Asteria
„Was hast du da an? Und sag mal, schwitzt du so sehr, oder weshalb glänzt du wie eine frisch polierte Scheibe?"
Charmant wie immer.
Jean legt die Zeitung auf seinen Schoß, klemmt sich eine Zigarette zwischen die Lippen und bläst mir den Rauch ins Gesicht. Ich ziehe die Wolljacke von den Schultern und lege sie auf das von Falten überzogene Seitensofa.
„Musst du nicht arbeiten?", frage ich beiläufig, während ich mich an den etwas heruntergekommenen Esstisch neben ihm setze. Er übernimmt die Nacht- und Wochenendfahrten, das weiß ich, aber den Spruch konnte ich mir nicht verkneifen.
Er lacht kurz, ein raues Grunzen und zieht dann einen tiefen Zug an der Zigarette. Der Rauch mischt sich mit dem Duft des alten Leders des Stuhls, auf dem ich sitze. Ich greife nach dem Glas Wasser auf dem kleinen Tisch und nehme einen Schluck. Es fühlt sich an wie eine Erleichterung.
„Erzähl schon, wer hat dich gefahren?", fragt er und pustet mir erneut Rauch entgegen.
„Der Motor war gar nicht so laut", gebe ich zu und nehme noch einen Schluck Wasser. Wie gut das tut. Ein weiterer Schluck folgt. Jean lacht wieder, wirft die Zigarette in ein leeres Marmeladenglas, aus dem kleine Funken empor steigen.
„Machst du Witze? Ich glaube, der ganze Trailerpark hat eure aufbrausende Fahrt mitbekommen", sagt er mit schiefem Grinsen. Ich verziehe das Gesicht. Ja, eine neugierige Nachbarschaft, die sich nach Klatsch und Tratsch sehnt, hat mir gerade noch gefehlt.
Ich seufze, bevor ich antworte.
„Er ist nur ein Klassenkamerad", sage ich und stelle das leere Glas vor mir ab.
Da spüre ich etwas an meinem Bein schnurren. Ich schaue nach unten und ein Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus. Die schwarze Katze hat sich um mein Bein geschlungen. Ich hebe sie auf meinen Schoß. Sie schnurrt leise und macht es sich gemütlich, streckt die Pfoten aus. Ich senke den Kopf zu ihr und flüstere: „Hey Minty, na, hast du mich vermisst?" Sie schmiegt ihren Kopf in meine Hand und schnurrt lauter.
„Ein Klassenkamerad, der dich einfach so nach Hause fährt? Ach Tria, komm schon, spuck die Fakten aus. Ich bekomme es sowieso raus", sagt Jean und mustert mich neugierig.
Ich schnaube erschöpft, als ich seinen Blick bemerke. Ich liebe meinen Onkel, aber manchmal wünsche ich mir, ich könnte ihm meine Stiefel ins Gesicht treten, weil er so unglaublich aufdringlich sein kann. Minty dreht ihren Kopf zu mir, während ich ihre Ohren kraule. Zufrieden schnurrt sie weiter.
„Ich gebe ihm Nachhilfe, und im Gegenzug fährt er mich ab und zu", sage ich schließlich.
„In welchem Fach?"
„Psychologie", antworte ich knapp, während mein Blick auf der schwarzen Katze ruht. Ihr Fell ist so weich und so schön.
Er grunzt, nimmt einen weiteren Schluck Kaffee und beobachtet mich dabei.
Mein Blick wandert nach draußen zu den verschneiten Bäumen und plötzlich überkommt mich der Wunsch nach einem Spaziergang. Nach den letzten Tagen brauche ich frische Luft und ein wenig Privatsphäre.
Dann fällt mir ein, dass ich schon lange nicht mehr bei meiner Lieblingsbank war. Von dort oben hat man den besten Ausblick über den gesamten Trailerpark. Als Kind war ich oft dort, vor allem nachts, wenn der Himmel klar war. Es war der schönste Ort, um den Abend zu verbringen.
„Er scheint viel Geld zu haben. Warum sollte er dich um Nachhilfe bitten, wenn er sich einen Profi leisten kann?", fragt Jean unverblümt. Seine Frage ist nicht böse gemeint, aber ich fühle mich trotzdem verurteilt, als würde er bezweifeln, dass ich als Nachhilfelehrerin gut genug bin.

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𝑩𝒆𝒕𝒘𝒆𝒆𝒏 𝒚𝒐𝒖 𝒂𝒏𝒅 𝒎𝒆
Romance„𝑺𝒂𝒈 𝒎𝒊𝒓, 𝒘𝒊𝒆 𝒅𝒖 𝒅𝒊𝒄𝒉 𝒇ü𝒉𝒍𝒔𝒕", höre ich seine Stimme, leise und eindringlich. Ich suche nach einer Antwort, doch mir fehlen die Worte. Sein weiterer Stoß wird tiefer und ich stöhne ein weiteres Mal widerwillig. „Wenn du mir nicht...