera? Fuck. Die Schlinge die sich um meinen Hals gelegt hat wird fester und ich bilde mir ein, dass er fast schon Mitleid mit mir hat, als ich seine Hände von mir zerre. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich zurückkommen werde und beende was ich angefangen habe." Seine Stimme lässt mich erschaudern und ich ringe ein weiteres Mal nach Luft. Warum ich? Warum geschieht mir das?

Mir wollen Tränen die Wange runter kullern, doch ich kneife die Augen zusammen und versuche mich zu beruhigen. An dieser Stelle erinnere ich mich an das Taschenmesser in meinen Stiefeln und atme tief aus. Das könnte mich retten. Ich rapple mich etwas auf, als er mich wieder zu Boden drückt und sagt: "Bleib unten, die Bilder müssen perfekt werden." Er möchte Fotos von dem hier machen? Shit. Der ganze Scheiß ist echt ernst.

𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt