67. Verrat

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Asteria

Ich halte das Messer fest in meiner Hand, die Klinge so nah an seinem Hosenbund dass sie fast zu vibrieren scheint. Meine Finger sind kalt, meine Hand schwitzt. Doch ich kann nicht loslassen. Nicht jetzt. Nicht nach allem, was er mir angetan hat.

Er belügt mich.

Er benutzt mich, nur wegen meines Körpers wegen.

Ich weiß es und habe es so lange zugelassen, weil mich sein Charme, wie ein dunkler Mantel umhüllt hat. Meinen Verstand außer Gefecht gesetzt hat.

Er möchte mir nicht erzählen, wie er Jack hinter Gitter bringen konnte. Es sind so viele Dinge, die nicht richtig sind. So schlecht und verdreht, es macht mich krank. Wir streiten, beleidigen uns und führen ein toxisches Verhältnis zueinander. Aus diesem Grund habe ich mir am Tag unserer letzten Begegnung in seinem Zimmer geschworen, mich von ihm fernzuhalten. Meinem Kopf eine Pause zu geben. Mir eine Pause zu geben.Und nun steht er wieder vor mir, dieser Blick in seinen Augen und der Geruch seines Eigenduftes, der meine Sinne betäubt. Ich habe das Messer aus Reflex geschnappt, als er mich so abrupt weg gezogen hatte. Nicht weil ich mich vor ihm fürchte, nein. Ich habe es meinetwegen gemacht, damit ich mich selber kontrollieren kann, meine Gefühle und Handlungen verstecken zu können.

Die Spitze zeigt eigentlich nicht auf ihn sondern auf mich, direkt mitten auf mein Herz. Um mich von ihm fernhalten zu können. Um mich nicht zu verlieren, wie ein Schutzmechanismus. Das bin ich mir schuldig.

"Leg das Messer weg, Asteria", sagt er plötzlich, und ich spüre die Schwere seiner Worte in mir.

"Nein." Zu Bekräftigung meiner Aussage schüttle ich den Kopf. Er tritt einen Schritt weiter weg. Begutachtet mich. Ein dunkler Schatten huscht über seine Iris und ich lasse das Messer in meinen Händen umher drehen. Dann schiebt sich seine Hand in seine Hosentasche und zückt sein Handy hervor.

"Du hast Recht, ich bin nicht aus guten Absichten hier und das Messer ist tatsächlich angebracht", höre ich ihn sagen. Mein Herz pocht, als er wieder näher kommt und mich aus nichtssagenden Augen ansieht. "Möchtest du mir Angst machen?" Ich klinge abgehackter als ich beabsichtigt hatte. Er lächelt. Ein unehrliches und vielsagendes Lächeln. Ich bin mir nicht sicher, was er bezwecken möchte, doch mein Puls jagt auf die Spitze zu. Ich habe keine Angst. Verwirrung trifft es eher.

"Ich dachte, dass hättest du schon bereits." Er entsperrt sein Handy vor meinen Augen und drückt auf das Symbol der Galerie App. "Du irrst dich", fauche ich zurück, nicht wollend meine Verwirrung an die Erdoberfläche gelangen zu können.

"Du hast meine letzte Drohung missachtet und nun bin ich hier, um diese wahr zu machen", sagt er so kühl, mir wird augenblicklich kalt. Ich lasse meine Erinnerungen kreisen, denke an das letzte mal zurück, als wir uns sahen. Ich weiß noch genau, was er mir gedroht hatte und wie es zu dieser Drohung kam. Ich beschuldigte ihn wegen seinen Mädchen. Das hatte ihn ziemlich verärgert.

"Du wirst mich nicht anfassen", sage ich drohend. Meine Hand sinkt und ich ziele auf seine Knie.

"Das werde ich nicht." Ich blinzle etwas verwirrt, als er auf sein Handy deutet. "Ich werde stattdessen sie anfassen, sie in ihr Arschloch ficken, weil sie es wollte, mich darum anbettelte", spricht er weiter. Er klickt auf das Video und meine Atmung stockt, hält für einen Moment schmerzhaft an. Ich will wegsehen, doch da beginnt das Video schon. Meine Augen verfolgen das nackte Szenario und die lauten Geräusche, als das lockige Mädchen auf seinem Bett runter gebeugt sieht. Seine Hände streicheln ihren Rücken, als er in ihr versinkt, so wie er es hervorgesagt hatte. Er ist sanft mit ihr, redet ihr gut zu und sie stöhnt seinen Namen.

Das ist es. Der Moment, als mein Herz sich zusammenzieht und ich das Messer fallen lasse. Das klirrende Geräusch schreit durch den kleinen Raum und hallt an mir ab. Das kommende Gefühl, das so gewaltvoll an mir zerrt ist so klar, wie das Wasser in das ich zu ertrinken erscheine. Verrat. Purer Verrat. Pure Wut, die so stark ist, das ich mich beugen und übergeben möchte.

𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt