"Vorder - und Achterleine los! Klar zum Segelsetzen!", rufe ich über das Deck und halte mich am Geländer fest. Der Sturm und der starke Regen erschweren uns die Weiterfahrt immens. Dabei haben wir es doch eigentlich eilig ... Ich treffe mich mit dem britischen Gouverneure, um ihm 'die Ware' auszuliefern. Etwas, das kostbarerer als die englische Krone ist.
Einen Wassermann.
Jung, gesund und atemberaubend schön. Man sagt, je länger und prachtvoller die Schwanzflosse, desto mehr kann man dafür verlangen. Ich sehe meinen bisher größten Erfolg in diesem Fund. Es wird einfach alles verändern.
Etwas besorgt bin ich jedoch schon. Bei dem Sturm könnte ihm etwas passieren und das wäre fatal. Ich möchte nicht, dass er unnötig an Wert verliert.
Als ich also sehe, dass hier oben an Deck alles rechtens ist, begebe ich mich nach unten. Hier ist es trocken und warm, ich würde es schon fast als gemütlich beschreiben. Lediglich das rauschen der meterhohen Wellen und das heftige Gewitter sind zu hören.
Schwankend bahne ich mir den Weg zu dem Zimmer, in dem die Kreatur untergebracht ist. Ich schließe das schwere Schloss auf und öffne langsam die Tür. Das dunkle Holz wird von den großen Kerzen angestrahlt und verleiht dem ganzen eine noch wärmere Atmosphäre.
Doch ich muss vorstelle, dass das kleine Glasbecken mit Wasser verlassen ist. Auch die Kreatur ist nicht mehr zu sehen. Stattdessen steht ein komplett nackter, junger Mann an dem kleinen Fenster und sieht sehnsüchtig hinaus in die stürmische Nacht. Instinktiv lege ich meine Hand an mein Schwert und komme langsam näher. Ist er das? Oder werde ich von irgendeinem Zauber getäuscht?
"Warum ich?"
Ich zucke zusammen. Hat er gerade ... gesprochen?
Stumm starre ich ihn an. Seine nackte Silhouette scheint die Perfektion meiner Vorstellung zu übersteigen. Wassertropfen laufen an seinen langen, muskulösen Beinen hinab.
"Wo hast du unsere Sprache gelernt?", will ich als erstes wissen. Seine Frage habe ich erst einmal bei Seite geschoben.
Doch auch er scheint meine Frage zu ignorieren. Der braunhaarige Junge, der jetzt, in der unbeschreiblichen Menschengestalt auch um einiges älter wirkt, dreht sich zu mir.
"Ihr wollt mich ausliefern, nicht wahr?"
Seine Stimme klingt wie der süßeste Honig von den feinsten Blüten. Die Konzentration verlässt mich, als unsere Augen aufeinander treffen. Sofort lasse ich ab von meinem Schwert.
"I-ich ... ich weiß gerade ehrlich gesagt nicht. was zu sagen ist ...", stammle ich und beobachte, wie er auf mich zu kommt. Seine Haut gleicht einem seidenen Tuch. Die Muskulatur darunter scheint wie gemalt. Unsicher, wie ich mich verhalten soll, warte ich einfach ab.
"Das habe ich mir gedacht. Ihr habt gehandelt, ohne nachzudenken. Glaubt mir, wenn ich Euch sage, Ihr macht einen furchtbaren Fehler. Mich zu entführen ist die eine Sünde. Aber mich dem Land der Schande auszuliefern wäre ein regelrechtes Verbrechen. Ihr würdet heimgesucht werden."
Seine Worte, so drohend und harsch, wirken mit dieser zarten Stimme beinahe wie ein liebliches Lied.
"Du hast angst und das verstehe ich. Aber ich habe leider keine andere Wahl.", erkläre ich mich und verschränke die Arme.
Geschwind beseitigt er die restliche Distanz zwischen uns und legt beide Handflächen an meine Wangen. Ich erschrecke mich und will einen Satz zurück machen, doch er hat mich.
"Man hat immer die Wahl. Redet Euch ein, was Ihr wollt. Aber ich kann Euch beweisen, dass Ihr mich nicht hergeben solltet.", raunt er und seine Augen werden etwas dunkler. Das helle blau wirkt nun wie die Tiefen des weiten Meeres. Und ich verliere mich sofort in Ihnen. Beide Daumen liebkosen meine kühle Haut. Meine Gliedmaßen werden schwer. Ich werde müde.
"Was machst du mit mir?", frage ich geschwächt und lege die Stirn in Falten.
"Gebt Ihr mir Eure Erlaubnis Euch zu berühren?", kommt die Gegenfrage und sofort öffne ich meine Augen wieder.
"Wie bitte?"
Verwirrt folge ich seiner Hand, die beginnt meine weiße Robe aufzuknöpfen. Dann nimmt er auch seine zweite Hand hinzu.
"Lässt mich Euch beweisen, dass Ihr mich nicht ausliefern wollt."
Mit einem Lächeln, dass den Sturm zunichte macht und die Sonne zum Scheinen bringt sieht er zu mir auf und kommt noch einen kleinen Schritt näher. Unsere Lippen sind nur noch Millimeter von einander entfernt. Ich halte den Atem an.
Fortunasetzunga folgtalalalalala